Erlangen 14.11.2024: Wissenschaftsfreiheit an bayerischen Hochschulen?

 

Uni Erlangen: Podiumsdiskussion mit Benjamin Russ Donnerstag 14.11.2024, 18:15 Bismarckstr. 1a, Raum 00.021

                         Laufend aktualisierte Materialsammlung zu dieser Auseinandersetzung

 

Das im November 2024 erschienene BdWi-Studienheft 14 „Umkämpfte Wissenschaftsfreiheit – Verhältnis von Wissenschaft und Politik“ (Hrsg: BdWi, fzs, GEW, NGAWiss, ÖH) enthält unter anderem ein ausführliches Interview mit Silvia Gingold und Benjamin Ruß - Bestellseite

 

Der für Kartografie ausgebildete junge Wissenschaftler Benni Russ wird von der Technischen Universität München (TUM) aus politischen Gründen nicht eingestellt und geht deshalb gerichtlich gegen den Freistaat Bayern vor. Interview mit Benni in der jungen Welt 17.02.2024 - Fallschilderungen im Mitgliedermagazin ver.di-publik, in der bayerischen GEW-Mitgliederzeitschrift DDS 05/2024 (S.16 – komplette Ausgabe), in der Hamburger Lehrerzeitung hlz 05-2024 der GEW (komplette Ausgabe), auf den Portalen perspektive-online und vernetzung.org und schon früher in der ver.di-Betriebszeitung an der TU München Tu Ma was 1/2023 (Seite 13-15). Ablehnungsbegründungen wie: „…bedient sich klassischer Begriffe wie Faschismus, Rassismus, Kapitalismus, Polizeigewalt/ -willkür …“ kommen uns doch sehr bekannt vor. So was gibt es in Bayern nicht, gell?

 

Die erste Gerichtsverhandlung beim Arbeitsgericht München am 09.02.2024 endete damit, dass das Gericht sich vertagte, damit die Parteien weitere Schriftsätze austauschen können und der bisherige Ablauf des Bewerbungsverfahrens näher aufgeklärt wird. Der politische Hintergrund kam zunächst nicht zur Sprache. Berichte in der Süddeutschen Zeitung 10.02.2024 (Scan) und im Portal solidaritaet.into
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich Unterstützer/innen zu einer Kundgebung eingefunden, und die meisten konnten dann die Verhandlung im Gerichtssaal verfolgen. Im Vorfeld hatte bereits am 30.11.2023 eine gewerkschaftliche Solidaritätsveranstaltung von ver.di im kleinen Konzertsaal des FatCat stattgefunden – gut besucht, informativ und in kämpferischer Stimmung trotz des kurzfristig verlegten Gerichtstermins, der ursprünglich am folgenden Morgen sein sollte. Und trotz kurzfristiger Erkrankung der als Hauptreferentin angekündigten Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin (Bundesjustizministerin a.D.), die den betroffenen Kollegen Benni als Rechtsanwältin vertritt. (Tondokumentation des freien Radio LORA - ursprüngliche Ankündigung der ver.di-Betriebsgruppe an der TUM). Das obige Foto von Radio LORA ist ein Gruppenbild der Mitwirkenden. Benjamin Ruß: 2. von rechts.

 

Am 26.07.2024 war die zweite Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München - Bericht in der jungen Welt vom 27.07.2024, Neues Deutschland 01.08.2024 und im Portal arbeiterinnenmacht.de. Diesmal wurde über den politischen Hintergrund und den § 3 Abs.1 TV-L gesprochen. Mittlerweile steht fest: die Klage gegen die Verweigerung der Einstellung wurde zurückgewiesen. Eine schriftliche Begründung liegt bisher nur in Form einer Presseerklärung vor (die bezeichnender- und ungewöhnlicherweise auf der Website des Landesarbeitsgerichts - also der Berufungsinstanz - zu finden ist). Kommentar dazu bei arbeitsunrecht.de - Radio-Interview mit Benni im Vorfeld der Gerichtsverhandlung.  In der Woche davor hatte am 19.07.2024 an der Uni Passau eine Veranstaltung mit Benni und Bundesjustizministerin a.D. Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin stattgefunden (Einladung - Ankündigung in der Passauer Neuen Presse 12.07.2024 -. Bericht mit Foto am 01.08.2024)

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06.11.2024: Luca dankt für alle Spenden

„Liebe Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter,, liebe Kolleginnen und Kollegen,

mein Name ist Luca und ich habe Berufsverbot. Dies ist die nüchterne Wahrheit: seit August 2024 darf ich nicht mehr vor meiner Klasse stehen und auch das Referendariat wird mir – aufgrund meiner politischer Betätigung wie Gesinnung und dank eines fadenscheinigen Prozesses - verweigert.

Noch war mein rechtlicher Weg vor dem hessischen Verwaltungsgericht nicht erfolgreich, irgendwann werden aber Recht und Gerechtigkeit siegen.

Mir ist bewusst, dass es zwar mich getroffen hat, dass jedoch wir alle gemeint sind. Die Angriffe mit Berufs- oder akademischen Denkverboten sind Vorboten einer wiederkommenden dunklen Zeit.

Dass ich nie den Kopf in den Sand gesteckt habe, lag und liegt nicht zuletzt an euch! Durch eure Spenden konnte die drückende finanzielle Last der Prozesse gemindert werden, durch die vielen aufmunternden Worte mein Durchhaltewillen gestählt, und nicht zuletzt durch die aktiven Taten der Solidarität etlicher Menschen eine Kampagne aus dem Boden gestampft werden. 

Ich danke euch aus tiefsten Herzen! Solidarität ist unsere Waffe!

Besonderer Dank an Silvia Gingold, Mathias Meyers, Thilo Hartmann & Lothar Letsche!“

(auch in der uz vom 15.11.2024 erschien eine Variante dieser Danksagung)

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Jena 10.10.2024: Podiumsdiskussion an der Uni mit Benni, Luca und Eli

 

Video-Mitschnitt der gewerkschaftlichen Podiumsdiskussion „Berufsverbote – Vergangenheit und aktuelle Praxis“ am 10.10.2024 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Neben den beiden von Berufsverbot bedrohten Kollegen Benni und Luca, deren „Fälle“ auch auf dieser Website dargestellt sind, kommt aus dieser Universität der Klima-Aktivist Eli zu Wort, über den die taz vom 17.07.2024 berichtete: sein Vertrag für eine Doktorandenstelle im Bereich Mathematik/Informatik wurde nach vierzehn Tagen „wegen Vorstrafen aus dem Klima-Aktivismus“ wieder aufgelöst. Die historische Perspektive wird eingebracht von Dr. Jan-Henrik Friedrichs.

(Anmerkung von uns: Ja, die Universität Jena ist tatsächlich immer noch nach Friedrich Schiller benannt, der dort Professor war. Mit 23 Jahren – Zitat Wikipedia – „floh er vor dem Landesherrn Herzog Karl Eugen aus Württemberg nach Thüringen, weil ihm wegen unerlaubter Entfernung vom Dienst Festungshaft und ein Schreibverbot drohten.“ Vielleicht findet sich noch ein passender Landesherr für eine passende Umbenennung?)

 

Benni und Luca waren bereits am 30.05.2024 an der Universität Hamburg in einer von 130 Personen besuchten Veranstaltung gemeinsam aufgetreten – Einladung der GEW - Bericht über die beiden Fälle in der Hamburger Lehrerzeitung hlz 05-2024 der GEW (komplette Ausgabe

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17.07./01.10.2024: Spitzelei und Datensammlung des „Verfassungsschutzes“ und BKA hat auch Grenzen

In zwei neuen, bemerkenswerten Urteilen hat das Bundesverfassungsgericht sich mit den gesetzlichen Ermächtigungen für Praktiken des Inlandsgeheimdiensts, aber auch des Bundeskriminalamts beschäftigt.

 

Wenn „Bestrebungen“ . die „in erheblichem Umfang“ „gesellschaftlichen Einfluss auszuüben suchen“, deshalb als „erheblich beobachtungswürdig“ definiert werden, dann geht das so nicht, sagen die Karlsruher Richter. (Freilich war das IMMER das Feindbild jener Geheimdienste, die sich bei willigen Politikern den gesetzlichen Freibrief dafür bestellt hatten!) Die FAZ vom 18.09.2024 erwähnt in ihrem präzisen Bericht und Kommentar („Karlsruher Klatsche“) ausdrücklich Silvia Gingold, die zu den Klägerinnen dieses Verfahrens gehörte. PM 78/24 des Bundesverfassungsgerichts - Wortlaut des Urteils 1 BvR 2133/22 vom 17.07.2024

Mit der heimlichen Überwachung von Kontaktpersonen „Verdächtiger“ und der Speicherung (beispielsweise) von Fußballfans in Datenbanken beschäftigt ein weiteres Urteil, über das u.a. die Stuttgarter Zeitung vom 02.10.2024 berichtete. PM 83/2024Wortlaut des Urteils 1 BvR 1160/19 vom 01.10.2024.

Eingeklagt wurden diese Urteile von der Gesellschaft für Freiheitsrechte

 

Im Dunkeln bleibt natürlich immer das tatsächliche Handeln der Schnüffler - mit oder ohne gesetzliche Ermächtigung. Man kann davon ausgehen, dass die vom Verfassungsgericht beanstandeten Gesetzesänderungen nur eine Praxis „legalisieren“ sollten, die seit Jahren üblich war und es immer noch ist. Wenn der hessische „Verfassungsschutz“ mit dem Ansinnen, einen jungen Menschen anzuwerben, am Telefon abblitzt, und dieser dann mit aller Härte in zwei Instanzen für etwas, das er nie gemacht hat, zum „verurteilten Straftäter“ gestempelt und um seinen Beruf als Lehrer gebracht wird – siehe unten den Fall von Luca -, dann wird das einfach so gemacht, steht nirgends geschrieben und kommt auf keinen verfassungsgerichtlichen Prüfstand.

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Frankfurt/M 30.09.2024: Lasst Daniel wieder arbeiten!

Wir dokumentieren mit der Bitte um Unterstützung einen offenen Brief an das Historische Museum Frankfurt/Main und die Leitung der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität. - uz-Interview mit dem betroffenen Daniel Shuminov, der einen jüdischen Hintergrund hat und wegen seines privaten Einsatzes bei einem Palästina-Protestcamp nicht mehr als Guide für Lokale Geschichte des deutschen Faschismus beim Historischen Museum in Frankfurt am Main arbeiten darf

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10.09.2024: Hans Roth ist verstorben

Unser tapferer Mitstreiter Hans Roth, dessen außergewöhnliche Geschichte wir auf dieser Website ausführlich dokumentieren, ist am 10. September 2024 in seinem französischen Exil verstorben. Wir trauern mit seinen Angehörigen.

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Berlin 13.08.2024: Bundesinnenministerium: Problem mit der „Disziplinarverfügung“ existiert nicht

Dokumentation einer Korrespondenz: Das von Nancy Faeser (SPD) geleitete Bundesinnenministerium antwortet auf unsere Besorgnisse zum Thema „Disziplinarverfügung“ - also die auch auf Bundesebene vorgesehene Beschneidung der Rechte Betroffener eines Diszplinarverfahrens. Tenor: es sei „keine Beweislastumkehr vorgesehen“. Was der DGB dazu sagt, beispielsweise in Brandenburg oder Hamburg (vollständig), was Betroffene wie Werner Siebler – Briefträger bei der Bundespost mit zeitweiligem Berufsverbot und heute DGB-Vorsitzender in Freiburg – im Lauf ihres Berufslebens persönlich erfahren haben, zählt offenbar nicht. Dementsprechend unsere Antwort!

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Neue Studie an der Uni Münster zu Berufsverboten

Im Rahmen einer Serie von Studienarbeiten im Rahmen des Seniorenstudiums an der Universität Münster, die sich mit Protesten im 20. Jahrhundert beschäftigen, liegt eine neue Untersuchung des pensionierten Lehrers Otto Gertzen vor: „Der Initiativkreis gegen die Berufsverbote Münster – Solidarität mit den Opfern und Protest gegen staatliche Verfolgung“. Basierend auf Aktenstudium und Interviews mit Betroffenen, beschreibt der Verfasser auf 164 Seiten mit vielen Details und Quellen, wie Berufsverbote damals „funktionierten“ und wie die Betroffenen gemeinsam mit anderen sich dagegen wehrten. Eine ideale Einführung in das Thema auf dem Niveau wissenschaftlicher Beschäftigungonline herunterzuladen und ohne das Erfordernis, ein Buch zu bestellen. Wie schon damals versucht wurde, den Charakter politischer Verfolgung zu kaschieren, indem Missliebige willkürlich als „Straftäter“ etikettiert wurden – auch darüber findet man hier einiges. Auch eine Zusammenfassung der Arbeit ist online verfügbar.

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Stuttgart 03.07.2024: Haus der Geschichte - „Darstellung gelungen, doch es fehlt ein Happy-End!“

Frühere Betroffene des „Radikalenerlasses“ konnten in der Dauerausstellung „Teilhabe und Demokratie seit 1945“ im Stuttgarter Haus der Geschichte  an einer Führung teilnehmen. Ausgestellt ist dort unter anderem ein Foto von Klaus Lipps (wie er sich etwa 1979 an der Speaker’s Corner in London vorstellte), und anhand seines „Falls“ und eines kurzen Auszugs aus dem Film „Verfassungsfeinde“ wird die Problematik vermittelt.  Der inzwischen 82jährige stellte während des Besuchs fest, die Darstellung des Themas sei gelungen, „doch es fehlt leider ein Happy-End: die Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen durch die Landesregierung!“ – schreibt die baden-württembergische Initiative in ihrer Presseerklärung.

Das Haus der Geschichte befindet sich in Stuttgart gegenüber vom Landtag von Baden-Württemberg - an der gleichen Straße.

„Eigentlich gehöre ich nicht ins Museum“Interview von Radio Dreyeckland mit Klaus Lipps

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Bonn 22.05.2024: Ratschlag zu 75 Jahren Grundgesetz und Angriffen auf demokratische Rechte

Am 22. Mai 2024 um 15 Uhr - am Tag vor dem 75 Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes - protestierten auf dem Bonner Münsterplatz frühere Betroffene des „Radikalenerlasses“ gegen neue Varianten der Berufsverbote. Bericht im Bonner General-Anzeiger 23.05.2024 (Scan) - Video des Portals laut-werden.de - Bericht in der Zeitschrift der VVN-BdA Antifa Juli/August 2024 und den Marxistischen Blättern 3-2024 - ausführlicher Themen-Artikel in der jungen Welt 08.06.2024 (pdf - pdf des Ausgangstexts). Um 17 Uhr wurde im Rathaus Bonn-Beuel (Friedrich-Breuer-Straße 65, 53225 Bonn) von der GEW-Landesvorsitzenden Ayla Çelik und Rolf Hasselkus (Foto) vom Vorstand des GEW-Stadtverbands Bonn die Ausstellung „Vergessene Geschichte“ eröffnet (Text des Referats - Die Ausstellung sollte eigentlich 14 Tage gezeigt werden, wurde aber nach Intervention eines wegen Nähe zum Wahltermin des EU-Parlaments „besorgten Bürgers“ von der Stadt nach wenigen Tagen abgebaut. Zu dieser Intervention und seiner Ablehnung der Ausstellung bekennt sich in dem konservativ ausgerichteten Monatsmagazin Cicero Juni 2024 der Bonner Rechtsanwalt Dr. Gernot Fritz, bis 1999 Ministerialdirektor und stellvertretender Chef des Bundespräsidialamtes - damals unter Bundespräsident Roman Herzog).

Um 18 Uhr begann dann der „Demokratische Ratschlag“, aus dessen Aufruf die folgenden Zitate entnommen sind: 75 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland waren und sind auch 75 Jahre Angriffe auf demokratische Rechte und Freiheiten. Auch der sog. „Radikalenerlass“ von 1972 war eine eklatante Verletzung der im Grundgesetz verankerten Rechte. Gewerkschaften, soziale, ökologische und demokratische Bewegungen, Initiativen, Bildungs- und Forschungsträger*innen sind eingeladen zu einem „Demokratischen Ratschlag“ ... Wie wir unsere Grundrechte schützen bzw. wiederherstellen können, wollen wir bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung beraten mit:

(Sobald uns weitere gehaltene Referate schriftlich vorliegen, stellen wir sie hier bereit.)

Verabschiedet wurde von den Anwesenden ein Bonner Appell

 

Interviews mit Werner Siebler in der jungen Welt 18.05.2024 (pdf) und Radio Dreyeckland 29.05.2024 -- Ankündigung in der UZ vom 17.05.2024 und Bericht am 31.05.2024. In dem Internet-Sendungsformat „MOATS auf Deutsch“ mit Dr. Diether Dehm am 12.05.2024 zum Thema 75 Jahre Grundgesetz und Berufsverbote kam der Betreiber dieser Website ausführlich zu Wort (ab 19’40“). Und zum Thema noch ein Zitat aus dem Jahr 1982:

Hannsheinz Bauer (1909-2005), Würzburg; Dr. Georg Diederichs (1900-1983); Laatzen; Prof. Dr. Fritz Eberhard (1896-1982), Berlin (West); Karl Kuhn (1898-1986), Bad Kreuznach; Dr. Elisabeth Seibert (1896-1986), Kassel: „Wir ehemaligen Mitglieder des Parlamentarischen Rats, die wir am 23. Mai 1949 das von uns erarbeitete Grundgesetz unterzeichnet haben, sehen in der Berufsverbotepraxis, wie sie durch den sogenannten Radikalenerlaß vom 28. 1. 1972 ausgelöst wurde - auch nach den inzwischen erfolgten Korrekturen - eine Gefahr für die von uns gewollte freiheitlich-demokratische Grundordnung." Weiterlesen ...

(Quelle: Erwin Siemantel, H.-D. Wohlfarth (Hg.): Der Fall Hans Peter. Entlassung eines „Verfassungsfeindes“. Dokumentation + Analyse. Eingeleitet von Ulrich Klug. Köln: presseverlag ralf theurer, 1982. rechtspolitische schriften 1. ISBN 3-8161-0101-1.)

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Potsdam 26.04.2024: Anti-AfD-Proteste sollen neuen „Radikalenerlass“ in Gesetzesform rechtfertigen

Vier Monate nach Verabschiedung des Gesetzes, kurz vor Inkrafttreten am 01.09.2024, haben AfD-Abgeordnete des Brandenburger Landtags beim Landesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage wegen „Verfassungswidrigkeit“ eingereicht. Laut dpa-Bericht im Nordkurier 21.08.2024, Uckermark Kurier 21.08.2024, rbb24 20.08.2024 und dem juristischen Fachportal beck-aktuell umfasst die Klage 140 Seiten mit Anlagen und sieht mehrere Normen, vor allem die Berufsfreiheit und „informationelle Selbstbestimmung verletzt“ und die „Grenze der Rechtsstaatlichkeit und der Verfassungsmäßigkeit übertreten“. Die federführende AfD-Abgeordnete wies auf die Kontinuität zum „Radikalenerlass“ von 1972 hin – die ja auf der Hand liegt und vom CDU-Innenminister Stübgen zwar bestritten, aber mit ähnlicher „Begründung“ wie 1972 auch bestätigt wird: „Die Prüfung der Verfassungstreue sei schon jetzt Pflicht, das Gesetz regele nur das Verfahren.“ Und eben die Mitwirkung und Definitionsmacht des Inlandsgeheimdiensts. Neu ist höchstens, dass die damals bei den „Extremisten“ und „Verfassungsfeinden“ deklaratorisch mit genannten, aber nur marginal betroffenen Akteure des rechten Spektrums sich diesmal tatsächlich mit getroffen fühlen. Wobei das tatsächliche Geschehen und die dazu ergehende Rechtsprechung noch abzuwarten sind. Die Brandenburger Wähler/innen haben diese und andere Inszenierungen einer „Brandmauer“ bei der Landtagswahl am 22.09.2024 definitiv nicht im Sinne der bisherigen Regierungsparteien honoriert. Im Interview der juristischen Fachzeitschrift NJW 41-2024 mit der Landtags-Vizepräsidentin Barbara Richstein (CDU) ("wie demokratische Institutionen und Strukturen ertüchtigt werden müssen, damit antidemokratische Kräfte sie nicht für ihre Zwecke instrumentalisieren können") taucht die Frage nach politischen Alternativen zur AfD gar nicht erst auf.

 

Letzter Akt am 26.04.2024: Eine vom Innenausschuss des Brandenburger Landtags (durch Beschluss am 10.04.2024) modifizierte Fassung des „Verfassungstreuecheck“­-Gesetzentwurfs wurde vom Plenum des Landtags in namentlicher Abstimmung mit 42:24 Stimmen (bei 22 Abwesenden) beschlossen (was umgehend über dpa bundesweit gemeldet wurde). Zwei Tage zuvor hatte der Landtag beschlossen, das Gesetz noch einmal im Hauptausschuss zu behandeln, wo eingebrachte Änderungsanträge ebenso abgelehnt wurden wie eine nochmalige Anhörung. Als einzige „Neuerung“ wird nun der Innenminister durch Landtagsbeschluss aufgefordert, „zum Wegfall der Disziplinarklage durch die Änderung des Landesdisziplinargesetzes ein Rundschreiben mit Anwendungshinweisen für die Dienstherren des Landes und der Kommunen zu erlassen.“

Brandenburgs CDU-Innenminister Stübgen (derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz) hatte sich schon am 04.04.2024 in einer dpa-Meldung zu „Herausforderungen im Bereich des Cyberextremismus“ geäußert und – ohne das weitere parlamentarische Verfahren abzuwarten - gleich verkündet, was „zukünftig verpflichtend“ sei und „gerade gesetzlich ermöglicht" werde. Und dass man „andere Formen des Extremismus nicht aus dem Blick verlieren“ solle. (Die AfD sagte im Innenausschuss dann gar nichts.)

Laut dpa vom 24.04.2024 war das Gesetz noch „kurz vor der Verabredung umstritten“.

In einer Art Brandbrief wandte sich am 23.04.2024 die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ausdrücklich auch im Namen des DGB, des Deutschen Beamtenbunds (dbb) und von GEW und ver.di an die Landtagsabgeordneten. „Die Gewerkschaften im DGB sowie DBB kritisieren scharf die Art und Weise des Einbringens dieser erheblichen Änderungen im Disziplinarrecht … im sogenannten Omnibusverfahren (Huckepackgesetz). Eine intensive Vorbereitung dieser Änderungen mit Beteiligung von Verwaltung wie auch von Gewerkschaften gemäß § 130 Landesbeamtengesetz war nicht erfolgt.“ „Parteiische und voreingenommene Dienstvorgesetzte können per Verfügung das bestehende besondere Dienst- und Treueverhältnis beenden bzw. erheblich in den Status eingreifen (Zurückstufung). Dieses ist bisher einem unabhängigen Gericht … vorbehalten.“ „Wichtig ist es uns, darauf hinzuweisen, dass diese Änderungen alle Beamtinnen und Beamten, unabhängig von der Art des disziplinarrechtlich relevanten Vorwurfs, betreffen… . Hiermit wird letztlich eine Ausweitung der Disziplinarbefugnisse der Dienstvorgesetzten vorgenommen.“

Der DGB hatte seine 2022 schon sehr grundsätzliche (weiterhin auf der DGB-Website abrufbare) Kritik an dem Gesetzesvorhaben um eine solche an den neuen Add-ons und dem dafür gewählten parlamentarischen Verfahren ergänzt.  Auch in einer DGB-Presseerklärung am 24.04.2024 werden die genannten Kritikpunkte hervorgehoben. „Wenn der DGB zwar formal aufgefordert wird, eine Stellungnahme abzugeben, dann aber weder Zeit noch Raum dafür ist, sich mit unseren Positionen auseinanderzusetzen, verkommt parlamentarische Partizipation zum Feigenblatt.“ Wohin die Kritik zielte, hatte die DGB-Stellungnahme vom 28.03.2024 unter anderem so formuliert (und dabei den Regierungsparteien die Grundsätze des Beamtentums und möglichen Folgen ihres Vorhabens um die Ohren gehauen): „Möchte man die Disziplinarverfahren beschleunigen, dürfen … zu diesem Zwecke nicht rechtsstaatliche Prinzipien über Bord geworfen werden. Ein schnelleres Verfahren darf nicht auf Kosten elementarer Rechte der Betroffenen gehen.“ „Schwerwiegende Disziplinarmaßnahmen, wie die Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts, müssen weiterhin den Verwaltungsgerichten vorbehalten sein.“ Beamte und Beamtinnen sind „auch nicht finanziell im Falle von Arbeitslosigkeit geschützt. Bei Verlust des Dienstverhältnisses unterliegen sie den Bestimmungen zur sozialen Grundsicherung. Es gehört zur Fürsorge des Dienstherrn, dieses besondere Dienst- und Treueverhältnis nicht per Disziplinarverfügung zu beenden.“ Es sei „unabdingbar, dass Beamtinnen und Beamte nicht parteiisch oder nach subjektiv voreingenommen Erwägungen des Vorgesetzten aus dem Amt entfernt werden können, denn damit entfiele die Grundlage ihrer Unabhängigkeit … Der präventive Richtervorbehalt ist der seit Jahrzehnten praktizierte Weg, um Beamten ein Höchstmaß an Rechtsschutz, Fairness sowie Waffengleichheit [!] zwischen ihnen und ihrem Dienstherrn zu gewährleisten.“ Ähnliche Kritik hatte die GdP schon am 04.04.2024 geäußert. Eine Abgeordnete der LINKEN warnte dann laut Bericht in der jungen Welt vom 25.04.2024 in der Debatte ausdrücklich davor, „dass so jeder Dienstherr – also auch Landräte und Bürgermeister beispielsweise der AfD – ermächtigt würden, wegen jeder Art von Dienstvergehen und nicht bloß bei »Extremismusverdacht« Menschen direkt aus dem Dienst zu entlassen.

Zu der Thematik erschien ein Leserbrief in der Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 13.04.2024 und ein Interview in der jungen Welt vom 18.04.2024 mit dem Betreiber dieser Website mit Leserbrief (pdf der Printausgabe ohne den Online-Leserbrief). Ausführlich berichtet die Kontext Wochenzeitung 01.05.2024, nachgedruckt in der Hamburger Lehrerzeitung hlz 05-2024 der GEW (komplette Ausgabe) - ausführlicher Themen-Artikel in der jungen Welt 08.06.2024 (pdf - pdf des Ausgangstexts) - Beitrag von Michael Csaszkóczy in KONKRET 07-24 - Dossier auf labournet.de

 

Was war vorausgegangen? Das Recherche-Netzwerk Correctiv (laut Wikipedia von diversen Unternehmens-Stiftungen und auch der öffentlichen Hand finanziert) hatte Anfang 2024 eine Zusammenkunft von „hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und finanzstarken Unternehmern“ im November 2023 in einem Hotel bei Potsdam bekanntgemacht, bei dem „nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“ erörtert wurde. Danach gingen weitaus mehr Menschen als bei früheren Anti-AfD-Protesten in vielen Städten in berechtigter Empörung auf die Straße. Von Anfang an versuchten - örtlich mit unterschiedlichem Erfolg - die in der Bundesregierung vertretenen „Ampel-Parteien“ SPD, FDP und GRÜNE und auch die im Bundestag in der Oppositionsrolle agierende CDU/CSU, sich an die Spitze solcher Proteste zu setzen, ihre Agenda, Zusammensetzung und Aussagen zu bestimmen und vor allem das aktuelle Regierungshandeln ausgeblendet zu bekommen. Chefs großer Firmen wie Reinhold Würth sehen sich „im Kampf gegen rechts“, sprechen sich gegen „Rechtspopulisten und –extremisten“ und explizit gegen die AfD aus, wie z.B. das Schwäbische Tagblatt am 20.03.2024 berichtet, doch eine Verschiebung der Stoßrichtung wird von ganz oben forciert. „Schulterschluss gegen Verfassungsfeinde“ überschrieb die Stuttgarter Zeitung vom 27.02.2024 ihren Bericht, wie im Beisein des Bundespräsidenten und der Chefs großer Industrieunternehmen „ein Bündnis gegen radikale und extremistische Kräfte“ verkündet wurde.

 

In diesem Mainstream-Wind (scheinbar) „Alle gegen rechts“ haben die Regierungsparteien in Brandenburg – SPD, CDU, GRÜNE – zum großen Schlag ausgeholt, um ihre zwei Jahre alten Pläne eines „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums vor Verfassungsgegnern“ in drastisch verschärfter Form nun endlich durchzuziehen.

Wohin die Reise hin gehen soll, verkündet eine Presseerklärung der Regierungsparteien Brandenburgs SPD, CDU und GRÜNE vom 05.03.2024. Einen eigenen Bericht darüber veröffentlicht auf seiner Homepage der Neuenhagener SPD-Abgeordnete Jörg Vogelsänger (ehemaliger brandenburgischer Landwirtschaftsminister). Eine eigene Presseerklärung veröffentlichte auch die GRÜNEN-Fraktion. Die Potsdamer GRÜNEN-Abgeordnete Marie Schäffer teilt auf ihrer Abgeordneten-Website (wohl mit einem gewissen Stolz?) mit: „Die extremistische Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung nimmt immer weiter zu, insbesondere [!] von rechter Seite. So wurde über wichtige Veränderungen beim Verfassungsschutzgesetz  diskutiert, um einer Unterwanderung unserer demokratischen Strukturen entgegenzuwirken. Durch den Verfassungstreue-Check soll verhindert werden, dass Staatsfeinde im Staatsdienst eingestellt werden. Durch eine Verschärfung des Disziplinarrechts können Extremist*innen schneller aus dem Dienst entfernt werden. Gleichzeitig bleiben die Bürger*innenrechte gewahrt, da die sicherheitsbehördlichen Eingriffe einer kontinuierlichen Kontrolle unterliegen.“

Tagesschau vom 08.03.2024 „Mehr als 4.000 Extremisten sind den Brandenburger Behörden bekannt, darunter Reichsbürger, Islamisten und Linksextremisten. Die größte Gruppe ist laut Verfassungsschutz die der Rechtsextremisten mit mehr als 2.000.“ Am 08.03.2024 war von den Regierungsparteien auch noch ein Änderungsentwurf zum brandenburgischen „Verfassungsschutz“-Gesetz nachgereicht worden.

 

Es wird kaum noch ein Hehl daraus gemacht und niemand sollte sich von anlassbezogener Rhetorik täuschen lassen: Der Feind steht - wie schon beim „Radikalenerlass“ von 1972 – für die Herrschenden und ihren Inlandsgeheimdienst immer links. Hier wird wieder ein Instrumentarium geschmiedet, das sich – wie damals - um Grundnormen des Arbeitsrechts einen Dreck schert, alle Aufarbeitungen und internationalen Verurteilungen und Abmahnungen ignoriert, und schneller, als wir schauen können, gegen ganz andere richten wird als die, gegen die heute die Menschen auf die Straße gehen.

Die Redaktion berufsverbote.de hat eine Zusammenfassung und Analyse des Gesetzesvorhabens erstellt.

Der Journalist Sebastian Friedrich nennt auf Facebook 06.03.2024 (pdf) „fünf Gründe, warum das [Brandenburger Gesetzesvorhaben] keine gute Nachricht ist.“ - Bericht in Neues Deutschland 05.03.2024 - Dossier auf Labournet 22.03.2024 - uz 29.03.2024 („Ein solch weitgehender Gesinnungs-TÜV lässt selbst die bayrischen Innenbehörden blass werden“)

 

 

Weitere Berichte und Kommentare: dpa-Meldung zur Pressekonferenz – die überregionale Bedeutung unterstreichend - im Münchner Merkur 05.03.2024, auf ZEIT online, Stern.de, Nordkurier und in anderen Medien - Eigenberichte von Tagesspiegel - Märkische Allgemeine - rbb24 Inforadio widmet in seiner Sendung „Spreepolitik“ vom 08.03.2024 (ab Minute 17.17): dem Thema 13 Minuten Sendezeit. Über die erste Lesung des „Verfassungsschutzgesetz“-Entwurfs am 21.03.2024 berichten die Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN) (bzw. der Berliner Tagegsspiegel). Erstaunlich: Die LINKE-Fraktion erklärte, sie habe „Vertrauen in den Brandenburger Verfassungsschutz“, dieser sei „nicht der Bundesverfassungsschutz“, daher sei „die Linke bereit, über das Gesetz zu debattieren“.

Nur als Beispiel, wie aktuell von Politik, Polizei, Geheimdiensten und bestimmten Medien eine angebliche Bedrohung durch „Linksextremisten“ orchestriert wird: Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 19.03.2024

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Stuttgart 08.04.2024: „Verfassungstreuechecks“ auch in Baden-Württemberg“ ?

Einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN im Landtag will laut Aufmacher der Stuttgarter Zeitung am 08.04.2024 „Verfassungschecks für Polizisten“. „Regelabfrage beim Verfassungsschutz“, „verdachtsunabhängiges Prüfverfahren“, „Verfassungstreuecheck“ (aktuell aus Brandenburg bekannt) sind die Stichworte. Der CDU-Innenminister nimmt die Polizei in Schutz. „Erinnerungen an den Radikalenerlass“ beschwört der Kommentar auf Seite 3. Was wird da wohl als gemeinsamer Nenner der Koalitionsparteien und entsprechend orchestrierender Geheimdienste und Medien herauskommen? - 2013 hatte Hildenbrand (damals Vorsitzender des GRÜNEN-Landesverband) sich noch vehement gegen eine solche Praxis ausgesprochen, wie die kontext Wochenzeitung am 18.12.2013 berichtete. (Dem Artikel ist zu entnehmen, dass ein Fragebogen wie in Bayern bei der baden-württembergischen Polizei schon seit damals in Verwendung ist.) - ausführlicher Themen-Artikel in der jungen Welt 08.06.2024 (pdf - pdf des Ausgangstexts) - Stellungnahme der VVN-BdA Baden-Württemberg

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Ausstellung „Vergessene Geschichte“ wieder im Einsatz

--> Zur Sonderseite mit aktuellen Ausstellungsterminen und Beschreibung der Ausstellung

 

Die in Niedersachsen entwickelte Ausstellung „Vergessene“ Geschichte - Berufsverbote, Politische Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland kann (nach längerer Corona-Zwangspause) wieder für Ausstellungen bestellt werden. Als Begleitmaterial gibt es eine Ausstellungsbroschüre, die separat im Buchhandel und über broschuere(AT)berufsverbote.de für € 3,- erhältlich ist, ISBN: 978-3-930726-25-7, sowie das Plakat mit der Titeltafel.

 

Am 22.05.2024 wurde die Ausstellung im Rathaus Bonn-Beuel (Friedrich-Breuer-Straße 65, 53225 Bonn) gezeigt. Eröffnet wurde sie im Rahmen des „Demokratischen Ratschlags“ durch die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik und Rolf Haßelkus vom Vorstand des GEW-Stadtverbands Bonn (Text des Referats). Sie sollte dann eigentlich 14 Tage gezeigt werden, wurde aber nach Intervention eines wegen Nähe zum Wahltermin des EU-Parlaments „besorgten Bürgers“ von der Stadt nach wenigen Tagen abgebaut. Zu dieser Intervention und seiner Ablehnung der Ausstellung bekennt sich in dem konservativ ausgerichteten Monatsmagazin Cicero Juni 2024 der Bonner Rechtsanwalt Dr. Gernot Fritz, bis 1999 Ministerialdirektor und stellvertretender Chef des Bundespräsidialamtes - damals unter Bundespräsident Roman Herzog).

 

Auf der Seite mit der Übersicht der bisherigen örtlichen Ausstellungen und Begleitveranstaltungen wird deutlich, welche Resonanz sie findet und welche Diskussionen damit bereits angestoßen wurden.

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Zeitzeug/inn/en des „Radikalenerlasses“ aus West-Berlin für Forschungsprojekt gesucht

„Radikalenerlass“ und „Berufsverbote“ in den 1970er-/980er-Jahren in West-Berlin: Zeitzeuginnen und -zeugen für Interviews gesucht.

Waren Sie selbst oder Ihnen nahe stehende Menschen aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses in West-Berlin von Disziplinierungen bis hin zum Berufsverbot bedroht oder betroffen? Dann sind Sie richtig für ein Forschungsprojekt … Ausschreibungstext (Erziehung und Wissenschaft, Zeitschrift der GEW, Heft 04-2024, S. 47)

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25.03.2024: Meinungsforscher finden Brisantes zum Geheimdienst – und kaum jemand berichtet …

Die Bewertung der Arbeit des „Verfassungsschutzes“ in Deutschland ist umstritten. Eine Umfrage des Unternehmens Insa hat gezeigt, dass lediglich 37 Prozent der Befragten die Arbeit des „Verfassungsschutzes“ als sehr oder eher gut einschätzen, während 41 Prozent sie als sehr oder eher schlecht bewerten. Die Überraschung steckt in Details der Umfrage und ihrer Rezeption. weiterlesen - Ein Kommentar dazu auf dem gleichen Portal. der direkte Bezüge zur Berufsverbotspolitik in Vergangenheit und Gegenwart herstellt und daran erinnert, dass ein Viertel der Mitglieder eines Zirkels, in dem Beteiligte der „NSU“-Mordanschlagsserie sich „betreut“ „radikalisierten“, sogenannte „V-Leute“ dieses Inlandsgeheimdiensts gewesen seien. Der jetzt der Politik die Vorgaben liefert, wen sie für „Extremisten“ und „Verfassungsfeinde“ zu erklären habe …

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Bremen 15.03.2024: Krankenpflegerin nach 50 Jahren „freigestellt“ wegen Kundgebungs-Anmeldung

Über das aktuelle Vorgehen gegen eine engagierte Betriebsratskollegin an einem Bremer Klinikum – „Berufsverbote wie in den 70ern lassen grüßen“ – und diverse Varianten des union busting berichtet das Portal arbeitsunrecht.de

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Hamburg 20.02.2024: Ilse Jacob verstorben

Unsere Mitstreiterin Ilse Jacob ist im Alter von 81 Jahren verstorben. Nachruf der Gedenkstätten Hamburg  Ihre Eltern Katharina und Franz Jacob waren im kommunistischen Widerstand gegen die Nazis aktiv. Ihr Vater war im Juli 1944 als Mitglied der operativen Leitung der KPD (die Verbindung zu den Verschwörern des 20. Juli 1944 hielt) verhaftet und im September 1944 hingerichtet worden. Ilse sollte Anfang 1972 aus dem Schuldienst entlassen werden, wobei ausdrücklich ihre Teilnahme an einem VVN-Bundeskongress und die Unterzeichnung eines Aufrufs gegen eine NPD-Kundgebung (1969) unter den „Begründungen“ auftauchten. Es gab in diesem Fall einen solchen bundesweiten Aufschrei des Protests – auch des damaligen GEW-Vorsitzenden Erich Frister (1927-2005), der in anderen Fällen Berufsverbote und Unvereinbarkeitsbeschlüsse befürwortete -, dass die Schulbehörde zurück ruderte. Wir danken Ilse für ihre jahrelange Unterstützung unserer Arbeit gegen die Berufsverbote.

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Berlin 14.02.2024: VVN-BdA zum Maßnahmenpaket „gegen Rechtsextremismus“ von Innenministerin Faeser

Zu dem Papier „Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen - Instrumente der wehrhaften Demokratie stärken“ des von Nancy Faeser (SPD) geleiteten Bundesinnenministeriums – insbesondere dessen Teil 7 „Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entfernen“ – erklärt die Bundesvereinigung der VVN-BdA:

„‚Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entfernen’ erinnert ohne inhaltliche Definition stark an die Berufsverbote der 1970er Jahre, von denen auch etliche unserer Mitglieder betroffen waren, die z. T. bis heute um Rehabilitierung und Entschädigung kämpfen. Millionen kritischer junger Menschen fielen damals in die Beobachtung, Tausende wurden zu ‚Anhörungen’ geladen, die über ihre berufliche Zukunft entschieden.“ - Wortlaut der vollständigen Stellungnahme

Zu diesem Thema schreibt die Journalistin Claudia Wangerin im Portal telepolis, 15.02.2024. Es gibt auch verfassungsrechtliche Bedenken, über die beispielsweise das Portal web.de am 04.04.2024 berichtet.

Nebenbei kommt in dieser Diskussion zur Sprache, dass laut dem 2020 erstatteten Gutachten 6-3000-080/20 des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags in Baden-Württemberg schon heute eine behördliche Verfügung genügt, um Beamte aus dem Dienst zu entfernen.

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Paris 07.02.2024: Alfred Grosser verstorben

Der deutsch-französische Politikwissenschaftler und Publizist Alfred Grosser ist im Alter von 99 Jahren verstorben. Wir erinnern uns aus diesem Anlass mit Dankbarkeit, dass er sich stets gegen die Berufsverbote ausgesprochen und auch ganz konkret für einige Betroffene eingesetzt hat, zum Beispiel Hans Roth, dessen Schicksal auf dieser Website ausführlich dokumentiert ist. Dazu gehört die Korrespondenz zu einem - was in diesem Fall schwer wiegt und viel aussagt! - unbeantwortet gebliebenen Brief Grossers vom 06.09.2015 an den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (geb. 1951) .

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Frankfurt/M 31.01.2024: Wegen Demo-Teilnahme kriminalisiert „de facto ein Berufsverbot“

Spendenaufruf für Luca

„Dieses Berufsverbote richtet sich gegen uns alle“ - Solikomitee #LasstLucaLehren - Solidaritätsresolution der Landesdelegiertenversammlung der GEW Hessen - Bericht in der bayerischen GEW-Mitgliederzeitschrift DDS 12/2023 (S.8 – komplette Ausgabe) und in der Hamburger Lehrerzeitung hlz 05-2024 (komplette Ausgabe)

 

Regionalradio SWR4 am 31.01.2024: „Auf einer 1.-Mai-Demonstration vor knapp drei Jahren soll Luca S. gezielt einen sogenannten Rauchtopf auf Polizisten geworfen haben. Wegen tätlichen Angriffs und Landfriedensbruchs wurde er damals vom Amtsgericht Frankfurt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt und galt somit als vorbestraft. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Verteidiger von Luca S. gingen nach dem Urteil in Berufung. Das Frankfurter Landgericht bestätigte am Mittwoch allerdings nicht nur das Urteil des Amtsgerichts, sondern verschärfte es mit der siebenmonatigen Bewährungsstrafe noch. So ist es sehr unwahrscheinlich geworden, dass Luca S. noch Lehrer werden kann. Der 27-Jährige hat nach der Entscheidung angekündigt, das Urteil nicht zu akzeptieren und in Revision zu gehen.“

Zu den vielen Merkwürdigkeiten gehört vor allem, dass der nachträglich behauptete „tätliche Angriff“ vom Beweismaterial nicht gestützt wird. Es gab keinen verletzten Polizisten – nur einen am Boden liegenden Demonstranten, dem der nicht vermummte Luca zu helfen versuchte. Die für 27.09.2023 anberaumte Gerichtsverhandlung wurde vom Gericht kurzfristig verschoben. Für die am 31.01.2024 schließlich stattfindende Verhandlung (unmittelbar vor dem Gerichtsverfahren gegen einen sogenannten „Reichsbürger“). wurde ein Raum gewählt, wo nur 17 Zuhörer/innen anwesend sein konnten. Der Bericht im Lokalteil der FAZ vom 02.02.2024 macht deutlich, dass es in dem Prozess von vornherein nur um ein deutlich höheres Strafmaß für den selbstbewusst auftretenden jungen Lehrer gehen sollte: „Selbstgerechter Auftritt – höhere Strafe“ – für etwas, das er erklärtermaßen nie getan hat und das auch nicht bewiesen ist: „Alles, was Sie gesagt haben, ist irrelevant“.

Prozessberichte in der jungen Welt 03.02.2024 und uz 09.01.2024 („Sieben Monate fürs Demonstrieren“) - Interview mit Jan Schalauske (LINKE): „Das Urteil kommt einem Berufsverbot gleich“.

Bereits am 27.09.2023 hatte vor dem Gericht eine Solidaritätskundgebung stattgefunden. (Bericht im uz-Blog 27.09.2023 - in der uz-Printausgabe 06.10.2023 - uz 29.09.2023). Auch für den 31.01.2024 war zu einer ähnlich großen Kundgebung mobilisiert worden (uz-Blog 26.01.2024).


Luca hat Lehramt für Haupt- und Realschule studiert, ist GEW-Mitglied und war mehrere Jahre während seines Studiums in der DGB-Jugend Frankfurt und der SDAJ aktiv. „Ich bin unschuldig und erwarte Freispruch oder Einstellung des Verfahrens. Sonst habe ich de facto ein Berufsverbot als Lehrer. Ich befürchte, der Staatsanwalt wird bei seiner – wie ich finde – Lüge bleiben.“ Interview mit Luca in der jungen Welt 19.09.2023 - Pressemitteilung 13.09.2023 auf frankfurter-info.org - UZ-Blog 15.09.2023 - Interview in der UZ vom 22.09.2023 - Petition

Breit und eindrucksvoll war die Unterstützung für Luca bei beiden Kundgebungen: Seine Gewerkschaft GEW steht voll hinter ihm, ebenso das Kollegium und der Personalrat der Schule, in der er lehrt (und in den er inzwischen gewählt wurde). Auch die Schüler/innen, die er unterrichtet, setzen sich öffentlich für ihren Lehrer ein. Das ist das Absurde: er darf und soll als „Hilfskraft“ an der Schule unterrichten, weil und solange er dort dringend gebraucht wird, wird dafür sehr gelobt – aber seine formale Lehrerausbildung darf er nicht durchlaufen und abschließen.

 

Gruppenbild der Kundgebungsteilnehmer/innen am 27.09.2023 (Ausschnitt; Quelle: uz). Auch mehrere „alte“ Berufsverbots-Betroffene aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz waren angereist - darunter der Betreiber dieser Website, der ein Solidaritätsschreiben von Silvia Gingold verlas. Weitere Fotos: Luca - Transpi 1 -Transpi 2 - Transpi 3 - ehemalige Betroffene - Gruppenbild

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Freiburg 23.01.2024: Innenministerium BW gegen Gemeinderats-Beschlüsse – Stadtspitze weicht zurück

28.02.2024:„Betroffene kämpfen weiter für Entschädigung“ im Staatsanzeiger Baden-Württemberg

22.02.2024: Vier Fraktionen des Freiburger Gemeinderats schreiben einen Offenen Brief an Ministerpräsident Kretschmann
09.02.2024: Die Initiative der Betroffenen schreibt erneut einen Brief an die Landtagspräsidentin und fordert sie auf, im Landtag eine Präsentation des Buches über das Heidelberger Forschungsprojekt zu ermöglichen, das vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium finanziert wurde.

 

Haben Beschlüsse von Gemeinderäten, die dem CDU-Innenminister Baden-Württembergs Thomas Strobl nicht passen, nichts zu bedeuten? Als der Gemeinderat von Konstanz – ebenso wie die von Heidelberg, Tübingen und Mannheim (dort auch im städtischen Amtsblatt abgedruckt) – die Landesregierung und den Landtag aufforderte, ihrem Umgang mit den früheren Berufsverbotsbetroffenen zu überdenken, wurde er vom Innenministerium in einem offensichlich bestellten Schreiben vom 15.01.2024 zurechtgewiesen: hier fehle ein „spezifischer Ortsbezug“ und ein Gemeinderat habe kein „allgemeinpolitisches Mandat“. Das nahm die Spitze der Freiburger Stadtverwaltung zum Anlass, die dort noch in der Beratung befindliche Beschlussvorlage kurzerhand von der Tagesordnung eines Ausschusses und des Gemeinderats abzusetzen. Gegen diese Brüskierung der Betroffenen und Entmündigung des Gemeinderats, die auch ein Schlag ins Gesicht der auf den Straßen demonstrierenden Demokratiebewegung sei, nahmen die Initiativgruppe gegen Radikalenerlass und Berufsverbote Baden-Württemberg und die Fraktion „Eine Stadt für alle“ im Freiburger Gemeinderat unmissverständlich Stellung. - Berichte bei Radio Dreyeckland am 22.01.2024 und am 01.02.2024, in der Badischen Zeitung 25.01.2024 und in der uz 09.02.2024.

 

„Kommunen machen Druck“, hatte die Kontext Wochenzeitung 668 am 17.01.2024 über dem Stand dieser Bemühungen berichtet. Vorher hatte die Initiativgruppe gegen Radikalenerlass und Berufsverbote Baden-Württemberg in einem Schreiben an die Landtagspräsidentin vom 06.12.2023 auf die in bisher fünf Städten des Landes von den Gemeinderäten gefassten Beschlüsse verwiesen, „in denen Regierung und Landtag aufgefordert werden, den Forderungen der Betroffenen nach Aufarbeitung, Entschuldigung und Rehabilitierung nachzukommen sowie einen Entschädigungsfonds einzurichten.“ Die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie der Universität Heidelberg und das Gespräch am 08.02.2023 zwischen Ministerpräsident Kretschmann und 19 Betroffenen habe „zu keinerlei Aktivität der Landesregierung“ geführt. Die Landtagspräsidentin und der Landtag werden gebeten, „ihren Einfluss auf Regierung und Ministerpräsident geltend zu machen und uns zu unterstützen.“ „Wir Betroffene haben keine Zeit zu verlieren.“ In ihrer Antwort vom 20.12.2023 verwies die Landtagspräsidentin Muhterem Aras auf das Heidelberger Buch, das für das „äußerst wichtige Thema“ „von großer Bedeutung“ sei, und die „bedeutsam[en] und wichtig[en]“ Gemeinderatsbeschlüsse. Das Schreiben sei an alle Landtagsfraktionen weitergeleitet worden, doch sie selbst müsse in ihrer Amtsführung neutral bleiben und könne „weitergehende Maßnahmen … in eigener Zuständigkeit“ nicht treffen.

Über die Gemeinderats-Beschlüsse und entsprechenden Bemühungen hinformieren auch das Kommunalinfo Mannheim 12.12.2023 (auch abgedruckt auf seemoz 19.12.2023), die junge Welt 11.12.2023, die Rhein-Neckar-Zeitung 19.12.2023 und die uz vom 26.01.2024. (Nur eine sehr verkürzte, nur auf einer telefonischen Auskunft beruhende Version der Antwort der Landtagspräsidentin brachte die RNZ am 22.12.2023.)

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VGH Hessen 28.12.2023: Wenn Silvia Gingold die VVN-BdA „aufwertet“, wird sie zu Recht bespitzelt

Wie hier auf dieser Website dokumentiert, hat Silvia Gingold jahrelang gegen den hessischen „Verfassungsschutz“ auf Unterlassung ihrer fortgesetzten Bespitzelung und Vernichtung der diesbezüglichen Akten geklagt. Die wesentliche Vorhaltung: dadurch, dass sie aus den Memoiren ihres Vaters – des bekannten jüdischen Widerstandskämpfers Peter Gingold – auf Veranstaltungen der VVN-BdA vorliest, werde diese „linksextremistische“ Organisation „aufgewertet“. Am 28.12.2023 - nach sechs Jahren! - wurde nun der Antrag auf Zulassung der Berufung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof endgültig abgelehnt (Ablehnungsbescheid). Dagegen hat Silvias Anwalt am 29.01.2024 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, wie die Hessenschau am 05.02.2024 berichtet. Presseerklärung der VVN-BdA Hessen (auf dem uz-Blog)

Nach einem kurzen Bericht über das Urteil in der jungen Welt vom 31.01.2024 kommt Silvia in der jW vom 01.02.2024 in einem Interview zu Wort: „Zum Teil handele es sich um Informationen aus persönlichen Gesprächen. Bespitzelung erfolgte aus meinem Umfeld heraus.“ Über ihren juristischen Kampf gegen die Bespitzelung und „Zwei Leben gegen den Faschismus“ in der Familie Gingold berichten Regionalausgaben der Frankfurter Rundschau am 02.02.2024.

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Hannover 07.12.2023: „Wann, wenn nicht jetzt“ – Offener Brief an niedersächsische SPD- und GRÜNEN-Landtagsabgeordnete

Die Niedersächsische Initiative gegen Berufsverbote erinnert in einem Offenen Brief (abgedruckt in der GEW-Mitgliederzeitung E&W Niedersachsen Januar 2024) an die bereits verstorbenen Betroffenen des „Radikalenerlasses“ und schreibt: „Am 28. Januar 2023 haben wir … 19 Petitionen übergeben. Seit zehn Monaten warten wir jetzt auf eine Reaktion. Und schon zu lange werden vom sog. Radikalenerlass Betroffene mit Worten hingehalten  …

Es ist an der Zeit, endlich dieses „unrühmliche Kapitel in der Geschichte Niedersachsens(Niedersächsischer Landtag 2016) abzuschließen. Es ist an der Zeit, die Betroffenen für die erlittenen und andauernden Nachteile durch das Berufsverbot angemessen zu entschädigen.

Wann, wenn nicht jetzt, unter den Bedingungen einer rot-grünen Koalition, kann ein Runder Tisch mit Vertreter*innen von Regierung, Parlament, Gewerkschaften und Betroffenen diese Frage abschließend bearbeiten.“

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Mannheim 24.10.2023: Gemeinderat fordert „Entschädigungsfonds“

Auch der Gemeinderat von Mannheim „fordert die baden-württembergische Landesregierung und den Landtag auf, den Forderungen der Betroffenen nach Aufarbeitung, Entschuldigung sowie Rehabilitierung nachzukommen und einen Entschädigungsfonds einzurichten, um insbesondere in Fällen von Altersarmut und drastischen Pensions- bzw. Rentenkürzungen die entstandenen Verluste auszugleichen“. Mit den Stimmen der GRÜNEN, der SPD und der Fraktion LI.PAR.Tie [DIE LINKE, Die PARTEI, Tierschutzpartei], die den Antrag A273/2023 eingebracht hatte, wurde dies in der Sitzung am 24.10.2023 beschlossen. Der Beschluss ist im Amtsblatt der Stadt abgedruckt.

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Stade 18.10.2023: „Radikalenerlass in Niedersachsen 1972-1990 - demokratischer Rechtsstaat in Gefahr?“

Im Niedersächsischen Landesarchiv - Abteilung Stade referierte der Historiker Wilfried Knauer beim örtlichen Geschichts- und Heimatverein vor 90 Personen zum Thema „Der Radikalenerlass in Niedersachsen 1972 bis 1990 - der demokratische Rechtsstaat in Gefahr?“. Knauer war als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Aufarbeitung der niedersächsischen Praxis für den Landtag beteiligt. Über die Veranstaltung, in der Schicksal des Lehrers Matthias Wietzer eine wichtige Rolle spielte, berichtete das Stader Tageblatt am 19.10.2023.

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Stuttgart 02.10.2023: Kundgebung der Betroffenen zum 50. Jahrestag des „Schiess-Erlasses“

Am 02.10.1973 trat der „Schiess-Erlass“ in Kraft, die baden-württembergische Variante des „Radikalenerlasses“, benannt nach dem damaligen CDU-Innenminister Karl Schiess (1914-1999), einem Politiker mit zweifellos „mustergültiger“ Karriere. (Darüber berichtete der Konstanzer Südkurier am 15.09.2023. Nicht umsonst trug Schiess am Bodensee den Spitznamen „Hakenkreuz-Karle“.) Aus Anlass des 50. Jahrestags versammelten sich Betroffene am 2. Oktober 2023 auf dem Stuttgarter Schlossplatz (vor dem Herzog-Christoph-Denkmal) und erinnerten an den Erlass und seine Folgen. - Pressemitteilung - Bericht zum Anlass im Staatsanzeiger Baden-Württemberg 22.09.2023 (pdf mit dem vollständigen Text) mit einem Foto von Karl Schiess, flankiert von zwei charmanten Herren.

 

Aus dem gleichen Anlass wurde am 28.09.2023 in Karlsruhe im vollbesetzten Saal des Restaurants „Akropolis“ die literarisch-musikalische Revue „Freiheit, die wir/Sie meinen“ erneut aufgeführt. Mitwirkende: Bernd Köhler, Margret Steger, Einhart Klucke, Bettina Franke und Michael Csaszkóczy. Bericht in der GEW-Mitgliederzeitschrift Aktiver Ruhestand 4-2023 - Einladungsflyer- Ankündigung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Foto: Sigrid Altherr-König)

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Berlin 18.09.2023: Werner Siebler auf dem ver.di-Bundeskongress: Wer definiert „Extremisten“?

Auf dem 6. ver.di-Bundeskongress sprach der Delegierte Werner Siebler – einst Briefträger mit Berufsverbot, heute DGB-Stadtverbandsvorsitzender in Freiburg – zum Thema der angestrebten „Entfernung von (Rechts)Extremisten aus dem öffentlichen Dienst“ und zur Aufarbeitung der früheren Berufsverbote. Original-Wortlaut im Tagesprotokoll vom 18.09.2023

 

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke (rechts) und das ver.di-Bundesvorstandsmitglied Rebecca Liebig (links) mit Irmgard Cipa und Werner Siebler, Sprecher/in des Bundesarbeitsausschusses der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der  demokratischen Grundrechte, an dessen Infostand auf dem 6. ver.di-Bundeskongress (Foto: Matthias Wietzer)

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Tübingen 24.07.2023: Gemeinderat fordert, „den Forderungen der Betroffenen nachzukommen“

Auch der Tübinger Gemeinderat hat mit 23 Stimmen beschlossen - auch mit denen der größten Fraktion AL/Grüne -, im Sinne des interfraktionellen Antrags 527/2023 die baden-württembergische Landesregierung und den Landtag aufzufordern, „den Forderungen der Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung sowie Aufarbeitung und Entschuldigung nachzukommen“. (Rede zur Begründung in der jungen Welt 26.07.2023 - seemoz 31.07.2023)

Unter den 4 Gegenstimmen war auch die des Oberbürgermeisters Boris Palmer, u.a. mit der sinngemäßen Begründung, er finde den Umgang von Ministerpräsident Kretschmann mit dem Thema völlig angemessen. Außerdem stimmten CDU, FDP und „Tübinger Liste“ dagegen bzw. sorgten für 7 Enthaltungen. (Bericht im Schwäbischen Tagblatt 19.08.2023)

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Konstanz 18.07.2023: Gemeinderat fordert Rehabilitierung und Entschädigungsfonds

Der Konstanzer Gemeinderat beschloss mehrheitlich (22:6:9) einen entsprechenden Antrag der Linken Liste Konstanz (LLK) und Freien Grünen Liste (FGL). Bericht auf seemoz - Antragstext und Kommentare auf seemoz - Rede zur Begründung des Antrags - Podcast dazu: Abstimmung zur Tagesordnung (mp4) - Antragsberatung und Abstimmung (mp4) - Bericht im SÜDKURIER 31.07.2023. Nach dem Beschluss wandte sich – wie die Badische Zeitung am 25.01.2024 berichtete – „eine Ratsfraktion … ans Innenministerium und zweifelte an, dass sich das Gremium mit der Resolution hätte befassen dürfen.“ Dieser Meinung war auch das Innenministerium, wie es in einem Schreiben vom 15.01.2024 mitteilte – was zu einem Rückzieher der Freiburger Stadtverwaltung bei einer entsprechenden Beschlussfassung und heftigen Reaktionen der dortigen Akteure führte.

 

(Hier die in der Gemeinderatsdskussion erwähnte Konstanzer Erklärung von 1975, unterschrieben von 41 der 48 damaligen Professoren der Universität. Einer von denen, die damals nicht unterschrieben, der Staatsrechtler Ekkehart Stein (1932-2008), verfasste 1978 eine ebenso zynische wie den Verfassungsbruch eingestehende und rechtfertigende Beschreibung der Berufsverbotspraxis: Streitbare Demokratie mit Zipfelmütze“ – siehe zum Beispiel S. 323)

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Schöffenamt nur noch mit Genehmigung des Inlandsgeheimdiensts?

junge Welt, 14.07.2023: Regelung für Schöffen zur »Verfassungstreue«

Berlin. Damit »Extremisten« bei Gericht nicht als Schöffen über Schuld und Strafmaß mitentscheiden dürfen, soll das Richtergesetz geändert werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf, der auch eine Regelung zu Maßnahmen gegen Berufsrichter enthält, beschloss das Bundeskabinett am Donnerstag nach Angaben des Justizministeriums. Demnach darf künftig nicht zum ehrenamtlichen Richter berufen werden, »wer keine Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt«. (dpa/jW)

 

Ginge es wirklich darum, Neonazis, Rassisten und vergleichbaren Personen den Weg zum ehrenamtlichen Richteramt zu erschweren, müsste das auch drin stehen. Nein – geplant ist exakt die „jederzeit-Gewährbieteklausel“ (nur „rückhaltlos“ fehlt), die sich einst Nazijuristen wie Willi Geiger ausgedacht haben (1975 federführend beim oft herangezogenen „Verfassungstreue“-Urteil des Bundesverfassungsgericht), und zwar gegen „Extremisten“ gerichtet- was der „Verfassungsschutz“ festlegt, der auf Bundesebene bis 2018 unter Leitung von Hans-Georg Maaßen stand.

Neues aktuelles Buch zum Thema: Ronen Steinke: „Verfassungsschutz. Wie der Geheimdienst Politik macht | Enthält den Fall Hans-Georg Maaßen“ Berlin: Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, 2023. ISBN 978-3-8270-1471-9 (24 Euro)

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04.06.2023: Nachruf auf Reinhard Gebhardt

Reinhard Gebhardt ist am 4. Juni 2023 gestorben. Er wurde 74 Jahre alt.

Auch wenn die Nachricht von seinem Tod uns nicht überrascht, weil wir von seiner langen und schweren Erkrankung wussten, löst sie doch Trauer aus.

Seine Krankheit hinderte ihn nicht daran, politisch aktiv und wach zu bleiben. Nicht nur war er bei unseren Aktionen der letzten zehn Jahre zuverlässig dabei - meist zeichnete er auch die Reden auf und stellte sie dann zum Nachhören ins Netz. Wir verdanken ihm so diese wichtigen Dokumente z.B. unseres mehrjährigen Auftretens am Tag der Menschenrechte vor dem Landtag. Auch andere politische Themen verfolgte er und versorgte uns mit aus seiner Sicht wichtigen Beiträgen aus anderen Kanälen.

An unseren Aktivitäten anlässlich von „50 Jahre Radikalenerlass“ hat Reinhard nach seinen Möglichkeiten teilgenommen. Wir haben ihn erlebt bei unserer Aktion am 26. Oktober letzten Jahres "in Sichtweite des Landtags von Baden-Württemberg“. Und es war für ihn sehr wichtig, dass er am 2. Februar auf der Berufsverbote-Veranstaltung in Heidelberg noch einmal über seine Erfahrungen aus den 70er Jahren berichten konnte. Auch an der - bisher folgenlosen - "Audienz" bei Ministerpräsident Kretschmann im Staatsministerium im Februar 2023 konnte er noch teilnehmen.

Er war - so kann man sagen - das lebende Beispiel für ein durch das Berufsverbot zerstörtes Leben mit u.a der Folge der Altersarmut. Ein wenig lindern konnten wir diese in den letzten Jahren durch die Unterstützung aus unserem Neuen-Heinrich-Heine-Fonds.

Mit dem Dank der baden-württembergischen Berufsverbote-Bewegung verabschieden wir uns von einem, der sich widersetzt und dafür viel in Kauf genommen hat.

 

(Auf dem Foto sitzt Reinhard Gebhardt bei der Kundgebung der Berufsverbots-Betroffenen in Sichtweite des baden-württembergischen Landtags in Stuttgart am 26.10.2022.)

Nachruf des freien Radio bermuda.funk - Traueranzeige in der Rhein-Neckar-Zeitung 17.06.2023

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Wissenschaftliches Buch zur Begrifflichkeit „Extremismus“

Dominik Feldmann: Demokratie trotz(t) Antiextremismus? Zur Bedeutung von Extremismusprävention für (Ent-) Demokratisierung und politische Bildung. Frankfurt(Main): Wochenschau-Verlag, 2023. ISBN: 978-3-7344-1551-7

Verlagsankündigung: „Extremismusprävention basiert auf der Gegenüberstellung von Demokratie und Extremismus. Dabei gerät oft aus dem Blick, dass jedoch gerade das Verhältnis von Demokratie und Antiextremismus durch Widersprüche gekennzeichnet ist und kritisch geprüft werden muss. Ein Sicherheitskonzept, das eine Beschränkung des politischen Streits zum Schutz der Demokratie vornimmt, läuft schließlich Gefahr, Demokratie selbst zu beschränken.“

Das Inhaltsverzeichnis lässt erkennen, mit welcher Gründlichkeit und Differenziertheit der in Köln mit dieser Arbeit promovierte Autor das Konzept „Extremismus“ auseinander nimmt, an dem nicht nur die politische Bildung ausgerichtet ist, sondern mit dem auch der Inlandsgeheimdienst („Verfassungsschutz“) sein Treiben zu legitimieren versucht. Natürlich wird dem „Radikalenerlass“ und seinen Folgen gebührend Raum gegeben. Der Preis des 367seitigen Buches sollte mit dem Thema Befasste nicht abhalten, es zu erwerben und gründlich zu studieren.

 

Stellungnahme von Dr. Dominik Feldmann vom 28.04.2023 zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Titel „Gesetz zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei“ (Drucksache 20/8129) u.a.

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Potsdam 25.04.2023: Vernissage, Vortrag und Diskussion im Landtag zum „Verfassungstreuecheck“

„Verfassungstreuecheck im Land Brandenburg – Droht ein neuer Radikalenerlass?“ war das Thema einer Veranstaltung am 25.04.2023 in Potsdam. Nach der Ausstellungseröffnung „Geschichte und Auswirkungen des Radikalenerlasses von 1972“ diskutierten: Dr. Rolf Gössner (Rechtsanwalt, Bürgerrechtsaktivist, Mitherausgeber der Zeitschrift Ossietzky und des Grundrechte-Reports); Matthias Schlenzka, (DGB); Anita Kirsten, Gewerkschaft der Polizei Brandenburg; Marlen Block, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Vorsitzende des Innenausschusses des Landtags).

Ankündigung der Rosa-Luxemburg-Stiftung - Einladungsflyer - Bericht in Neues Deutschland 27.04.2023 Zitat: „Alle Fälle, »die aufgeploppt sind«, wären durch einen Verfassungstreue-Check, wie ihn Innenminister Michael Stübgen (CDU) plant, nicht aufgefallen. Doch „Matthias Schlenzka vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) … gab in der Anhörung des Landtags eine Stellungnahme des DGB ab und äußerte sich dort nach eigener Darstellung zurückhaltend. …»Heute haben wir eine andere Situation.«“ (Zum Vergleich: die recht präzise DGB-Stellungnahme zur Anhörung vom 30.11.2022.) Und: „Anita Kirsten, Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei … glaubt: »Wir haben einen guten Verfassungsschutz.«“

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07.04.2023: 90. Jahrestag des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“

Zum Jahrestag dieses Nazi-Gesetzes hat der Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der  demokratischen Grundrechte eine Pressemitteilung veröffentlich: „Berufsverbotsbetroffene warnen vor dem Fortleben einer unseligen Tradition und neuen Gefahren für die Demokratie“.

Ein Beitrag zum Thema von Michael Csaszkóczy in antifa (VVN-BdA) März/April 2023 - Bericht in der UZ vom 31.03.2023

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Dresden 28.03.2023: Auch Sachsen will „Regelanfragen“ gesetzlich einführen

Während das entsprechende Vorhaben des CDU-Innenministers von Brandenburg derzeit zu stocken scheint, kommt nun eine gleichartige Initiative aus Sachsen. „Ziel sei es, Verfassungsfeinde schon vor Eintritt in den Dienst auszuschließen“ – wie immer mit Deutungshoheit des „Verfassungsschutzes“, wer das sei. Der CDU-Innenminister lässt keinen Zweifel, dass er Linke und den gesamten öffentlichen Dienst meint, auch wenn heute nur vom Polizeidienst, Justizvollzugsanstalten und „Rechtsextremisten“ die Rede ist. dpa-Bericht 28.03.2023 in der Süddeutschen Zeitung

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Heidelberg 23.03.2023: Beschluss zu Berufsverboten im Gemeinderat

Im Heidelberger Gemeinderat wurde am 23.03.2023 mit deutlicher Mehrheit beschlossen, an Landesregierung und Landtag zu appellieren, den Forderungen der Berufsverbote-Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung nachzukommen (Bericht in der jungen Welt 25.03.2023 - Rhein-Neckar-Zeitung 30.03.2023 - Kommunalinfo Mannheim 29.03.2023). Der Antrag war schon am 14.02.2023 im Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit befürwortet worden (Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung 17.02.2023, Informationsvorlage für die städtischen Gremien über das Heidelberger Forschungsprojekt) - Situationsschilderung im Kommunalinfo Mannheim 27.02.2023

Bei einer Veranstaltung in der Volkshochschule Heidelberg am 02.02.2023 waren der Antrag, das Schicksal einiger Betroffener und die 2022 erschienene Studie der Uni Heidelberg vorgestellt worden. Veranstalter: Bunte Linke im Gemeinderat, DIE LINKE, IG Metall und DGB Heidelberg. Bericht darüber in der Rhein-Neckar-Zeitung 04.02.2023 - Hintergrundinfos - Referatstext - Einladungsflyer

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19.02.2023: Wolfgang Beutin verstorben

Unser Mitbetroffener eines Berufsverbots und Mitstreiter, der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Wolfgang Beutin ist am 19. Februar 2023 im Alter von 88 Jahren verstorben.

Im Nachruf seiner Angehörigen (vollständiger Wortlaut) heißt es:

Geboren in Bremen am 2. April 1934 war er tief geprägt von den Kriegserfahrungen, die er immer wieder in seinen autobiographisch gefärbten Romanen … verarbeitete. … In seiner Studienzeit war er neben seinem Professor Ulrich Pretzel, dem Bruder von Sebastian Haffner, vom expressionistischen Schriftsteller und Aktivisten Kurt Hiller beeinflusst. Gemeinsam zogen sie gegen alte Nazis, Reaktionäre und den Anti-Homosexuellen-Paragraphen 175 zu Felde. Mit dem Holocaust-Überlebenden Primo Levi pflegte er einen Briefverkehr, mit Theodor W. Adorno setzte er sich gegen antisemitische Tendenzen in Bezug auf den Komponisten Gustav Mahler zur Wehr.

Beutins Wirken ist das eines engagierten Intellektuellen: Wissenschaftler, Schriftsteller, Unterstützer der sozial-liberalen Koalition von 1969 und der Studierendenbewegung der 1968er. Aktivist gegen die Praxis der Berufsverbote …. Die Hamburger Universität verweigerte ihm die Professur und erteilte ihm zeitweilig Lehrverbot. Begründung: Verwendung marxistischer und psychoanalytischer Methoden. Die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung darum wurde zwanzig Jahre lang von der GEW unterstützt. … An der Universität seiner Geburtsstadt erlangte er in späteren Jahren die Habilitation und Privatdozentur. … „Du hast, als Lehrer, das Lesen beigebracht, die richtige Lektüre der Worte und der Taten; die Welt selbst ist durch Deine Arbeiten lesbarer geworden.“

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Karlsruhe 16.02.2023: Bundesverfassungsgericht urteilt: „hessenDATA“ ist verfassungswidrig

Mit Urteil 1 BvR 2634/20 hat das Bundesverfassungsgericht am 16.02.2023 entschieden, dass die automatisierte Zusammenführung von Datenbeständen durch Polizei und „Verfassungsschutz“, wie sie beispielsweise in Hessen erfolgt, verfassungswidrig ist (Pressemitteilung des Gerichts) Geklagt hatten unter anderem – vermittelt durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte – zwei Berufsverbots-Betroffene aus Hessen, Silvia Gingold und Norbert Birkwald, die Jahrzehnte später immer noch im Visier des „Verfassungsschutzes“ sind und bespitzelt werden, berichtet die VVN-BdA Hessen auf ihrer Website.

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Berlin 15.02.2023: Bundeskabinett will „Beschleunigung“ von Disziplinarverfahren

Wie die Tagesschau am 15.02.2023, n-tiv, das Portal news4teachers, die DKP-Wochenzeitung unsere zeit am 24.02.2023 und andere Medien berichteten, hat das Bundeskabinett einem Gesetzentwurf zur sogenannten „Beschleunigung“ von Disziplinarverfahren zugestimmt. Er sieht vor, „dass Beamte, die verdächtigt werden, Extremisten zu ein, den öffentlichen Dienst ohne Gerichsverfahren verlassen müssen“ (Deutscher Beamtenbund laut FAZ vom 10.01.2023). Klar ablehnend ist auch die Stellungnahme des DGB.

 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am 11.12.2022 (als der Referentenentwurf ihres Hauses bereits vorlag) in der ARD-Talkshow Anne Will erklärt:

Faeser: „Gegen Verfassungsfeinde muss man entsprechend hart vorgehen und versuchen, die möglichst schnell aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen.“

„Wir wollen eine Veränderung des Disziplinarrechts vornehmen, damit es schneller geht, und wir nicht hinnehmen müssen, dass Rechtsextremisten nach wie vor im öffentlichen Dienst sind.“

Will: „Sie haben angesprochen, das Disziplinarrecht wollen Sie verändern und halten es für eine gute Idee, haben Sie gesagt und haben auch hinzugefügt, Sie wollen die Beweislast umkehren. Wie stellen Sie es sich vor?“

Faeser: „Nein, ich will nicht die Beweislast umkehren, ich habe das etwas umgangssprachlich im Fernsehen berichtet. Es geht darum, dass wir das Disziplinarrecht so neu aufstellen, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedarf, um Bedienstete aus dem öffentlichen Dienst zu bekommen; sondern dass das mittels eines Verwaltungsakts geschehen soll. Das geht dann schneller. Das ist etwas einfacher nachzuweisen. Und es ist handhabbarer. So ein Verwaltungsgerichtsverfahren vorzubereiten ist auch innerhalb der Verwaltung nicht ganz banal, und dort müssen wir einfach schneller werden. Es ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar. Deswegen habe ich das ja auch bereits in meinen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus mit aufgenommen, dass wir dort verschärfen müssen. Es ist einfach wichtig, dass der Staat in diesem Sinne auch handlungsfähig ist.“

Will: „Also ich versteh jetzt: Statt dass ein Verwaltungsgericht entscheiden würde, entscheidet die Behörde selbst, ob sie jemanden aus ihren Reihen aus dem Dienst entfernt - zunächst. Derjenige hat dann die Chance dagegen zu klagen und zu sagen: Sorry, totaler Fehler, ich bin hier unschuldig. Das meine ich, ich hab' Sie so auch verstanden mit der Umkehr der Beweislast, die liegt jetzt bei demjenigen. Ist das richtig verstanden? Ist das eine gute Idee, wie Sie selber bewertet haben?“ „Herr Flade [WDR-Journalist], was sagen Sie?“

Flade: „Keine gute Idee. Die Begrifflichkeit ist auf jeden Fall keine gute Idee.“

Faeser: „Sie ist auch nicht richtig.“

Flade: „Ich habe mir mal den Gesetzentwurf angeguckt, da steht das auch nicht drin, sondern explizit, dass man ‚den Beweis erbringen’ muss. Das wäre auch verfassungsrechtlich sehr, sehr schwierig.“

Faeser: „Genau.“

Flade: „Damit sollte man vorsichtig sein. Der Begriff kommt aus der Mafia-Bekämpfung.“

 

Der „Vorwärts“ vom 12.12.2022 erklärt, worum es genau gehen soll. „In Baden-Württemberg wird schon seit 2008 so verfahren.“ Ach ...

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Potsdam 15.02.2023: Szenische Lesung und Diskussion „Berufsverbote 2.0 in Brandenburg?“

Am 15.02.2023 fand im Buchladen Sputnik im Zentrum Potsdams eine szenische Lesung und Diskussion zum geplanten „Verfassungstreuecheckgesetz“ statt, das bereits in 1. Lesung im Landtag von Brandenburg behandelt wurde (Einladungsflyer). Es sprach der ehemalige brandenburgische Justizminister Helmuth Markov. Eine Woche später kam im Neuen Deutschland vom 22.02.2023 sein Amtsvorgänger Volkmar Schöneburg erneut zu dem Thema zu Wort (wobei der Autor sich in einem Punkt leider irrt: der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann hat sich bisher - wie hier nachzulesen - für nichts „entschuldigt“, sondern nur angebliche „Auswüchse“ „bedauert“).

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Stuttgart 08.02.2023: Baden-württembergische Betroffene treffen Ministerpräsident Winfried Kretschmann ohne greifbares Ergebnis

Strahlende Wintersonne, doch keine Erleuchtung des Gesprächspartners in der Villa Reitzenstein

 

„Tief enttäuschte Betroffene und ein etwas zerknirschter Ministerpräsident“, titelte der dpa-Bericht vom 08. bzw. 09.02.2023 (Frankfurter Allgemeine Zeitung - Badische Zeitung - Mannheimer Morgen - Stuttgarter Zeitung - Stuttgarter Nachrichten) nach einem Treffen im Stuttgarter Staatsministerium. Pressemitteilung der baden-württembergischen Initiative (abgedruckt auf SEEMOZ mit einem Foto, bei dem man ins Grübeln kommen kann) - Berichterstattung im SWR3 Videotext am 08. und 09.02.2023 - Interview mit Christina Lipps mit Radio Dreyeckland 09.02.2023 - Bericht und Interviews im Deutschlandfunk 09.02.2023 - Bericht im SWR Fernsehen 08.02.2023 (zu Wort kommen Andreas Salomon und Prof. Dr. Edgar Wolfrum; in der vollständigen Sendung - der Bericht über das Gespräch beginnt 21’32“ - schloss sich eine Reportage über Kretschmanns Auftritt am Tag zuvor bei der Narrenschelle-Verleihung an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder unmittelbar an.) - Interview mit Martin Hornung in der Rhein-Neckar-Zeitung 11.02.2023 (im letzten Abschnitt muss es „geballt“ heißen)SWR-Radio-Kommentar von Filiz Kükrekol 08.02.2023 - Schwäbisches Tagblatt 09.02.2023 (über Tübinger Betroffene) - Stellungnahme der SPD-Landtagsfraktion 09.02.2023 - junge Welt 10.02.2023 - Kontext Wochenzeitung 620, 15.02.2023 (mit Bilderstrecke) - Kommunalinfo Mannheim 27.02.2023 - Aktiver Ruhestand (GEW Baden-Württemberg) 2-2023

 

Vorausgegangen war am 19.01.2022 ein auf der Homepage des Staatsministeriums („Part of THE LÄND“) veröffentlichter „Offener Brief“ des Ministerpräsidenten (pdf auf amtlichem Briefpapier), von dessen Positionen und sicher mit den Hausjuristen abgestimmten Formulierungen dieser im Gespräch explizit kein Jota abweichen wollte. „Kretschmann entschuldigt sich bei Opfern des Radikalenerlasses“, hatte ursprünglich die Überschrift des dazu erstellten Rundfunkbeitrags in SWR aktuell vom 19.01.2023 gelautet (mp3-Datei der Radio-Nachricht). Im gleichen Sinn hatte der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz ins Netz gestellt: „Die Entschuldigung und die ausgestreckte Hand zu den zu Unrecht Betroffenen ist eine wichtige Geste der Versöhnung.“ Später – nach Stellungnahmen von Betroffenen und Gewerkschaften - wurde die Überschrift in den meisten Medien geändert. Denn genau das – eine Entschuldigung und natürlich auch jede Andeutung einer „Rehabilitierung und Entschädigung“ – war sorgfältig vermieden worden, und es kam vor allem bei den Betroffenen völlig anders an. Dementsprechend gab es heftige Kritik: Pressemitteilung des DGB - PM der Initiativgruppe gegen Radikalenerlass und Berufsverbote Baden-Württemberg (zitiert in der jungen Welt 21.01.2023) - SWR-Podcast mit Werner Siebler (Tondatei - mp3 lokal) - Sigrid Altherr-König im SWR-Fernsehen und im Radio - Christina Lipps im Interview mit Radio Dreyeckland 24.01.2023 - Michael Csaszkóczy im Interview mit Radio Dreyeckland 26.01.2023 - Leserbrief von Andreas Salomon an das Oberbayerische Volksblatt (Rosenheim) 06.02.2023 Stellungnahme der SPD-Landtagsfraktion. dpa hatte unzutreffenderweise auch verbreitet - zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung 20.01.2023 oder dem Oberbayerischen Volksblatt 22.01.2023 und ähnlich der SPIEGEL: „Kretschmann entschuldigt sich für Radikalenerlass“. Die Stuttgarter Zeitung vom 19.01.2023 (pdf) stellte die „deutlichen Worte“ bei Kretschmanns „spätem Bedauern“ in den Vordergrund und berichtete am 20.01.2023 über die Kritik; dazu ein Kommentar von Andreas Müller mit Überlegungen, wie Kretschmann „nachbessern“ könnte - Stichwort „Entschädigungsfonds“. In ähnliche Richtung geht die Berichterstattung im Badischen Tagblatt (Baden-Baden) am 19.01.2023 und 20.01.2023. Weitere Berichte: Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe) 19.01.2023  und 20.01.2023, Südwest Presse (Ulm) 19.01.2023 und  20.01.2023, Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 20.01.2023, Südkurier (Konstanz) 20.01.2023 - Esslinger Zeitung 20.01.2023 - Mannheimer Morgen 20.01.2023 mit Kommentar „Kretschmann ist befangen“ von Walter Serif - Kommentar von Arnold Schölzel in der jungen Welt 20.01.2023 - Telepolis (Heise) 20.01.2023 - Labournet 20.01.2023 mit Online-Dokumentation (auch vielen Links) zu den Berufsverboten - Kontext Wochenzeitung 617, 25.01.2023 - Interview mit Christina und Klaus Lipps in der jungen Welt 26.01.2023 - seemoz 27.01.2023 (Portal für die Bodenseeregion) - Über die teilweise ziemlich „unterirdische“ Diskussion, die im Ständigen Ausschuss des Landtags über das Heidelberger Forschungsprojekt und das daraus hervor gegangene Buch geführt wurde, informiert die Berichts-Drucksache 17/3532 auf den Seiten 7 bis 10. - Was der Ministerpräsident mit seinen Hinweisen auf einen„Rechtsweg“ meinte, den die Betroffenen eines „belastenden Verwaltungsakts“ beschreiten könnten, stellt ein Schreiben des Staatsministeriums vom 08.04.2023 klar: sie können sich ja rechtsanwaltlich beraten lassen ...

Eine aktuelle Zustandsbeschreibung der baden-württembergischen GRÜNE/CDU-Regierungskoalition findet sich in der Kontext Wochenzeitung 626, 29.03.2023

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Hannover 27.01.2023: Öffentliche Übergabe von Petitionen an den Niedersächsischen Landtag

Die Niedersächsische Initiative gegen Berufsverbote übergab am 27.01.2023 17 Petitionen von Berufsverbotsbetroffenen (Auszüge) an die Vorsitzende des Petitionsausschusses Claudia Schüßler (SPD). Anwesend waren auch: die stellvertretende niedersächsische Ministerpräsidentin, Kultusministerin Julia Willie Hamburg (GRÜNE), die Vorsitzende des Innenausschusses Doris Schröder-Köpf (SPD), die Vizepräsidentin des Landtages Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), weitere Abgeordneten der Regierungskoalition, die Leiterin der Landesrechtsschutzstelle des ver.di-Landesbezirks Niedersachsen-Bremen, Martina Dierßen, und der Sekretär für Beamt:innenpolitik der GEW Niedersachsen, Dr. Björn Brennecke, Pressemitteilung - Ankündgung - Bericht in der taz-nord 26.01.2023 (Scan) - scharf-links 23.01.2023 - Website der GEW Niedersachsen - Lindenspiegel 02-2023 - Bericht und Leserbrief in der GEW-Zeitung E&W Niedersachsen April/Mai 2023

Die Texte der 17 Petitionen und weitere Fallschilderungen aus Niedersachsen stellen wir auf einer eigenen Sonderseite vor.

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Köln 29./30.12.2022: Lesung „Die Vergessenen“

Das Nö-Theater (im Gebäude der Theaterakademie Köln) veranstaltete am 29. und 30.12.2022 im Rahmen eines Gastspiels beim Studio Trafique in Köln die von Geremia Carrara und Janosch Roloff konzipierte Lesung „Die Vergessenen“.

Bebilderter Kurzbericht von Klaus Stein (Langtext als pdf mit Darstellung der Berufsverbotspolitik)

Ankündigungstext: „Am 28.01.1972 wurde der sogenannte Radikalenerlass von der Konferenz der Ministerpräsidenten unter Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt verabschiedet. Im Kontext der 68er Bewegung sollte dieser „Extremistenbeschluss“ eine „kommunistische Unterwanderung“ im öffentlichen Dienst verhindern. Die politische Gesinnung von über eine Million Angehörenden oder Bewerber:innen des öffentlichen Dienstes wurde mit geheimdienstlichen Mitteln überprüft. Es kam zu zahlreichen Entlassungen und Berufsverboten. Schon die Teilnahme an einer Demonstration oder das Anfertigen eines Flugblatts konnte ausreichen, um als Verfassungsfeind deklariert zu werden. Die Betroffenen sahen sich plötzlich mit existenziellen Problemen konfrontiert. Das Gesetz und seine Praxis führte nicht nur zu absurden und willkürlichen Urteilen, sondern war in seiner Konzeption zutiefst demokratiefeindlich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte 1995 in einem Einzelfall einen klaren Verstoß gegen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit fest. Im Jahr 2022 findet der 50. Jahrestag der Berufsverbotepraxis statt. Der Radikalenerlass ist in einigen Bundesländern tatsächlich noch in Kraft, auch wenn die Anwendung mittlerweile eher eine Ausnahme ist. Jedoch hat eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Aufarbeitung nicht stattgefunden. Die Betroffenen fordern weiterhin ihre vollständige Rehabilitierung und finanzielle Entschädigung. Die Lesung ‚Die Vergessenen’ nähert sich der Thematik im Spagat zwischen persönlichen Geschichten und gesellschaftlichen Strukturen und Mechanismen.“

Kommentare von Betroffenen, die dabei waren: „Eine wunderbare Collage aus Lesung aus Erinnerungen, Theaterszenen und Filmausschnitten - beeindruckend die Schüler-Demo gegen das Berufsverbot von A. oder ein Ausschnitt aus einer alten Panorama-Sendung, in der Zugreisende gefragt wurden, was sie davon hielten, dass ein Kommunist die Lok fährt) Und natürlich fehlte auch nicht Nancy Faeser, die ihr "Demokratiegesetz“ anpreist und die Umkehrung der Beweislast fordert. Ich bin immer noch hin und weg von dem wunderbaren Abend. Außer uns alten Leuten war die Vorstellung überwiegend von jungen Menschen besucht - das Theater fasst etwa 100 Besucher und war voll.“ - „Meinen Dank und große Anerkennung für die gründliche Aufarbeitung des Themas und die gelungene großartige Darstellung. Ein unvergesslicher Abend mit  eindrucksvollen Darstellern. Es war ja gar nicht nur eine ‚Lesung’, die szenische  Darbietung war  toll.  Nur zwei Aufführungen? Das wäre schade und unter Wert ‚verkauft’ Für weitere Aufführungen würde ich im Bekanntenkreis Reklame machen und kann mir vorstellen, mit mehreren Menschen aus meinem Umfeld nach Köln zu kommen. Das Nö-Theater ist ein Tournee-Theater. Falls also jemand von euch Kontakte zu einem  Theater hat - wir können nur empfehlen, sie einzuladen.“

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14.12.2022: Perversion des „Whistleblower“-Schutzes: Denunziation angeblicher „Verfassungsfeinde“

Hinweisgeberschutzgesetz passiert Rechtsausschuss: „Wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet, soll künftig unter den Hinweisgeberschutz fallen und somit vor Repressalien geschützt sein. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Das sieht eine auf Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom Rechtsausschuss am Mittwochmittag mehrheitlich angenommene Änderung am Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutz (20/3442) vor. Danach sollen die Schutzmechanismen des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes auch für Meldungen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern gelten, die sich auf ‚Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen’, beziehen. In der Begründung beziehen sich die Koalitionsfraktionen explizit auf die Diskussion um den Umgang mit sogenannten ‚Reichsbürgern’ im öffentlichen Dienst.“ weiter

 

Die „Reichsbürger“ scheinen die Universal-Geheimwaffe zu sein, um nunmehr auf alles, was als „verfassungsfeindlich“ denunziert wird und denunziert werden soll, tatsächlich die anonymen Denunzianten loszulassen. So wird nicht nur dem „Verfassungsschutz“ die „Regelanfrage“ und der AfD die Arbeit ihrer anonymen „Meldeportale“ gegen ihnen unliebsame Lehrer/innen abgenommen, sondern auch der dringend nötige Schutz von Whistleblowern pervertiert.

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06.12.2022: „Unterbindungsgewahrsam“ für „Pattex-Terroristen“ (Klima-Aktivisten)

„Die Journalist*innen, die ihre Texte mit Vokabeln wie »Terror« und »radikal« spicken, sollten mal »Radikalenerlass« googlen“, schreibt Sheila Mysorekar in Neues Deutschland vom 06.12.2022

 

Achtung Satire! „Entwarnung! Reichsbürger planten nur bewaffneten Umsturz, hatten aber nicht vor, sich irgendwo festzukleben“

 

Karikatur: Sepp Buchegger, Schwäbisches Tagblatt Tübingen, 17.12.2022

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Potsdam 30.11.2022: „Regelanfrage“ soll Gesetz werden - Landtagsanhörung in Brandenburg

Am 30.11.2022 fand eine Anhörung des Innenausschusses des Landtags von Brandenburg zum Entwurf des „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern“ (Fassung vom 30.08.2022) statt. (EinladungListe der anzuhörenden Personen) - Livestream)

 

Stellungnahme des DGB Berlin-Brandenburg - Appell an die Regierungspartei Bündnis 90/ DIE GRÜNEN, die Zustimmung zu verweigern: Interview mit dem ehemaligen Justizminister von Brandenburg Volkmar Schöneburg (DIE LINKE) im Tagesspiegel (Berlin) und den Potsdamer Neuesten Nachrichten, 30.11.2022 - Bericht bei rbb 24Bericht von Tagesspiegel / PNN – ein offenbar vom „Verfassungsschutz“ inspirierter Kommentar von Tagesspiegel / PNN 30.11.2022 – Bericht in unsere zeit 09.12.2022 und - sehr verkürzt - vorher in der jungen Welt 02.12.2022 (Text)

Leserbrief in der jungen Welt vom 03.11.2022  - Interview in der jungen Welt vom 08.09.2022 (Der letzte Absatz enthält gegenüber der gedruckten Fassung eine Korrektur.) - Pressemitteilung vom 01.09.2022 des Bundesarbeitsausschusses der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte - junge Welt 01.09.2022 (pdf): „Potsdam bereitet Berufsverbote vor“ - Am 30. August 2022 stellte die brandenburgische Landesregierung ihren vom Kabinett abgesegneten letzten Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern“ (Landtagsdrucksache 7/6164) der Presse vor - Pressemitteilung vom 29.08.2022. Wie es gemeint sein soll, schildert beispielsweise die Online-Ausgabe der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 30.08.2022 (pdf). Wie solche beispielhaft genannten Vorhaltungen wie „Teilnahme an Demonstrationen und Veranstaltungen“ OHNE den angeblich ausgeschlossenen Einsatz „nachrichtendienstlicher Mittel“ erhoben werden sollen, wird das Geheimnis der Erfinder solcher Beschwichtigungs-Formulierungen bleiben. Dass ein solcher Arbeitsauftrag für den Inlandgeheimdienst (mit Übertragung der Deutungshoheit) gegenüber Linken „wirkungslos“ bleiben soll, widerspricht allen Erfahrungen der letzten 50 Jahre. - Fernsehbericht (RBB aktuell 15.09.2022, 19:30) über die 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag. Flugblattverteilung von früheren Betroffenen vor dem Landtag - Zeitungsbericht in der jungen Welt vom 19.09.2022 - Rede der GRÜNEN-Abgeordneten Marie Schäffer

 

Unbeirrt vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – also umgesetztem EU-Recht – und der internationalen Verurteilung der Berufsverbote 1987 werden vor allem in Brandenburg Planungen vorangetrieben, um Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach bekanntem Muster wieder einer geheimdienstlichen „Regelanfrage“ zu unterziehen und dann auf der Grundlage reiner Prognosen – also ohne dass ein Fehlverhalten vorliegt – beruflich zu diskriminieren. Bemäntelt wurde das zunächst damit, dass man offensichtliche Neonazis, Holocaust-Leugner, Hassprediger usw. (was Straftatbestände sind) im Rahmen korrekt verlaufender Einstellungs- und Disziplinarverfahren vor allem aus dem Polizeidienst nicht fernhalten und loswerden könne und darum auf die Ergebnisse flächendeckender Bespitzelung durch den Inlandgeheimdienst angewiesen sei. Im Kleingedruckten war dann immer nur von „Extremisten“ (oder „Verfassungsfeinden“) die Rede. Was das sein soll, definiert natürlich der „Verfassungsschutz“ – hier am Beispiel Bayern. Neu hinzugekommen ist inzwischen der Kampfbegriff „Verfassungsskeptiker“, womit Regierungskritiker jeder Art gemeint sein können. Es wird ein Instrument angestrebt, diesen Personenkreis aus dem gesamten öffentlichen Dienst rauszuhalten. Die Anhörung am 30.11.2022 hat insofern die Dinge geklärt und alle Bemäntelungen des eigentlichen Anliegens beseitigt.

 

Gesetzentwurf Stand Mai 2022 - dazu: junge Welt 04.05.2022 - DGB-Stellungnahme - Kommentar von Matthias Schlenzka, Abteilungsleiter der Abteilung öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, in der Zeitschrift Personalrat 06/2022. Den damals bekannten aktuellen Stand der Planungen zur gesetzlichen Einführung des sogenannten „Verfassungstreue-Checks“ dokumentierte die junge Welt am 02.07.2022 („Deckmantel für Berufsverbote“) - Entschließung der DGB-Veranstaltung „Berufsverbote gestern, heute und morgen“ in Stuttgart am 06.07.2022 - Ralf Hohmann: Die Wiederkehr der Berufsverbote. unsere zeit 15.07.2022 - Martin Hornung: Woidkes »Lösung« für neue Regelanfrage. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident hofft auf Unterstützung der Gewerkschaften. junge Welt 19.07.2022 - Ein Beitrag von Igor Göldner in der Märkischen Allgemeinen vom 29.07.2022 erwähnt „Zweifel“ der an der Regierung beteiligten GRÜNEN an den CDU-Plänen, jedoch mit keinem Wort (mehr), dass diese sich angeblich gegen Rechts richten sollen. Auf der Zunge zergehen lassen darf man sich den zweiten Teil des Interviews mit der brandenburgischen Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) in den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 04.08.2022. Es geht unverblümt um die direkte Fortsetzung des „Radikalenerlasses von 1975 beziehungsweise dessen Landes-Umsetzungen, was nun juristisch wasserdicht in Gesetzesform gegossen werden soll. Gegen wen es geht, ist nicht nur historisch völlig klar (und gut erforscht) - natürlich gegen Linke und Antifaschist/inn/en - , sondern wird auch aktuell klargestellt: Von der Regelanfrage nach „Informationen des Verfassungsschutzes, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnen wurden“ sollten Richter und Staatsanwälte zunächst ausdrücklich ausgenommen sein. „In der Brandenburger Justiz hatten wir bisher nicht einen Fall, wo ein Richter oder Staatsanwalt wegen rechtsextremer oder verfassungsfeindlicher Gesinnung aufgefallen ist.“ Wozu also das Ganze?

 

Recherche der Redaktion berufsverbote.de: Der aktuelle Stand der Einbeziehung des „Verfassungsschutzes“ in Bewerbungsverfahren

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Stuttgart 26.10.2022: Kundgebung „Berufsverbot-Betroffene endlich rehabilitieren und entschädigen!“

In Sichtweite der Staatsoper und des Landtags von Baden-Württemberg: Kai Burmeister (DGB) - Foto: DGB

 

Am 26. Oktober 2022 fand in Stuttgart eine Kundgebung von 60 Personen statt unter dem Motto: „Berufsverbot-Betroffene verlangen Wiedergutmachung. Die Landesregierung kann sich nicht länger drücken!“. Redebeiträge wurden gehalten von Kai Burmeister (DGB-Landesvorsitzender Baden-Württemberg) und den Betroffenen Sigrid Altherr-König (Esslingen) und Martin Hornung (Heidelberg); ferner wurde ein Grußwort der Roten Hilfe verlesen. Tonaufzeichnung der Wort- und Musikbeiträge bei den Freien Radios – Flugblatt mit dem Aufruf - Pressemitteilung - „Land wertet immer noch aus Kontext Wochenzeitung 604, 26.10.2022 (Abdruck auf dem Portal seemoz.de mit einem ergänzenden Kommentare von Thomas Willauer und anderen) - Beitrag auf der Facebook-Seite des DGB - Bericht über die Kundgebung und ihr Anliegen im Deutschlandfunk, 27.10.2022 - Berichte in der jungen Welt 28.10.2022 und in der Rhein-Neckar-Zeitung 28.10.2022 - Bericht in Aktiver Ruhestand 01-2023 der GEW Baden-Württemberg - Über die SPD-Kritik an der „Verschleppungstaktik“ des Ministerpräsidenten berichten der Mannheimer Morgen vom 24.11.2022 (Text) und das Portal wirtschaft.com - Bericht über die Ereignisse und Aktivitäten im Kommunalinfo Mannheim vom 23.11.2022 - Bericht in der baden-württembergischen GEW-Zeitschrift b&w 12-2022 - Oliver Stenzel: „Warten auf Godot“: Kontext Wochenzeitung 28.12.2022, dazu auch ein Kommentar von Thomas Rothschild - Betroffene bitten Kretschmann um ein Gespräch: Brief vom 05.01.2023. Über den weiteren Gang der Ereignisse berichten wir hier.

 

Hintergrund war die am 17.01.2022 erstmals in ARD ausgestrahlte Dokumentation, in der Ministerpräsident Kretschmann sich auf das Heidelberger Forschungsprojekt bezogen hatte, dessen Ergebnisse dann am 25.05.2022 in Buchform erschienen. Bei der DGB-Veranstaltung in Stuttgart am 06.07.2022: „Berufsverbote gestern, heute und morgen“ war angemahnt worden, dass nun endlich Taten der Politik folgen müssen. Ein Antrag der SPD-Landtagsfraktion vom 27.01.2022 wurde in seiner letzten ergänzten Fassung am 29.09.2022 im Ständigen Ausschuss des Landtags mit den Stimmen der der Vertreter der GRÜNE/CDU-Regierungsfraktionen abgelehnt, und damit auch die Forderung, „1. sich bei den Betroffenen, denen in Verbindung mit dem sogenannten Radikalenerlass individuelles Unrecht widerfahren ist, in geeigneter Form zu entschuldigen; 2. das erlittene Unrecht jeweils finanziell angemessen zu kompensieren.“ - Ankündigung der Lesung aus dem Buch am 12.11.2022 im Waldheim Clara Zetkin in Stuttgart unter dem Motto „Und ist es Irrsinn auch, so hat(te) es doch Methode“ im Rahmen der Reihe 30 Tage im November. Vom Wert der MenschenRechte der AnStifter (Lesetext auf Anfrage)

Angereiste Betroffene in der Stuttgarter Königstraße auf dem Weg zum Schlossgarten (Foto: Dandl)

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Frankfurt 17.10.2022: Podiumsdiskussion „50 Jahre Radikalenbeschluss“

Der Club Voltaire Frankfurt und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen luden am 17. Oktober 2022 ein zu einer Veranstaltung „50 Jahre Radikalenbeschluss - Als der Staat rot sah“ mit den betroffenen Zeitzeuginnen Anne Kahn, Doris Fisch und der Hamburger Historikerin Alexandra Jaeger (Verfasserin mehrerer Bücher zum Thema, die auch auf dieser Website vorgestellt werden), die  mit dem früheren Redakteur der Frankfurter Rundschau Claus-Jürgen Göpfert diskutierten (siehe Foto unten).

Ankündigung in der Frankfurter Rundschau (Online-Ausgabe) 07.10.2022 mit Vorstellung der Beteiligten - Interview mit Alexandra Jaeger in der FR vom 17.10.2022 [wobei das Foto die Aktion auf dem GEW-Gewerkschaftstag 2017 in Freiburg zeigt, bei der der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann mit der Forderung nach Rehabilitierung der Betroffenen konfrontiert wurde] - Bericht in der jungen Welt 25.10.2022

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Hannover 12.10.2022: 50 Jahre „Radikalenerlass“ – die Jagd ist nicht vorbei

Audiomitschnitt der Veranstaltung mit Martina Dierßen (Rechtsanwältin, Leiterin der Rechtsabteilung und Justitiarin beim ver.di-Landesbezirk Niedersachsen/Bremen) und Sebastian Friedrich (Sozialwissenschaftler, Journalist, Fernseh- und Rundfunkautor)

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05.09.2022: Prof. Dr. Martin Kutscha verstorben

Prof. Dr. iur Martin Kutscha, der viele Berufsverbots-Betroffene juristisch mit Rat und Tat unterstützt hat, ist in der Nacht vom 04. auf 05. September 2022 an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben. Nachruf von Ewald Leppin

 

Als Mitglied des Bundesvorstands der Humanistischen Union hatte Martin Kutscha auf verschiedenen Veranstaltungen – so in Berlin am 10.04.2019 und in Stuttgart am 18.05.2019 – zu den Nachwirkungen des „Radikalenerlasses“ und zur 70jährigen Geschichte des Grundgesetzes referiert. Sein letzter öffentlicher Auftritt für unsere Sache war am 20.05.2022 im Schöneberger Rathaus von Berlin. Er war 1990-2013 Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin und wirkte am Institut für Weltanschauungsrecht in Oberwesel. Für berufsverbote.de stellte er uns den Beitrag „Neuauflage der Berufsverbotepraxis“ zur Verfügung: Mitte Februar 2019 berichteten die Medien, dass Bundesinnenminister Seehofer von seinem Hause prüfen lasse, ob die Mitgliedschaft von Beamten in „extremistischen“ Parteien mit deren Pflichten vereinbar ist. Auch wenn Seehofer beteuerte, diese Prüfung gelte „für Rechts- wie für Linksradikale“, dürfte dabei weniger der Schutz unserer Verfassungsordnung im Vordergrund gestanden haben als die Suche nach Möglichkeiten, den Einfluss der politischen Konkurrenzpartei AfD einzudämmen … weiterlesen …

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Berlin 27.08.2022: Berufsverbote auf dem uz-Pressefest

Das wegen Corona vorher mehrmals abgesagte traditionelle Pressefest der DKP-Wochenzeitung „unsere zeit“ fand am 27./28. August 2022 in Berlin auf dem Rosa-Luxemburg-Platz statt. Am Samstag 27.08.2022 diskutierten Arnold Schölzel, Lore Nareyek, Silvia Gingold und Lothar Letsche über 50 Jahre ‚Radikalenerlass’: Berufsverbote gestern, heute (und auch morgen?)“ (Ankündigung) . Im Kino Babylon wurde die Ausstellung „Vergessene Geschichte“ gezeigt.

 

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Neue Ausstellung und Schritte zur Aufarbeitung der Berufsverbote in West-Berlin

Mit Corona-bedingter Verspätung wurde im September 2022 die neue Ausstellung „Berufsverbote und politische Disziplinierung in West-Berlin“, erarbeitet von der AG Berufsverbote in der GEW Berlin, öffentlich gezeigt in der ver.di-MedienGalerie, Dudenstr. 10, 10965 Berlin (U-Bahnhof Platz der Luftbrücke). Ankündigung bei ver.di - Ausstellungsbroschüre zum Download – Bei der Eröffnung am 18.08.2022 wurde die Einführung von einer szenischen Lesung zu Einstellungsverhören in Berlin (West) begleitet. Eine weitere Veranstaltung zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen in den Gewerkschaften fand am 22.09.2022 statt.

 

„Ein wichtiger erster Schritt voran“, schrieb die GEW Berlin in einer Pressemitteilung zu dem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses vom 02.09.2021 (pdf), der sicherstellen soll, „dass die auf der Grundlage des Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 erteilten Berufsverbote und deren Folgen für die Betroffenen wissenschaftlich aufgearbeitet und die Ergebnisse in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht werden“ (worüber laut der zuletzt abgestimmten Fassung (pdf) bis zum 30.04.2022 dem Abgeordnetenhaus Bericht zu erstatten war).

 

Der Teil des Beschlusses, in dem festgestellt wird, „ dass viele der in West-Berlin vom Radikalenerlass Betroffenen persönliche und materielle Nachteile hinnehmen mussten und (ihnen) aus heutiger Sicht (das) Bedauern aus(spricht)“ enthält nicht die ursprünglich geforderte Entschuldigung mit der damit verbundenen Entschädigung in Einzelfällen. „Wohl auch vor dem Hintergrund der Rolle der eigenen Partei verhandelten die Vertreter der SPD den Antrag von Rehabilitierung und Entschuldigung herunter auf die Geste des ‚Bedauerns’“, meint dazu die junge Welt vom 03.09.2021. Der Beschluss fällt also zurück hinter entsprechende Landtagsbeschlüsse in Bremen und Niedersachsen – und ist doch mehr, als beispielsweise der Landtag von Baden-Württemberg bisher (und auch unter der „grün-roten“ Landesregierung 2011-2016) zustande brachte. - Bericht in Neues Deutschland vom 04.09.2021

 

Eine wichtige Rolle spielten im Vorfeld die GEW Berlin, ihr Vorsitzender und die am 17.04.2018 von ihrem Landesvorstand eingerichtete AG Berufsverbote, in der Betroffene mitarbeiten. Die parlamentarischen Weichen wurden durch eine am 23.09.2020 von dem LINKE-Abgeordneten Niklas Schrader eingebrachte Anfrage (pdf) gestellt. „Die … wissenschaftliche Aufarbeitung wird die GEW kritisch begleiten müssen“, sagt sie selbst, „denn, wie immer in der Wissenschaft, stellt sich gerade auch hier die Frage: Wer forscht mit welchem Erkenntnisinteresse?“

 

Der „Radikalenerlass“ vom 28.01.1972 war auch in Berlin (West) umgesetzt worden, das gegenüber und in der alten Bundesrepublik bis 1990 einen Sonderstatus hatte. „West-Berlin verfolgte einen besonders rigiden Kurs bei der Umsetzung des Radikalenerlasses“, wird in der Begründung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 02.09.2021 festgehalten.

 

Als die Ausstellung „Vergessene Geschichte“ 2019 an der Freien Universität Berlin gezeigt wurde, war sie ergänzt von drei Zusatztafeln zur Westberliner Situation und an der FU (wo sich eine antikommunistische sogenannte „Notgemeinschaft“ durch ausgedehntes Denunziantentum hervor tat, das 1700 als „linksextrem“ eingestufte Personen betraf – die heutige AfD hat das nur abgeguckt), sowie zu den „Fällen“ von Hans Apel (1939-1998), Rotraut Brentzel und Ursula Pfender (1950-2009).

 

Die Auseinandersetzung um „Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ war seinerzeit in der Berliner GEW besonders erbittert geführt worden. Zeitweise gab es in Westberlin sogar zwei GEW-Organisationen - eine im DGB und eine auf Betreiben der Bundes-GEW aus dem Dachverband ausgeschlossene. Die heutige Berliner GEW unterstützte schon vor 2018 bundesweite Aktivitäten in Berlin zur politischen Aufarbeitung des „Radikalenerlasses“ wie die hier dokumentierte Aktion am 01.06.2017.

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München 07.07.2022: „50 Jahre Radikalenerlass - 50 Jahre staatliche Repression“

Mitschnitt der Veranstaltung der junge Welt-Leserinitiative, DKP, SDAJ im Eine-Welt-Haus München mit Rechtsanwalt Hans E. Schmitt-Lermann (Rechtsanwalt), Arnold Schölzel (junge Welt), Kerem Schamberger und weiteren Betroffenen

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Stuttgart 06.07.2022: DGB-Veranstaltung „Berufsverbote gestern, heute und morgen“

Am 06.07.2022 gab es im Stuttgarter Gewerkschaftshaus eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung von DGB, ver.di und GEW anlässlich des 50. Jahrestags des „Radikalenerlasses“ . Ankündigung auf der DGB-WebsiteFlyer - Bericht in der Stuttgarter Zeitung 14.07.2022 Bericht in der GEW-Zeitschrift b&w 09-2022 (auf der GEW-Website) - - Bericht in der Zeitschrift Z. Marxistische Erneuerung 131 (Sept. 2022)

Zur Vorgeschichte der wegen Corona mehrmals verschobenen Veranstaltung gehört ein bemerkenswerter Beschluss der DGB-Landesbezirkskonferenz vom 29.01.2022 „Rehabilitation und Entschädigung für Betroffene des 'Radikalenerlasses' - für ein demokratie-orientiertes Berufsbeamtentum“ - ein Versuch, das Thema Verfassungstreuepflicht im öffentlichen Dienst auf den Punkt zu bringen, ohne einem Geheimdienst die Definitionsmacht über angebliche Extremisten zu geben.

Brief von DGB, ver.di und GEW an Ministerpräsident Kretschmann - dazu die Stuttgarter Zeitung am 02.07.2022 (Scan) - „Wir können warten“, Kontext Wochenzeitung 588, 06.07.2022 - Fotos auf der Facebook-Seite des DGB - Entschließung der Anwesenden zu den Planungen in Brandenburg - Bericht in der Stuttgarter Zeitung 14.07.2022 - Kommentar dazu auf der Website des GRÜNEN-Kreisverbands Böblingen - „Das Geheimnis der einst kommunistischen CDU-Frau“: Stuttgarter Zeitung 22.07.2022 - Das Kommunalinfo Mannheim vom 27.07.2022 dokumentiert das Nichtstun der Landesregierung und einen Antrag aus dem Heidelberger Gemeinderat -  An eine buchstäbliche „Leiche im Keller“ der in Baden-Württemberg versäumten Rehabilitierungen erinnert ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung vom 13.08.2022 - Offener Brief von Heidelberger Betroffenen, 07.09.2022 - „Weiteres Aussitzen ist nicht hinnehmbar“ Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 30.09.2022 (Text)  - Über die SPD-Kritik an der „Verschleppungstaktik“ des Ministerpräsidenten berichten der Mannheimer Morgen vom 24.11.2022 (Text) und das Portal wirtschaft.com - Bericht über die Ereignisse und Aktivitäten im Kommunalinfo Mannheim vom 23.11.2022 - Über den weiteren Gang der Ereignisse berichten wir hier

 

Vor dem WIlli-Bleicher-Haus in Stuttgart die Mitwirkenden: Dominik Feldmann (Politikwissenschaftler, Referent), Udo Lutz (SPD Stuttgart), Sigrid Altherr-König (betroffene Lehrerin), Peter Seimer (MdL, GRÜNE), Monika Stein (Vorsitzende der GEW Baden-Württemberg), Dominik Gaugler (DGB Baden-Württemberg) - Foto: DGB

 

Aus dem Ankündigungstext: Mit der Veranstaltung sollen die Schicksale der Betroffenen in den öffentlichen Fokus gerückt und über eine politische Rehabilitation diskutiert werden. Gleichzeitig gibt es auch heute immer wieder eine Debatte, ob es in ausgewählten Bereichen des öffentlichen Dienstes nicht doch wieder einer Art „Zugangsteuerung“ bedarf.

Vortrag: „Von der Regelanfrage bis zum Fragebogen. Gesinnungsprüfung zur Stärkung der Demokratie?!“ - Dominik Feldmann (M.Ed.). Mitautor von  „Wer ist denn hier der Verfassungsfeind?!“ (siehe unten). Im Anschluss: Diskussionsrunde - siehe Foto. Richtig spannend und gut besucht. Insbesondere der Grüne-Landtagsabgeordnete Peter Seimer war sehr beeindruckt über die vielen Informationen, die er so gar nicht kannte. Er versprach sie mitzunehmen in seine Fraktion und will sich für eine Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen einsetzen. Auch dass Betroffene bis heute vom Verfassungsschutz überwacht werden "geht gar nicht" so Peter Seimer. Nun sind wir gespannt, was kommt. Danke an DGB, GEW und ver. di für diese klasse Veranstaltung!“ (Werner Siebler)

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Neue Ausstellung „Radikalenbeschluss in Hamburg“

Von Hamburg gingen ab 1971 bundesweit die Berufsverbote aus, aber hier war auch ein Zentrum des Widerstands dagegen. Vom Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg in Auftrag gegeben, wurde vom 05.-07.07. und 11.-24.07.2022 in der Diele des Hamburger Rathauses (Rathausmarkt 1) die Ausstellung „Abgelehnt. Der Radikalenbeschluss von 1972 in Hamburg gezeigt.

Begleitbroschüre: Titel und Impressum - Vorwort und Einleitung - Teil I: Vorgeschichte - Teil II: Das Überprüfungsverfahren - Teil III: Einzelne Betroffene - Teil IV: Protest und Liberalisierung

Podiumsdiskussion zur Eröffnung (auf Youtube - Flyer - Es diskutierten: Joist Grolle (u.a. ehemaliger Hamburger Schulsenator), Hans-Peter de Lorent (ehemals Betroffener, Leitender Oberschulrat a. D.), Alexandra Jaeger (Kuratorin und Historikerin) und Jan Pörksen (Staatsrat, Chef der Senatskanzlei und des Personalamtes). Moderiert wurde die Diskussion von Eva Maria Schnurr (DER SPIEGEL). -  Presseerklärung der GEW Hamburg (05.07.2022)

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Nürnberg 08.06.2022: Politisch breite GEW-Podiumsdiskussion

Eine politisch breit aufgestellte Podiumsdiskussion (Präsenzveranstaltung) der GEW Nürnberg: Sebastian Brehm (MdB CSU), Verena Osgyan (MdL Bündnis90/GRÜNE), Victor Strogies (SPD Nürnberg), Elke Leo (Bündnis90/GRÜNE Nürnberg) und Manfred Schreiner (Ehrenvorsitzender des Nürnberger Lehrerinnen- und Lehrerverbands NLLV) diskutierten mit der bayerischen GEW-Landesvorsitzenden Martina Borgendale, dem Nürnberger GEW-Vorsitzenden Paul Arzten, Alexander Eglmaier (DGB Mittelfranken) und Betroffenen am Beispiel von Dr. Friedrich Sendelbeck. Dr. Marco Puschner von den Nürnberger Nachrichten hatte zuvor am 17.2.2022 einen Artikel sowie Kommentar in den NN veröffentlicht: Kein Generalverdacht, der Radikalenerlass darf sich nicht wiederholen. Stellungnahmen wurden verlesen vom Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) und dem früheren CSU-Landtagsabgeordneten Hermann Imhof. Leider verhindert waren Claudia Arabackyj (SPD Nürnberg) und Kathrin Flach-Gomez (Landessprecherin DIE LINKE). Material der GEW Nürnberg für den ursprünglich geplanten Veranstaltungstermin 19.02.2022 - Mitschnitt der Veranstaltung (Achtung: Dateigröße 12 GB)

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30.05.2022: Neuer Antrag im Deutschen Bundestag

Die Fraktion DIE LINKE hat einen neuen Antrag im Deutschen Bundestag eingebracht, der Entschädigung für die vom „Radikalenerlass“ Betroffenen fordert

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25.05.2022: Buch über das Heidelberger Forschungsprojekt erschienen


 Das Buch „Verfassungsfeinde im Land? Der ‚Radikalenerlass' von 1972 in der Geschichte Baden- Württembergs und der Bundesrepublik“ (Hg.: Edgar Wolfrum, Göttingen: Wallstein, 2022, ISBN 978-3-8353-5160-8) liegt jetzt vor (Verlagsankündigung). Es enthält die Ergebnisse des 2018-2021 am Zentrum für europäische Geschichts- und Kulturwissenschaften (ZEGK) des Historischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angesiedelten Forschungsprojekts‚Verfassungsfeinde’ im Land? Baden-Württemberg, '68 und der ‚Radikalenerlass’“.

 

Der Herausgeber und Projektleiter Prof. Dr. Edgar Wolfrum hatte sich vorab im SPIEGEL (pdf) und der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung (pdf) sowie Radio-Interviews in SWR2 Impuls 27.01.2022 (mp3) und „Kultur am Morgen“ von Bayern 2 am 28.01.2022 (von 10’25“ bis 18:53) Text) (pdf) zu den Ergebnissen geäußert.  Das Buch enthält ein Geleitwort der damaligen baden-württembergischen Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer. - (Informationsvorlage über das Forschungsprojekt für die städtischen Gremien der Stadt Heidelberg) - Referatstext der Veranstaltung an der Volkshochschuole Heudelberg am 03.02.2023

Die Initiativgruppe gegen Radikalenerlass und Berufsverbote Baden-Württemberg wandte sich aus Anlass des Erscheinens des Buches am 25.05.2022 an die Presse und zieht aus einer ersten Analyse des Inhalts (Kurzfassung in der jW vom 03.06.2022) den Schluss: „Durch die Ergebnisse des Forschungsprojekts wird die Berechtigung der Forderungen der Initiativgruppe eindrucksvoll bestätigt. Sie erwartet daher von der baden-württembergischen Landesregierung und dem Landtag, dass alle Betroffenen schnell vollumfänglich rehabilitiert und entschädigt werden.“ Am 26.06.2022 in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung besprach Heribert Prantl das Buch und die Haltung von Winfried Kretschmann, zu dessen Werdegang als Ministrant, Maoist, Ministerpräsident“ er sich bereits in der SZ am 17.01.2022 geäußert hatte. „Wer in der wissenschaftlichen Studie liest, der lernt, dass Baden-Württemberg eine Hochburg der Berufsverboterei war. Er lernt auch, dass die Maßnahmen im Zug des Radikalenerlasses kollektives Unrecht darstellen: Die sogenannten Verfassungstreue-Prognosen von damals, die sämtlichen Verfahren zugrunde lagen, verstießen gegen Kernnormen des internationalen Arbeitsrechts. Sie basierten nämlich meist nicht auf einem konkreten Fehlverhalten, sondern auf der allgemeinen Annahme, die betreffende Person werde sich aufgrund ihrer politischen Überzeugungen schon irgendwann schuldig machen. Ein Weiteres wurde mir bei der Lektüre der Studie und des Buches noch einmal klar: Dass die Berufsverbote in ihrer Umsetzung fast ausschließlich kritisch gerichtete Linke betrafen ... Die Studie illustriert das mit eindrucksvollen Beispielen. Wie zu hören ist, wehrt sich Ministerpräsident Kretschmann immer noch dagegen, sich heute im Namen des Staates bei den vom Berufsverbot Betroffenen zu entschuldigen - weil er sich doch nicht bei sich selbst entschuldigen könne. Das klingt knitzig-neckisch, überzeugt aber nicht. Winfried Kretschmann kann sich selbst ja ausnehmen, er hat es schließlich gut erwischt ...Die damals jungen Leute, die durch den Radikalenerlass und das Berufsverbot aus dem Gleis geworfen wurden - sie sind heute so zwischen fünfundsiebzig und achtzig Jahre alt. Soll, will die Politik auf eine biologische Lösung setzen? Das wäre eines Rechtsstaats nicht würdig.“

Auch auf dem Gewerkschaftstag der GEW am 23.06.2022 hatte der frühere Ressortchef Innenpolitik der SZ und ehemalige Richter ... eine Entschuldigung bei den Betroffenen und deren Rehabilitation sowie dort, wo es angesagt sei, auch eine finanzielle Entschädigung“ verlangt. Über den weiteren Fortgang dieser Bemühungen - insbesondere die DGB-Tagung am 06.07.2022 - informieren wir weiter oben auf dieser Website. Ausführlich berichteten auch die Stuttgarter Zeitung am 14.07.2022 und die GEW-Zeitschrift b&w 09-2022. Über das durch das Forschungsprojekt aufgedeckte „Geheimnis [einer] einst kommunistischen CDU-Frau“ berichtete dann die Stuttgarter Zeitung am 22.07.2022. Das Kommunalinfo Mannheim vom 27.07.2022 dokumentiert das Nichtstun der Landesregierung und einen Antrag aus dem Heidelberger Gemeinderat - An eine buchstäbliche „Leiche im Keller“ der in Baden-Württemberg versäumten Rehabilitierungen erinnert ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung vom 13.08.2022 - Offener Brief von Heidelberger Betroffenen, 07.09.2022 - Weiteres Aussitzen ist nicht hinnehmbar“ Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 30.09.2022 (Text) - Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 25.10.2022 (Der letzte Satz lässt vermuten, dass der Verfasser das genauso umfangreiche Buch und die darauf basierende Ausstellung von Alexandra Jaeger über die Berufsverbote im damals SPD-geführten Hamburg nicht zur Kenntnis genommen hat.) - „Land wertet immer noch aus Kontext Wochenzeitung 604, 26.10.2022 (Abdruck auf dem Portal seemoz.de mit einem ergänzenden Kommentare von Thomas Willauer und anderen) - Ankündigung der Lesung aus dem Buch am 12.11.2022 im Waldheim Clara Zetkin in Stuttgart unter dem Motto „Und ist es Irrsinn auch, so hat(te) es doch Methode“ im Rahmen der Reihe 30 Tage im November. Vom Wert der MenschenRechte der AnStifter (Lesetext auf Anfrage) - Über die SPD-Kritik an der „Verschleppungstaktik“ des Ministerpräsidenten berichten der Mannheimer Morgen vom 24.11.2022 (Text) und das Portal wirtschaft.com - Bericht über die Ereignisse und Aktivitäten im Kommunalinfo Mannheim vom 23.11.2022 - Oliver Stenzel: „Warten auf Godot“: Kontext Wochenzeitung 28.12.2022, dazu auch ein Kommentar von Thomas Rothschild - Betroffene bitten Kretschmann um ein Gespräch: Brief vom 05.01.2023 - Über den weiteren Gang der Ereignisse berichten wir hier - Über die teilweise ziemlich „unterirdische“ Diskussion, die im Ständigen Ausschuss des Landtags über das Forschungsprojekt und das Buch geführt wurde, informiert die Berichts-Drucksache 17/3532 auf den Seiten 7 bis 10.

 

Bereits am 28./29.09.2020 hatte die Heidelberger Forschungsgruppe die bundesweit angelegte Fachtagung „Innere Sicherheit, Kulturkampf, Demokratisierung?“ durchgeführt. Auf dem Wissenschaftsblog des Projekts wird darüber ausführlich berichtet. Der Betreiber von berufsverbote.de nahm teil, hielt einen Beitrag zu „Erwartungen an die Forschung aus der Sicht von Betroffenen“ und berichtete in der Zeitschrift „Z – Marxistische Erneuerung“ (Heft 124, S. 199-201) über die Tagung und andere aktuelle Forschungen zum Thema. Neben dem Wissenschaftsblog des Projekts ist auch der 2020 als Broschüre veröffentlichte Zwischenbericht weiterhin zugänglich.

 

Über das Zustandekommen dieses Forschungsvorhabens berichteten der Mannheimer Morgen und die Heilbronner Stimme am 22.12.2018, die Rhein-Neckar-Zeitung am 26.01.2019 (mit einem Interview mit Martin Hornung). Die Betroffenen erfuhren von der Existenz des ab 01.08.2018 laufenden Projekts zunächst nur indirekt durch eine Landtagsanfrage der SPD im November 2018, mit einem Schreiben aus dem Staatsministerium vom 24.12.2018 dann offiziell (mit dem eine Nachfrage vom 15.10.2018 beantwortet wurde). Wie der Heilbronner Stimme am 28.12.2018 zu entnehmen war, gaben GRÜNE und SPD sich gegenseitig die Schuld am Scheitern des baden-württembergischen „Runden Tischs“ von 2015. Auf einer eigenen Seite zeichnet berufsverbote.de die Entwicklung in Baden-Württemberg nach, die (bisher leider nur) in der Förderung dieses Forschungsprojekts durch das baden-württembergische Wissenschaftsministerium mündete.

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Berlin und Potsdam 17.-19.05.2022: 50 Jahre „Radikalenerlass“ – und kein neuer !!

Betroffene des sogenannten „Radikalenerlasses“ oder „Extremistenbeschlusses“, den Bundeskanzler Willy Brandt und die Ministerpräsidenten der damaligen Länder am 28. Januar 1972 in Bonn gefasst hatten, nahmen den 50. Jahrestag dieses Ereignisses zum Anlass für eine Aktionswoche vom 16. bis 20. Mai 2022: eine Konferenz und Veranstaltungen in Berlin, eine Mahnwache in Potsdam, Gespräche mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags und dem Innenministerium.

 

Einerseits geht es um die Aufarbeitung der Folgen, die der damalige Beschluss im Verantwortungsbereichs des Bundes und der Länder hatte – Stichwort „Berufsverbote“ und Beschädigung der Demokratie -, um die Rehabilitierung und Entschädigung der in den 1970er- und 1980er-Jahren Betroffenen.

Andererseits wird entschieden abgelehnt und mit großer Besorgnis wahrgenommen, dass in Brandenburg Innenminister Michael Stübgen (CDU) ein Gesetz ähnlicher Art durch den Landtag beschließen lassen will. Es soll ein sogenannter „Verfassungstreue-Check“ für den öffentlichen Dienst eingeführt werden, bestehend aus einer „Regelanfrage“ beim „Verfassungsschutz“, der – wie damals - die Deutungshoheit haben soll, was unter „Extremisten“ eigentlich zu verstehen sei.

 

Über die Veranstaltungen in Berlin, die Mahnwache vor dem Landtag in Potsdam und die Besuche im Innenministerium und im Deutschen Bundestag berichten wir auf einer eigenen Sonderseite. Auch in Facebook ist einiges zu finden. Hier nur wenige Links:

Pressemitteilung zu der Aktionswoche - Flyer zu Veranstaltungen der Initiative - Flyer zur Veranstaltung der VVN-BdA

Grußwort der Stellvertretenden Bundesvorsitzenden von ver.di Andrea Kocsis

Hauptvortrag von Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin (ehemalige Bundesjustizministerin, SPD)

Grußwort der Bundesvorsitzenden der GEW Maike Finnern

Heidelberger Süßholz, gesungen von Michael Csaszkóczy

Tanz mit der Duckmaus“ vor dem Landtag in Potsdam

Berichte in der jungen Welt vom 19.05.2022, 20.05.2022, 21.05.2022, Neues Deutschland 18.05.2022, unsere zeit 27.05.2022 - Antifa (VVN-BdA) Juli/August 2022

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Hier unterschreiben

Ich unterstütze den Aufruf
„50 Jahre Berufsverbote – Demokratische Grundrechte verteidigen!“

Es ist an der Zeit,

  • - den „Radikalenerlass“ generell und bundesweit offiziell aufzuheben,
  • - alle Betroffenen voll umfänglich zu rehabilitieren und zu entschädigen,
  • - die Folgen der Berufsverbote und ihre Auswirkungen auf die
      demokratische Kultur wissenschaftlich aufzuarbeiten

Ich bin mit der Veröffentlichung meiner Angaben einverstanden.

 
Veröffentlichung*
Was ist die Summe aus 3 und 9?
 

„Beenden Sie die Berufsverbotepolitik endlich offiziell!“

1972 - 2022: 50 Jahre Berufsverbote

 

Warum bekannte Persönlichkeiten diesen Aufruf unterstützen

 

Aufruf von Betroffenen des „Radikalenerlasses“ an die Politik:

„Beenden Sie die Berufsverbotepolitik endlich offiziell!“

Bundesweite Unterschriftensammlung in Vorbereitung des 50. Jahrestages im Januar 2022

Im Jahr 1969 versprach Bundeskanzler Willy Brandt: „Mehr Demokratie wagen“. Im Widerspruch dazu verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder unter Vorsitz von Willy Brandt am 28. Januar 1972 den „Extremistenbeschluss“ oder sogenannten Radikalenerlass.

 

In den folgenden Jahren wurden ca. 3,5 Millionen Bewerber*innen für Berufe im öffentlichen Dienst überprüft. Der Verfassungsschutz erhielt den Auftrag zu entscheiden, wer als „Radikaler“, als „Extremist“ oder als „Verfassungsfeind“ zu gelten hatte. Personen, die „nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten“, wurden aus dem öffentlichen Dienst entfernt oder gar nicht erst eingestellt.

 

Die Überprüfungen führten bundesweit zu etwa 11.000 Berufsverbotsverfahren, 2.200 Disziplinarverfahren, 1.256 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen. Betroffen waren Kommunist*innen, andere Linke bis hin zu SPD-nahen Studierendenverbänden, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA und Gewerkschafter*innen. In Bayern traf es auch Sozialdemokrat*innen und in der Friedensbewegung engagierte Menschen. Das schüchterte viele ein.

 

Mitglieder und Sympathisant*innen rechter Parteien und Gruppierungen wurden dagegen im öffentlichen Dienst geduldet und bei Bewerbungen fast nie abgelehnt. Um gegen nazistische Tendenzen vorzugehen, braucht es keinen neuen „Radikalenerlass“ oder „Extremistenbeschluss“, sondern die konsequente Umsetzung des Art. 139 GG und der §§ 86 und 130 StGB. Hiernach sind neonazistische Organisationen und die Verbreitung von Nazi-Gedankengut verboten.

 

Die Berufsverbote stehen im Widerspruch zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und den Kernnormen des internationalen Arbeitsrechts, wie die ILO seit 1987 feststellt. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte 1995 die Praxis der Berufsverbote.

 

 

Die nationale und internationale Solidaritätsbewegung, alle Menschen, die sich an diesem Kampf beteiligt haben, die Gewerkschaften und alle Initiativen gegen Berufsverbote haben sich um die Demokratie verdient gemacht. Ihre politische und materielle Unterstützung werden wir weiterhin brauchen. Es ist an der Zeit,

 * den „Radikalenerlass“ generell und bundesweit offiziell aufzuheben,
  * alle Betroffenen voll umfänglich zu rehabilitieren und zu entschädigen,
  * die Folgen der Berufsverbote und ihre Auswirkungen auf die demokratische
     Kultur wissenschaftlich aufzuarbeiten.

 

Aufruftext (mit Erstunterzeichnern) - Formular zum Ausdrucken und Unterschriften sammeln! (kann auch mit Angabe der Stückzahl gedruckt bestellt werden bei 50jahreradikalenerlass@posteo.de )


Aufruf und Anliegen finden Unterstützung

 

Eine weitere Petition von CAMPACT zu diesem Thema ist auch im Netz.


Dank an alle Spenderinnen und Spender !

Auf unseren Spendenkonten sind in jüngster Zeit - auch als Antwort auf Spendenaufrufe - zahlreiche größere und kleinere Beiträge eingegangen, sowohl für die politische Öffentlichkeitarbeit als auch zur Unterstützung von Betroffenen, die in prekären Bedingungen leben. Dafür bedanken wir uns bei den Spenderinnen und Spendern ganz herzlich! Leider können wir uns nicht bei allen mit einem Brief oder Anruf melden. Nur einige wenige kennt unser Kassenverwalter persönlich. Oft ist keine Adresse angegeben, und die Bank teilt die Kontonummer, von der die Spende kommt, in der Regel nicht mit. Nur bei "seltenen" Namen gelingt es uns manchmal, die Adresse und/oder Telefonnummer trotzdem herauszufinden. Aber viele stehen nicht im Telefonbuch. Der Dank kommt trotzdem von Herzen und die Unterstützung hilft uns sehr.

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Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu den Folgen des „Radikalenerlasses“

Wir vermitteln gerne Kontakte. Liste unserer Ansprechpartner/innen

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Veranstaltungen zu „50 Jahre Radikalenerlass“

Zu den Veranstaltungen in Nürnberg im Juni und in Berlin im Mai 2022 siehe oben und die entsprechende Sonderseite. Auch frühere Veranstaltungen bis April 2022 (viel weniger als ursprünglich geplant und wegen Corona meistens online) dokumentieren wir auf einer eigenen Sonderseite, ebenfalls das Medienecho zum 50. Jahrestag.

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Veröffentlichungen zum 50. Jahrestag des „Radikalenerlasses“

Im Folgenden nur einige besondere Highlights; eine weitaus umfangreichere Auflistung von uns bekannt gewordenen Veröffentlichungen findet sich auf einer eigenen Sonderseite.

 

Radikalenerlass und Berufsverbote - der Staat gegen Linke. Mit Silvia Gingold und Kerem Schamberger. Online-Interview auf Youtube, 30.07.2022

Berufsverbote aufarbeiten und entschädigen – Begleitbroschüre der GEW NRW und Flyer zur Ausstellung „Vergessene Geschichte“ im Landtag von Nordrhein-Westfalen

Michael Csaszkóczy: Im Räderwerk. Die gesetzlichen Grundlagen des Radikalenerlasses. Rote Hilfe 4-2021 und antifa Jan-Feb 2022

Heribert Prantl: Halali. Süddeutsche Zeitung 23./24.01.2021, Nachdruck für die Ausstellung „Vergessene Geschichte“ im Landtag von Nordrhein-Westfalen

Themenbeilage der taz vom 24.12.2021: Katharina Schikowski: Jagd auf Linke; Gernot Knödler: Rückkehr der Berufsverbote?; Fallschilderung von Hans-Peter de Lorent

Antifa-Spezial Berufsverbote Jan-Feb 2022 (Zeitschrift der VVN-BdA-Bundesorganisation) mit Beiträgen von Lothar Letsche und Michael Csaszkóczy, einer Aktendokumentation des Berufsverbots von Ilja Hausladen und einem Rückblick auf den Antifaschisten Wilhelm Hammann (1897-1955)

Lothar Letsche: 50 Jahre „Berufsverbote“. Tradition – Betroffenheit – Perspektive. Marxistische Blätter 1-2022

Dominik Rigoll: Unter Generalverdacht. DIE ZEIT 13.01.2022

Der Radikalenbeschluss wird 50. Themenseite der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Beiträgen von Zeithistoriker/inne/n

Presseerklärung des DGB-Baden-Württemberg (17.01.2022) - Der DGB Niedersachsen hatte 2014 für die Entschädigung der Betroffenen eine sogenannte Fonds-Lösung vorgeschlagen. - Die Entschließung der DGB-Landeskonferenz Baden-Württemberg am 29.01.2022 ist ein interessanter Versuch, zu der sattsam bekannten „Gewährbieteklausel“ eine gewerkschaftlich konsensfähige Alternative mit eindeutiger Stoßrichtung zu formulieren.

Schwerpunktthema „50 Jahre Radikalenerlass“ in DDS 01-02/2022 (Zeitschrift der GEW Bayern) (pdf). Auf der Berufsverbote-Seite der GEW Bayern sind zahlreiche ergänzende Ausarbeitungen und Materialien zum Thema zu finden.

Broschüre der SDAJ zu den Berufsverboten (pdf), vorgestellt u.a. auf dem uz-Blog vom 20.01.2022

Eine ganze Seite in der jungen Welt 22./23.01.2022 mit Beiträgen von Hans-Georg Hermann: u.a. Hinhalten, verurteilen, aussortieren: Verfolgung Andersdenkender in der BRD (pdf) und Die Zerstörung der Linken. 50 Jahre Berufsverbote (pdf)

Willi Winkler: Das große Schweigen der SPD. Wer vor 50 Jahren Beamter werden wollte, wurde ausgefragt, bespitzelt - aus Angst vor Linksextremen. Ein Gespräch mit Gabriele Sprigath. Süddeutsche Zeitung 24.01.2022 (Text) (Auf der direkt gegenüberliegenden Seite 2 ist ein Interview mit Bundeskanzler Olaf Scholz abgedruckt: „Ich wünsche mir die Mehrheit in jeder Hinsicht“.)

Herfried Münkler: Der Radikalenerlass von 1972 - Ausschluss ist immer ein Zeichen für getrübten politischen Instinkt. Neue Zürcher Zeitung 26.01.2022 (Möglicherweise verwechselt der Autor - im Blick auf heutige Überlegungen - den Europäischen Gerichtshof der EU in Luxemburg mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg

50 Jahre Berufsverbote - der Kampf geht weiter! Erklärung der DKP; Interviews mit Silvia Gingold (Hessen) und Michael Csaszkóczy (Baden-Württemberg) auf einer Doppelseite der uz vom 28.01.2022 (Foto von Bundespost- und Bundesbahn-Betroffenen auf der Doppelseite), außerdem in der gleichen Ausgabe ein Interview mit Matthias Wietzer (Niedersachsen) und ein Beitrag von Hans Bauer: Klassenjustiz im Osten. - Zu diesem Aspekt ein Leserbrief von Klaus Mausner in der uz vom 10.02.2022

ver.di Politik & Gesellschaft 28.01.2022: Radikalenerlass - Warten auf eine Entschuldigung. (Über Werner Siebler und die Pressekonferenz am 27.01.2022)

Yeni Hayat / Neues Leben (türkisch-deutsche Zeitung) 04.02.2022: 50 Jahre „Radikalenerlass“ (türkisch)Erfahrungen mit dem Radikalenerlass (Interview mit Werner Siebler und „Radikalenerlass in der Wissenschaft“ über Johannes Meyer-Ingwersen) (türkisch) (Scan der Zeitungsseite deutsch) (türkisch)

50 Jahre Radikalenerlass. Beilage der Tageszeitung junge Welt, 16. Februar 2022 (pdf)

 

Martin Hornung: Der Geist von 1972. Das Land Brandenburg plant einen »Verfassungstreuecheck« mit Regelanfrage  beim Inlandsgeheimdienst. Jetzt liegt ein überarbeiteter Gesetzentwurf vor. junge Welt 04.05.2022 (DGB-Stellungnahme zum Gesetzentwurf)

Sebastian Friedrich: Ein neuer Radikalenerlass? Rechtsradikale wie Björn Höcke will ein CDU-Minister vom Staatsdienst fernhalten. Nicht alle Linken finden das gut. Wochenzeitung FREITAG vom 24.02.2022.

Nach der Kinopremiere und Ausstrahlung des ARD-Films und der DGB-Presseerklärung (siehe oben) müssen in Stuttgart einige Telefone heiß gelaufen sein. Ein redaktioneller Beitrag von Armin Käfer 50 Jahre Radikalenerlass - Jagd auf unliebsame Staatsdiener war in der Online-Version der Stuttgarter Zeitung am 23.01.2022 zunächst flankiert von einem weiteren: „Beamte und die AfD. Verfassungsfeinde im Staatsdienst?“. Daraus wurde in der Printausgabe am 24.01.2022 ein Aufmacher „Staat will radikale Beamte loswerden“, ein „Tagesthema: Wie umgehen mit Verfassungsfeinden“ und auf Seite 3 ein Kommentar: „Extremisten können nicht Beamte sein. Für seriöse Staatsdiener wäre eine als verfassungsfeindlich etikettierte AfD keine Alternative mehr.“ – Da der baden-württembergische CDU-Innenminister Thomas Strobl ebenso zitiert wird wie „Experten beim Bundesamt für Verfassungsschutz“, darf man raten, woher die Terminologie stammt und welche parteipolitische „Alternative“ den angesprochenen „seriösen Staatsdienern“ wohl nahe gelegt werden soll. - Im Seite 1-Kommentar der Stuttgarter Zeitung vom 22.02.2022 „Gegen Rechte in der Richterrobe“ erwähnt der gleiche Journalist anlässlich des ins Richteramt zurückkehrenden AfD-Rechtsaußen Jens Maier „die Möglichkeit einer Richteranklage, worüber das Verfassungsgericht zu befinden hätte“, fordert dann aber doch, „Bewerber für dieses Amt vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen“. Natürlich wie immer (in der Überschrift) „gegen Extremisten“. Die kritischen Jura-Fachschaften an den Unis sollen die Botschaft schon verstehen, gell ...

Den Stand der Einschaltung des „Verfassungsschutzes“ bei Einstellungsverfahren – und entsprechender Bestrebungen – bei Bund und Ländern dokumentieren wir auf einer eigenen Sonderseite

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03.02.2022: Landtagsdebatte und (2 Jahre später abgeschmetterte) Petitionen an den Hessischen Landtag

NACHTRAG: Am 05.12.2023 beschloss der Hessische Landtag mit den Stimmen aller Parteien außer der LINKEN, fünf Petitionen mit der „Bitte um Rehabilitation und Entschädigung im Hinblick auf den sog. Radikalenerlass“ mit Verweis auf die Sach- und Rechtslage abschlägig zu bescheiden. Presseerklärung von Kasseler Betroffenen dazu

Der Petitionsweg steht nur dann offen, wenn ein „Rechtsweg“ nicht gegeben ist. Eine gesetzliche Regelung für die Rehabilitierung war im Februar 2022 abgelehnt worden mit dem Hinweis, individuelle Petitionen seien möglich. Deren Abweisung ist  nun „ein weiterer Schlag in das Gesicht der Betroffenen … Der unwürdige Umgang mit den Petitionen ist die Verlängerung dieses Unrechts“, wird in einer Presseerklärung der LINKE-Landtagsfraktion zutreffend festgestellt.

 

Am 03.02.2022 fand im Hessischen Landtag nicht die erste Diskussion über Folgen des „Radikalenerlasses“ statt, diesmal über zwei Entschließungsanträge der LINKEN und der SPD. Beide wurden abgelehnt. Bericht: Pitt von Bebenburg: Hessen: Debatte über „dunkles Kapitel“ Berufsverbote). Frankfurter Rundschau am 03.02.2022 (pdf).

Angesichts dessen, wie unbefriedigend und uninformiert bisherige Diskussionen des Hessischen Landtags zum Thema „Aufarbeitung des Radikalenerlasses“ verlaufen sind, haben Betroffene aus diesem Bundesland sich entschieden, sich auch mit individuellen Petitionen an den Landtag zu wenden. Darin schildern sie jeweils ihren eigenen „Fall“. Beispielhaft hier die Petitionen von Wolfgang ArteltSilvia GingoldDorothea HolleckHans Otto RößerGünther Waldeck. Petitions-Website des LandtagsFormular als pdfErläuterung als pdf

Bereits 2021 hatte Dorothea Holleck an den hessischen Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz (Wortlaut des Schreibens) und Silvia Gingold an den Ministerpräsidenten Volker Bouffier geschrieben (Wortlaut).

 

Website des Bündnisses berufsverbote-hessen.de unter Federführung der GEW

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17.01.2022: ARD-Sendung zu „50 Jahre Radikalenerlass“

IInterview mit dem Filmemacher Hermann G. Abmayr in Z - Zeitschrift Marxistische Erneuerung 132 (Dezember 2022)

Die in ARD ausgestrahlte 45minütige Dokumentation „Jagd auf Verfassungsfeinde - Der Radikalenerlass und seine Opfer“ von Hermann G. Abmayr kann in der ARD-Mediathek (Themenwelt Geschichte im Ersten) und zusammen mit dem Wortlaut des Kretschmann-Interviews auch beim Saarländischen Rundfunk abgerufen werden.

Weitere Einzelheiten dazu auf unserer Sonderseite zum Medienecho anlässlich des 50. Jahrestags des „Radikalenerlasses“

 

Ebenfalls in der ARD-Mediathek zu finden ist der nach dreimaliger Verschiebung am 05.05.2022 ausgestrahlte PANORAMA-Beitrag. Der Sendungsautors Sebastian Friedrich hatte sich zuvor in der Wochenzeitung FREITAG vom 24.02.2022 zu Wort gemeldet.

 

Einen größeren Film zu dem Thema hatte es bei den großen Fernsehanstalten zuletzt 2016 gegeben: „Geschichte Treffen. Gesinnung im Visier - der Radikalenerlass 1972“, ausgestrahlt am 22.10.2016 in ZDFinfo, jetzt noch in Youtube anzuschauen. Wie in dem Trailer zum Film ersichtlich, kommen hier als Betroffene Klaus Lipps, Silvia Gingold und Lothar Letsche sowie der Historiker Dominik Rigoll und der ehemalige bayerische Kultusminister Prof. Dr. Hans Maier zu Wort, der ebenfalls angefragte (aber zu keinem Interview bereite) Ministerpräsident Winfried Kretschmann dagegen nur mit Archivaufnahmen. Auf der Website der Filmemacher ein Ausschnitt aus dem Interview mit Silvia Gingold. Eine kurze, einfache und abstrakte Annäherung an das Thema bot am Tag darauf 23.10.2016 ein in der Reihe Karambolage (406) ausgestrahlter Cartoonfilm des in Strasbourg ansässigen deutsch-französischen Senders ARTE (aktuell in der Mediathek) (mp4) (pdf) (en français) (mp4) (pdf)

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07.01.2022: Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag

Bundestagsdrucksache 20/369 von der Fraktion DIE LINKE - mit vielen interessanten historischen Zitaten. Dazu kam am 20.01.2022 eine Antwort der Bundesregierung als Drucksache 20/453. Dazu ein Interview mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktion DIE LINKE Jan Korte in der jungen Welt vom 28.01.2022. (Die Bundesregierung ist im gesamten Bundesgebiet verantwortlich und rechenschaftspflichtig für die Einhaltung der international vereinbarten Kernnormen des Arbeitsrechts, der Menschenrechte und sonstiger völkerrechtlicher Verpflichtungen einschließlich des EU-Rechts, und außerdem unmittelbar verantwortlich für alle „Fälle“, die sich bei der Bundespost, Bundesbahn und anderen damaligen und heutigen Bundesbehörden zutrugen.)

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06.01.2022: „Verfassungsschutz“ setzt Bespitzelung und Verfolgung Werner Sieblers bis heute fort.

Kurz vor dem 50. Jahrestag des Radikalenerlasses stellt der Inlandsgeheimdienst ... klar, dass die Betroffenen weiterhin durch ihn verfolgt und bespitzelt werden.
Werner Siebler, DGB-Vorsitzender in Freiburg, hatte 1984 als Postbeamter Berufsverbot erhalten. Erst nach einer im November 1990 getroffenen Entscheidung des Freiburger Arbeitsgerichtes wurde er ab 1991 wieder von seinem früheren Dienstherrn beschäftigt. Seit Juli 2019 ist er im Ruhestand. Dennoch fährt der Inlandsgeheimdienst unbeirrt fort, Siebler geheimdienstlich zu überwachen, wie aus der Antwort auf ein Auskunftsersuchen hervorgeht. ...

Ein großer Teil der mitgeteilten „Erkenntnisse“ betrifft Sieblers gewerkschaftliches Engagement und seine Aktivitäten für die Aufarbeitung der Berufsverbote und die Rehabilitierung der Betroffenen. ...

Dass Siebler vorgeworfen wird, im September 2002 an einem „Bündnis gegen Rechts“, das sich gegen die NPD richtete und zu einer Demonstration gegen diese faschistische Partei aufrief, ist bezeichnend für den Verfassungsschutz. „Mit dabei bei dieser Demonstration waren auch Freiburgs damaliger OB Dieter Salomon und SC-Trainer Volker Finke sowie weitere 15.000 Freiburger Bürger:innen, da muss dann schon der VS seine schützende Hand über die Rechten halten“ empört sich Werner Siebler. ...

 

Das mit den Berufsverboten verbundene Unrecht gehört nicht der Vergangenheit an, sondern wird auch heute noch tagtäglich fortgesetzt. Ziel solcher Überwachungsmaßnahmen ist weniger die Einschüchterung der Bespitzelten selbst und ganz gewiss nicht der Schutz irgendwelcher „Verfassungswerte“. Erkennbar geht es um die politische Diffamierung der Betroffenen, die Verunsicherung und Abschreckung ihres Umfelds und die Ächtung und Isolierung missliebiger linker Positionen. ...

Vollständiger Wortlaut der Presseerklärung -- Antwort vom 30.11.2021 auf das Auskunftsersuchen Werner Sieblers - Bericht in der jungen Welt vom 08.01.2022 - Interview in Radio Dreyeckland

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11.12.2021: Klaus Lipps wurde 80 !

Glückwunschanzeige für den bisherigen Sprecher der Initiativen gegen die Berufsverbote in der jungen Welt (11.12.2021) - in der UZ (17.12.2021) - Gratulation der früheren langjährigen GEW-Landesvorsitzenden Doro Moritz in b&w (Zeitschrift der GEW Baden-Württemberg) Dez.2021

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26.11.2021: Ehemalige Berufsverbots-Betroffene sind entsetzt über Ampel-Koalitionsvereinbarung

Recherche der Redaktion berufsverbote.de: Der aktuelle Stand der Einbeziehung des „Verfassungsschutzes“ in Bewerbungsverfahren

 

Wir, Betroffene der Berufsverbotspolitik in der Folge des Radikalenerlasses von 1972, haben mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass im Koalitionsvertrag der neuen Ampelkoalition Passagen enthalten sind, die eine Wiederbelebung eben dieser Berufsverbotepolitik befürchten lassen.

So heißt es gleich zu Beginn des Koalitionspapiers wörtlich: „Um die Integrität des Öffentlichen Dienstes sicherzustellen, werden wir dafür sorgen, dass Verfassungsfeinde schneller als bisher aus dem Dienst entfernt werden können.“ Und später wird unter der Rubrik ‚Innere Sicherheit‘ präzisiert: „Die in anderen Bereichen bewährte Sicherheitsüberprüfung von Bewerberinnen und Bewerbern weiten wir aus und stärken so die Resilienz der Sicherheitsbehörden gegen demokratiefeindliche Einflüsse.“

Es wird ehrlicherweise nicht einmal der Versuch unternommen, diese Maßnahme mit den tatsächlich bedrohlichen rechten Unterwanderungsversuchen von Polizei und Bundeswehr zu begründen. Stattdessen werden in plumpster extremismustheoretischer Manier „Rechtsextremismus, Islamismus, Verschwörungsideologien und Linksextremismus“ gleichgesetzt.

Den Nachrichtendiensten – damit auch dem sogenannten „Verfassungsschutz“ spricht die neue Regierung allen rechten Skandalen zum Trotz ihr vollstes Vertrauen aus.

Aus eigener bitterer Erfahrung wissen wir, dass eine solche Politik allein den Rechten in die Hände spielt.

Im Februar 2022 jährt sich der unter Bundeskanzler Willy Brandt verabschiedete Radikalenerlass. Er hat nicht nur Tausende von Linken diffamiert, ausgegrenzt und ihre Lebensperspektiven zerstört, sondern vor allem die gerade erst im Wachsen begriffene demokratische Kultur dieses Landes schwer beschädigt. Rechte blieben von der damaligen Hexenjagd so gut wie vollständig verschont.

Wir sind fassungslos und schockiert, dass die neue Bundesregierung nicht nur weiter die Augen vor diesem jahrzehntelangen staatlichen Unrecht verschließt, sondern sich anschickt, dieselben Fehler zu wiederholen.

Wie damals wird der rechtlich völlig unbestimmte Begriff „Verfassungsfeind“ verwendet. Ausgerechnet der tief in die rechte Szene verstrickte Inlandsgeheimdienst soll vorschlagen dürfen, wer als „Verfassungsfeind“ angesehen und entsprechend behandelt werden soll. Dies kommt einem Suizid der Demokratie und des Rechtsstaates gleich.

Anlässlich des 50. Jahrestages des Radikalenerlasses fordern wir nicht nur die Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen, wir wenden uns auch entschieden dagegen, erneut die Prüfung politischer Gesinnungen anstatt konkreter Handlungen zur Einstellungsvoraussetzung im Öffentlichen Dienst zu machen. Grundgesetz und Strafrecht würden schon heute vollkommen ausreichen, rechte Netzwerke in Polizei, Militär und Justiz zu bekämpfen. Bedauerlicherweise wird davon nur sehr selten Gebrauch gemacht. Der Kampf gegen rechte Demokratiefeinde bleibt in erster Linie eine gesellschaftliche Aufgabe.

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Klaus Lipps für den Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte

 

Claudia Wangerin: Extremismus der Mitte von oben (mit Kommentaren) telepolis (heise) 27.11.2022 - Interview mit Werner Siebler in Radio Dreyeckland (Freiburg)

Bei der Vorsprache von drei Berufsverbots-Betroffenen im Bundesinnenministerium am 19.05.2022 lautete die Aussage, „dass es bei den Ankündigungen des Ampel-Koalitionsvertrages zur Bekämpfung von ‚Verfassungsfeinden’ ausschließlich um eine Verfahrens-Beschleunigung beim Disziplinarrecht bei manifesten Dienstvergehen gehen solle, nicht um die Reaktivierung der ‚Gewährbieteklausel’. Die ‚Regelanfrage’ werde auf Bundesebene nicht wiederbelebt. Eine politische Eignungsprognose über Menschen, die den Beamtenstatus anstreben, werde es allerdings weiterhin geben. Dafür müsse es aber Indizien geben, die aus tatsächlichen verfassungsfeindlichen Handlungen bestehen.“

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Heidelberg 28.10.2021: Kundgebung vor der Pädagogischen Hochschule

Unter dem Motto „50 Jahre Radikalenerlass – Unrecht aufarbeiten! Betroffene rehabilitieren“ fand am 28. Oktober 2021 vor der Alten Pädagogische Hochschule in Heidelberg eine Kundgebung statt. (Aufruf, Ankündigung und Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung, Bericht in der jungen Welt. Bericht im uz-Blog, Labournet, Beobachternews, Dokumentation bei den Freien Radios). Unterstützt wurde sie vom DGB, der VVN-BdA, Partei DIE LINKE, der SPD, den Jusos und der Grün-Alternativen Liste im Heidelberger Gemeinderat. (Die GRÜNEN hatten zuvor offiziell erklärt: „Wir sind als Organisation bei der Kundgebung nicht dabei.“) Es sprachen Martin Hornung (Audio der Eröffnung, Rede Teil 1, Rede Teil 2, Rede Teil 3) und Michael Csaszkóczy (Audio). Grußworte kamen von DGB/GEW (Audio), ver.di (Audio) und der IG Metall (Audio).

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Freiburg 20.09.-08.10.2021: „Verfassungsschutz“ – Fremdkörper in der Demokratie

Ausstellung und Veranstaltungsreihe – Flyer zum Download - Interview in Radio Dreyeckland (mp3 lokal) - Lesung mit dem Krimi-Autor Wolfgang Schorlau (04.10.2021) - Badische Zeitung vom 06.10.2021 über die Lesung - Video-Mitschnitt „Freiburg – Verfassungsschutzfreie Zone“ (05.10.2021) - Video-Mitschnitt „Antifaschismus im Visier des VS“ (06.10.2021)

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27.07.2021: Keine Justizposse - DKP darf kandidieren

19 aufregende Tage erlebte die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) im Juli 2021. Am 27. Juli wurde vom Bundesverfassungsgericht mit einer Pressemitteilung darüber informiert, dass fünf Tage zuvor unter dem Aktenzeichen 2 BvC 8/21 klargestellt wurde, dass die 1968 neu konstituierte DKP eine politische Partei im Sinne des Grundgesetzes und Parteiengesetzes ist und zur Bundestagswahl 2021 ebenso kandidieren kann wie zu allen früheren Wahlen.

 

Zuvor am 8. Juli hatte der amtierende Bundeswahlleiter Georg Thiel veranlasst – buchstäblich hinterrücks in Abstimmung mit der Bundestagsverwaltung, wie die Partei im nachhinein erfuhr -, dass der Bundeswahlausschuss mit 10:1 Stimmen der DKP die Parteieigenschaft absprach - mit der einzigen Gegenstimme des von den GRÜNEN entsandten Rechtsanwalts Hartmut Geil (Bericht und Hintergrund z.B. in jW 19.07.2021). Begründung: Dass die DKP ihre vorgeschriebenen Finanz-Rechenschaftsberichte 2014-17 verspätet und für 2018-19 noch gar nicht bei der Bundestagsverwaltung abgegeben habe, sei gleichbedeutend damit, dass sie sechs Jahre lang überhaupt keine solchen Berichte abgegeben habe. Und das führt laut § 2 Abs.2 des Parteiengesetzes zum Verlust der Parteieigenschaft. Ein Verbot einer politischen Partei kann allerdings nach Art. 21 des Grundgesetzes nur vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. Auch Entscheidungen des Bundeswahlausschusses können innerhalb einer sehr kurzen Frist bei diesem Gericht angefochten werden. Das tat die DKP erfolgreich. Erfreulicherweise zerlegte das Verfassungsgericht die abenteuerliche Rechtskonstruktion des Herrn Thiel (der laut Wikipedia schon in verschiedenen Funktionen – einschließlich „Verfassungsschutz“ – glücklos agiert hat) in sämtlichen Punkten. Und führte letztlich auch die hämischen Kommentare ad absurdum, dass die Partei doch „selbst schuld“ sei, wenn sie sich solche Blößen gebe.

 

Die DKP-Zeitung „unsere zeit“ beschäftigte sich am 16.Juli, 23. Juli, 30. Juli 2021 und einer Sonderausgabe ausführlich mit dieser Auseinandersetzung. Dort und im Internet-Blog der DKP können zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus dem In- und Ausland – und es gab sicher noch einige mehr – nachgelesen werden, ebenso ein DKP-internes Argumentationsmaterial mit Fragen und Antworten zu diesem Vorgang. In der uz-Ausgabe vom 6. August 2021 und einem Sonder-Podcast können weitere Hintergründe nachgelesen/nachgehört werden - auch wie z.B. versucht wurde, die rechzeitige Einreichung der Klage zu hintertreiben, und wie einige Mainstream-Medien die Vorgänge verfälschten. Und wie der Menschenrechtsanwalt H.-Eberhard Schultz erfolgreich die Sache juristisch durchkämpfte.

 

Wer in den 1970er, 1980er Jahren für die DKP kandidierte und im öffentlichen Dienst tätig war (wozu damals auch Bahn, Post, Krankenhäuser usw. gezählt wurden), musste regelmäßig mit einem Berufsverbot oder mindestens einer „Anhörung“ rechnen. „Zu viele Betroffene der Berufsverbotspolitik haben am eigenen Leib erlebt, was Angriffe auf die Verfassungsmäßigkeit und auf die ungehinderte, diskriminierungsfreie Kandidatur der Kommunistischen Partei praktisch bedeuten,“ erklärte am 14. Juli 2021 Klaus Lipps als Sprecher des Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte in einer Pressemitteilung, und darum hatte er „nachdrücklich gegen diese Willkürentscheidung des Bundeswahlleiters“ protestiert und die uneingeschränkte Zulassung der Kandidatur der DKP gefordert.

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Hannover 02./03.06.2021: Bundesweite Konferenz zur Vorbereitung des 50. Jahrestags

Gruppenbild mit Abstand in Zeiten von Corona

 

Als Auftakt referierte Dr. Rolf Gössner, Jurist und Publizist, Kuratoriumsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte, selbst betroffen von über 40jähriger Bespitzelung, über das Thema: „.Verfassungsschutz’ als Fremdkörper in der Demokratie? Geschichte, Praktiken und Skandale eines ideologischen Inlandsgeheimdienstes“. Im Dezember 2020 hatte das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz festgestellt, dass Gössners Beobachtung von Anfang an rechtswidrig und „in handgreiflicher Weise unangemessen“ war, so dass nun alle über ihn gesammelten Daten zu löschen sind.

Die Konferenz forderte (erneut) die Auflösung des Inlandsgeheimdienstes.

 

In einem Vortrag am 03.06.2021 wurde die Möglichkeit vorgestellt, ein sogenanntes Auskunftsersuchen zu stellen. Die Behörden sind dann verpflichtet, eine Zusammenfassung der gesammelten Daten an die beobachtete Person herauszugeben. Generator für Auskunftsersuchen

Als Beispiel zitiert wurde der langjährige Tübinger Stadtrat Gerhard Bialas, der wegen seiner KPD- und später DKP-Mitgliedschaft seit nunmehr 70 Jahren von Geheimdiensten beobachtet wird. Von ihm wurde sogar die Anwesenheit auf einer DGB-Maikundgebung und der Besuch einer Trauerfeier für einen verstorbenen Genossen erfasst. Weitere Beispiele zeigten auf, wie erschreckend niedrig die Schwelle ist, um als Linke/r als potentieller „Verfassungsfeind“ zu gelten.

 

Ein weiterer Konferenzschwerpunkt war, die vielfältigen, bereits angelaufenen Vorbereitungen für den 28. Januar 2022 - den 50. Jahrestag des „Radikalenerlasses“, zu koordinieren, zu ergänzen und Vereinbarungen für Aktionstage im Januar in Berlin zu treffen. Angestrebt wird u.a. eine zentrale Großveranstaltung mit Künstler/innen und prominenten Redner/innen.

 

Pressemitteilung - Ankündigung in der jungen Welt 21.05.2021 - Tondateien mit Auszügen aus der Diskussion

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Neues Buch über die Folgen des „Radikalenerlasses“ in Bremen

Während in Baden-Württemberg die Regierungsparteien sich hinter einer wissenschaftlichen Aufarbeitung verstecken, um nichts zu tun, lief es im Bundesland Bremen (zu dem auch das 60 km von der Stadt Bremen entfernte Bremerhaven gehört) genau umgekehrt.

 

im Februar 2021 erschien neu das Buch

Sigrid Dauks, Eva Schöck-Quinteros, Anna Stock-Mamzer (Hg.): Staatsschutz - Treuepflicht - Berufsverbot - (K)ein vergessenes Kapitel der westdeutschen Geschichte. Unter Mitarbeit der Studierenden des Projekts „Aus den Akten auf die Bühne“. Reihe „Aus den Akten auf die Bühne“ Band 12. Universität Bremen, Institut für Geschichtswissenschaft 2021. ISBN 978-3-88722-757-9 (lieferbar z.B. über die Universitätsbuchhandlung Bremen unibuch-bremen.de)

 

Der Band ging hervor aus einem Projekt szenischer Lesungen der Bremer Shakespeare Company, dessen Initiatorin, die Bremer Historikerin Dr. Eva Schöck-Quinteros 2019 vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 22. Mai 2019 im Rahmen einer Feierstunde unter dem Motto Demokratie ganz nah – 16 Ideen für ein gelebtes Grundgesetz: Matinee und Ordensverleihung“ zum 70. Jahrestag des Grundgesetzes das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekam. „Geehrt wurden damit aus den 16 Bundesländern Bürgerinnen und Bürger für ihr herausragendes Engagement in der politischen Bildung und bei der Vermittlung der Werte des Grundgesetzes.“

 

Bereits 2018 erschien online die Untersuchung

Jan-Hendrik Friedrichs: „Was verstehen Sie unter Klassenkampf?“ Wissensproduktion und Disziplinierung im Kontext des „Radikalenerlasses“ In: Sozial.Geschichte Online / Heft 24 / 2018 (pdf). DuEPublico Dokumenten- und Publikationsserver der Universität Duisburg-Essen, Dezember 2018.

 

Doch ab 2011 hatte bereits die Politik in Bremen gehandelt. Wir dokumentieren es auf einer eigenen Sonderseite.

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Hannover 15.10.2020: Bundesweite Beratung in Corona-Zeiten

 

 

„Trotz Pandemie und damit erschwerter Bedingungen trafen sich am Donnerstag 15. Oktober Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Initiativen zur Aufarbeitung der Berufsverbote aus der ganzen Bundesrepublik in Hannover. … Mit einem öffentlichen Aufruf soll den Forderungen der Betroffenen Nachdruck verliehen und um Unterstützung geworben werden. … Geplant werden für 2022, das 50. Jahr des „Radikalenerlasses“, bundesweit Aktionen, Ausstellungen, sowie Film- und Kulturveranstaltungen, die über die Berufsverbote und ihre Auswirkungen informieren und den … Forderungen Nachdruck verleihen.“

Vollständige Pressemitteilung: „Der 50. Jahrestag des Radikalenerlasses steht bevor – die Zeit ist reif, mehr Demokratie zu wagen!“ - Online-Zeitung scharf-links 23.10.2020 (pdf) - Stadtteilzeitung Lindenspiegel 11-2020 (Hannover-Linden)

Erweiterte Fassung in der niedersächsischen Ausgabe der GEW-Zeitschrift "Erziehung und Wissenschaft", November 2020

Gruppenfoto (Das historische Plakat zeigt die damals in Hamburg vom Berufsverbot betroffene Lehrerin Margrit Mathwig - siehe: Alexandra Jaeger, Auf der Suche nach "Verfassungsfeinden", Göttingen 2019, S. 265)

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Solidarität mit Michael Csaszkóczy gegen versuchte Kriminalisierung

Die bedrohliche Justizposse, mit der die AfD Michael Csaszkóczy wegen eines angeblichen „Hausfriedensbruchs“ verurteilt und als Straftäter abgestempelt sehen wollte, wurde im Februar 2021 nach vier Jahren endgültig eingestellt. (Presseerklärung - Rhein-Neckar-Zeitung 25.02.2021 - Mannheimer Morgen 26.02.2021 - Neues Deutschland 01.03.2021 (pdf) - Bericht bei beobachternews.de - Beitrag des Bundesvorstands der Roten Hilfe - Bericht der Ortsgruppe Heidelberg der Roten Hilfe - Dossier von labournet.de) Zuletzt war der für 10.02.2021 anberaumte Berufungsprozesses vor dem Landgericht Heidelberg ein weiteres Mal auf unbestimmte Zeit vertagt worden. (Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 05.02.2021 - Scan mit Kommentar der Zeitung - Mannheimer Morgen 09.02.2021)

Micha war 2017 zunächst unter höchst merkwürdigen Begleitumständen vom Amtsgericht Heidelberg zu 1.600 Euro Geldstrafe wegen angeblichen „Hausfriedensbruch“ verurteilt worden. Die Vorgeschichte und die damaligen Reaktionen haben wir auf einer eigenen Sonderseite dokumentiert.

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Freiburg 18.06.2020: Diesen „Verfassungsschutz“ muss man abschaffen!

„Dass in den baden-württembergischen ‚Verfassungsschutz’-Berichten seit Jahren versucht wird, eine Bedrohung der Demokratie von rechts wie von links gleichzusetzen, sind wir ja schon gewohnt, doch der neueste Bericht übertrifft das bisher Dagewesene und lässt nur noch einen Schluss zu: Dieser ‚Verfassungsschutz’ muss abgeschafft werden!“ … Da legt [die] Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz, einen Bericht vor, in dem sie Freiburg zum Hort linksextremistischer Gewalt erklärt. … Dieser Dienst [hat] durch eine nicht endende Serie von Pannen und Fehleinschätzungen hinsichtlich der Gefährlichkeit rechtsextremer Gewalttäter erhebliche Mitverantwortung am Erstarken des Rechtsradikalismus in der BRD hat. Letztes Beispiel sind die Umstände der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke (siehe zum Beispiel FAZ 11.06.2020pdf). … Es geht dem VS nicht um die 198 Menschen, die seit 1990 von Rechtsextremen umgebracht wurden … Uns überrascht nicht, dass Frau Bube keinen Grund sieht, die AfD zu überwachen - wollte sie doch selbst vor zwei Jahren noch bei der Heilbronner AfD als Referentin auftreten. (Heilbronner Stimme 21.11.2018pdf)  Erst aufgrund von öffentlichem Druck hatte sie die geplante Veranstaltung damals abgesagt. Unsere Erfahrung als ehemalige Berufsverbotsbetroffene seit 1972 ist, dass mit den sogenannten „Erkenntnissen“ des „Verfassungsschutzes“ unzählige Existenzen junger Menschen, die ihre demokratischen Rechte wahrgenommen hatten, vernichtet wurden. … Bis heute fürchten junge Menschen, die aktiv gegen Nazis auftreten, in den Akten des VS landen. Es wird höchste Zeit, dass diesem Treiben ein Ende gesetzt wird.

Wortlaut der Presseerklärung - Interview mit Werner Siebler in Radio Dreyeckland 19.06.2020 (pdf)

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Die Betroffenen lehnen auch weiterhin jede Art von neuem „Radikalenerlass“ ab

Gegenwärtig wird von den Innenministern des Bundes und der Länder laut über die Einführung eines neuen Radikalenerlasses nachgedacht, der den Einfluss des rechten Flügels der AfD, namentlich Höckes und seiner Anhänger, begrenzen soll. Zu einem entsprechenden Vorschlag, über den in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 31.05.2020 berichtet wurde (pdf), hat der Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte am 10.06.2020 eine ausführliche Presseerklärung veröffentlicht.

 

In den Gedankenspielen stehen zum Beispiel Sätze wie diese: „Die politische Treuepflicht ist in der Regel verletzt, wenn ein Beamter öffentlich seine Zugehörigkeit zu einer als verfassungsfeindlich eingestuften Partei oder Vereinigung bekundet.“

 

Kurz gesagt: Wir halten von solchen Vorstößen überhaupt nichts! Aus gegebenem Anlass haben wir uns dazu schon im Oktober 2019 klar positioniert (siehe unten): „Wir sind gebrannte Kinder: Wir haben nach 1972 erfahren, dass und wie solche Maßnahmen, die sich angeblich gegen rechts und links richten, sehr bald und dann fast ausschließlich gegen linke Kritiker der herrschenden Verhältnisse angewandt werden.... Die bloße Mitgliedschaft in einer Gruppe oder Organisation oder einer nicht verbotenen Partei kann kein Berufsverbot begründen..“

 

Vor allem ist es für uns unter keinem Gesichtspunkt diskutabel, ausgerechnet dem „Verfassungsschutz“ die Deutungshoheit zu überlassen, was „Verfassungsfeinde“ sein sollen. Dieser Geheimdienst ist „Teil des Problems, aber nicht der Lösung. Das zeigt sich u.a. darin, dass sein Feindbild weitgehend deckungsgleich ist mit dem der AfD, was sich am Beispiel zahlreicher parlamentarischer ‚Anfragen’ dieser Partei mühelos entnehmen lässt.“ 

 

Ausdrückllich abgelehnt wird ein neuer „Radikalenerlass“ für die AfD übrigens auch von dem früheren Bundeskanzler und SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder, wie das Portal News4Teachers am 05.01.2020 berichtete (pdf). Schröder hatte früher als Rechtsanwalt verschiedene Berufsverbots-Betroffene vertreten. 1990, kurz nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident Niedersachsens, war diese Praxis in diesem Bundesland beendet worden. Auch die (damalige) SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt stellte in einem Gespräch mit Betroffenen (und einem Anwalt, der seinerzeit viele Betroffene vertreten hat) klar: Ein Telefoninterview mit ihr war von der „Frankfurter Allgemeinen“ falsch wiedergegeben worden: „Es soll keinen neuen Radikalenerlass geben.“

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Corona-Notstandsmodus – Worum geht es wirklich?

Monatelang fand man kaum aktuelle Termine auf unserer Website, weil wegen COVID-19 sehr vieles abgesagt bzw. auf unbekannte Zeit verschoben werden musste: Tagungen, Ausstellungs-Veranstaltungen, Ostermärsche, Kongresse,  Maidemonstrationen und Kundgebungen der Gewerkschaften, das UZ-Pressefest  ... Sitzungstermine überschaubarer Gremien fanden meist als Video- oder Telefonkonferenzen statt. Auch alle intern mitgeteilten Terminplanungen standen unter dem Vorbehalt der Durchführbarkeit.

 

Aktuelle und seriöse medizinische Informationen und Empfehlungen stellt das Robert-Koch-Institut und (teilweise in englischer Sprache) die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereit. Nur auf fünf Dokumente wollen wir hier besonders hinweisen. Erstens den hochinformativen Gastkommentar des schweizerischen Arztes Prof. Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt in der in Düdingen (Kanton Freiburg/CH) online herausgegebenen Mittelländischen Zeitung vom 07.04.2020. Zweitens die in dem Beitrag erwähnte Bundestagsdrucksache 17/12051 vom 03.01.2013 „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“. Wer Desinfektionsmittel und Gesichtsmasken nicht verfügbar gehalten, die Krankenhausversorgung einer Profitlogik unterworfen, immer weiter privatisiert und kaputtgespart hat, kann sich nicht darauf berufen, von dieser Epidemie sozusagen kalt erwischt worden zu sein. Drittens ein Papier aus dem Bundesinnenministerium „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“ (von Anfang Mai 2020). Der „Worst case“ (schlimmste Fall) wird hier als sehr realistische Gefahr von tendenziell systemsprengender Bedeutung gezeichnet, die unbedingt abgewendet werden müsse, vor deren Unterschätzung drastisch gewarnt wird. Viertens ist lesenswert als Kontrastprogramm zu so manchem, was von bestimmten Politikern und in „sozialen Medien“ von sich gegeben wird, die am 19. Februar 2020 (!) in der internationalen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet online veröffentlichte „Unterstützungserklärung für die Wissenschaftler/innen, Mitarbeiter/innen des Gesundheitswesens und Mediziner/innen Chinas“ (deutsche Übersetzung) und ihre eindrucksvolle Unterzeichnerliste. Fünftens schließlich eine von dem Medienwissenschaftler Prof. Dr. Günter Giesenfeld für den Vietnam Kurier 1/2020 erstellte Übersicht über die in Vietnam im 1. Halbjahr 2020 getroffenen Maßnahmen, die dafür sorgten, dass es in diesem Nachbarland Chinas (96 Mio Einwohner) in diesem Zeitraum nur 353 Infektionen und 2 Todesfälle gab - in Parallele zu dem gleichzeitigen Geschehen in Deutschland (83 Mio Einwohner). Stand Ende Oktober 2020 in Vietnam: 1140 Infektionen, 35 Todesfälle. Warum wohl erfährt man darüber nichts in der sonstigen hiesigen Medienberichterstattung?

 

Sehr aufmerksam verfolgen wir als Betroffene der Berufsverbotspolitik, wie im Windschatten vorgeblicher Pandemie-Bekämpfung ein Abbau demokratischer Rechte vorangetrieben wird. Wenn 15 Teilnehmer/innen eines Osterspaziergangs in Tübingen, die in großem Abstand Friedenstransparente trugen, von der Polizei notiert und ihnen hinterher ein „Verbotsirrtum“ bescheinigt wurde (Schwäbisches Tagblatt 18.04.2020), heißt das ja wohl: die entsprechende Verordnung Baden-Württembergs war von Anfang an so konzipiert, dass jede politische Meinungsbekundung „verboten“ sein sollte. Oder doch nicht jede? Man braucht keinerlei Fantasie, um sich auszumalen, wie in Sachsen mit Antifaschisten umgegangen worden wäre, falls sie sich einer genehmigten (!) „Pegida“-Zusammenrottung  in Dresden, ausgerechnet und durchschaubar an „Führers" Geburtstag durchgeführt, spontan entgegenstellt haben sollten (junge Welt 23.04.2020).

Das waren zwei zufällig heraus gegriffene aktuelle Beispiele. Peter Ullrich vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) erkennt ein ähnliches Problem und meint in einem Beitrag für das Nachrichtenportal watson: „Die Leugnung der Pandemie hat ja etwas von Weltflucht, ist extrem unsolidarisch und egoistisch. Dabei gibt es ja durchaus Anlass zur Sorge: Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit beispielsweise ist anfangs sehr autoritär eingeschränkt worden. [...] Vor allem kleine linke Demonstrationen für die Aufnahme von Geflüchteten, mit wenigen Leuten und großem Abstand, hatten teilweise mit massiven Polizeireaktionen umzugehen. Allerdings können die sogenannten ‚Hygiene-Demos’ ganz offensichtlich stattfinden, obwohl sie alle Standards der aktuellen Pandemie-Situation unterlaufen. Es ist schon fast bizarr - schließlich fühlt sich die Bewegung [gemeint sind die ‚Hygiene-Demos’] ja eher unterdrückt, obwohl man sie weitgehend gewähren lässt.“ Ausgemacht hat der Soziologe in der „bunten Mischung“ der dort Vertretenen „Impfgegner ..., alle möglichen Schattierungen von Verschwörungstheoretikern“ und „auffällig viele Akteure aus dem rechten Spektrum“, deren Losungen und Symbole aber geduldet würden. Es dominiere „eine diffuse, teils ideologisch ungefestigte, aber im Grundsatz rechtspopulistische Weltsicht.“ Es seien „eigentlich so gut wie keine organisierten Linken bei diesen Protesten zu erkennen“ – was den Inlandsgeheimdienst (der zu seinem „operativen Handeln“ in diesem Zusammenhang natürlich „wie üblich keine Auskunft“ gibt) auch hier nicht hindert, von „Extremisten“ zu faseln ...

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Hamburg 19.01.2020: Abschied von Rechtsanwalt Klaus Dammann

In vielen Dokumenten, die auf dieser Website verlinkt sind und zitiert werden, findet man den Namen des Hamburger Rechtsanwalts Klaus Dammann. Im Januar 2020 ist er im Alter von 73 Jahren gestorben. Gewissermaßen sein Vermächtnis ist der mehrfach veröffentlichte Beitrag „Berufsverbote und Europäische Menschenrechtskonvention“, den er 2018/19 auch als Vortragstext verwendete. Bei seiner Beisetzung am 19.01.2020 sagte Dorothea Vogt, vielen anderen Berufsverbotsbetroffenen auch aus dem Herzen sprechend:

„Du hast uns Betroffene stabilisiert, gestärkt, mitunter auch qualifiziert, uns zum aufrechten Gang über die lange, zermürbende Zeit der Verfahren ermutigt. Als unser Anwalt niemals nur Dienstleister, warst du zuvorderst unser Mitstreiter und Freund, aus einer gemeinsamen Haltung heraus, mit der wir mit dir aus Faschismus und Krieg, aus den politischen Fehlentwicklungen der 50er/60er Jahre lernend für eine gerechtere Welt stritten. ...

Wir, die von Berufsverbot Betroffenen, die Streiterinnen und Streiter für Demokratie und Menschenrechte sagen dir DANKE. Wir hätten dich noch lange gebraucht und werden dich sehr vermissen. ...“ Vollständiger Text

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Stuttgart 10.12.2019: Kundgebung zum Tag der Menschenrechte

Am 10. Dezember wird weltweit der Internationale Tag der Menschenrechte begangen.
Aus diesem Anlass versammelten sich - wie schon in den vergangenen Jahren - Betroffene und Unterstützer/innen aus Baden-Württemberg ein zu einer Kundgebung auf den Stuttgarter Schlossplatz (vor dem zeitweiligen Sitz des Landtags in der Umbauphase). Sie stand unter dem Motto Menschenrechte wahren! Meinungsfreiheit stärken!  Berufsverbote: Schlussstrich ziehen -  Betroffene rehabilitieren und entschädigen!

 

Einen kurzen Bericht brachte der Fernsehkanal Regio TV (mp4).

 

Redebeiträge hielten der in einem Kindergarten tätige junge Antifaschist Jens aus Stuttgart (siehe unten), der ver.di-Landesbezirksleiter Martin Gross, die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz und der in Heidelberg betroffene Lehrer Michael Csaszkóczy, der auch drei zum Thema passende Lieder vortrug. Inhaltlich ergänzt wurden sie durch die in verschiedenen Kanälen des SWR ausgestrahlten Beiträge über und mit Erhard Jöst (mp3) und Sigrid Altherr-König (mp3), in denen auf die Kundgebung und die Forderungen der Betroffenen Bezug genommen und hingewiesen wurde.

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„Disziplinarrechtliche Konsequenzen“ bei „extremistischen Bestrebungen“?

Aus aktuellem Anlass übergab am 30.10.2019 Klaus Lipps als Sprecher der „Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass“ und des „Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte“ die folgende Erklärung der Presse: (pdf) - Interview in Radio Dreyeckland (Freiburg) 01.11.2019 (mp3)

 

Zurzeit wird viel darüber gesprochen und gestritten, ob ein neuer „Radikalenerlass“ eingeführt werden soll - nämlich gegen Rechte. Einen entsprechenden Beschluss haben die Innenminister und Innensenatoren am 18. Oktober 2019 gefasst. Offiziell gemeint sind hier wohl vor allem Mitglieder des sog. „Flügels“ der AfD, also der Gruppierung um den thüringischen AfD-Vorsitzenden Höcke.

Wir Betroffene des sog. „Radikalenerlasses“ vom 28. Januar 1972 lehnen solche Vorstöße ab, und zwar aus ganz konkreter persönlicher und politischer Erfahrung.
Wir sind gebrannte Kinder: Wir haben nach 1972 erfahren, dass und wie solche Maßnahmen, die sich angeblich gegen rechts und links richten, sehr bald und dann fast ausschließlich gegen linke Kritiker der herrschenden Verhältnisse angewandt werden.

Heute soll – so die Innenminister - geprüft werden, „inwiefern bei extremistischen Bestrebungen disziplinarrechtliche Konsequenzen bis zur Entziehung des Beamtenstatus ermöglicht werden können“.

Wie vor Jahren von „Radikalen“, so sprechen die Minister heute ganz allgemein von „Extremisten“, statt von Nazis. Seit Jahren werden junge Antifaschist*innen dafür kriminalisiert, dass sie gegen Nazis auf die Straße gehen. Nach unseren Erfahrungen halten wir es für möglich, dass mit den „extremistischen Bestrebungen“ genau sie gemeint sind. Und dass mit den angedrohten „Konsequenzen bis zur Entziehung des Beamtenstatus“ genau ihnen der Zugang zum Beispiel zum Lehrerberuf erneut verbaut werden soll, wie schon in den Jahren nach dem „Radikalenerlass“ von 1972.

Wir sind der Auffassung, dass jemand aus dem Öffentlichen Dienst dann entlassen werden kann (und soll), wenn er sich schwerwiegender konkreter Vergehen gegen seine Dienstpflichten schuldig gemacht hat. Die bloße Mitgliedschaft in einer Gruppe oder Organisation oder einer nicht verbotenen Partei darf kein Berufsverbot begründen. Die Dienstherren müssen sich schon die Mühe machen (und dies schleunigst!), dem/der Betreffenden konkrete Verfehlungen nachzuweisen.

Wir denken, dass die etablierten Parteien, die staatlichen Institutionen und auch die Justiz alle Möglichkeiten hatten und haben, politisch und rechtlich gegen Organisationen und Personen vorzugehen, die ganz offensichtlich und öffentlich grundgesetzwidrig und faschistoid agieren. Aber das wurde bisher nicht getan. Leute wie Höcke wurden lange Zeit bedauerlicherweise auch von einem Teil der Medien bekannt und hoffähig gemacht. Eine ernsthafte inhaltliche und politische Auseinandersetzung mit ihnen fand und findet bislang kaum statt.

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11.10.-10.11.2019: Freiburg (Breisgau) - eine Hochburg der Berufsverbote

Von einem umfangreichen und teilweise recht hochkarätigen Begleitprogramm unterschiedlicher Veranstalter flankiert war die Ausstellung „Vergessene Geschichte“, die vom 11. Oktober bis 10. November 2019 im Kommunalen Kino Freiburg (Urachstr. 40) gezeigt wurde. (Flyer zum Ausdrucken) (Interview in Radio Dreyeckland 11.10.2019

Es waren die fast vergessenen Schicksale von Betroffenen des „Radikalenerlasses“, die im Zentrum dieser Veranstaltungsreihe im Kommunalen Kino standen.

 

Freitag 11.10.2019, 19 Uhr: Vernissage mit Michael Csaszkóczy (siehe Foto) – Bericht in der Badischen Zeitung 15.10.2019 (Hinweis aus gegebenem Anlass: Es ist nicht zutreffend, dass in der Veranstaltung ein „Radikalenerlass gegen rechts“  gefordert wurde. Die Redaktion der Zeitung wurde zu einer entsprechenden  Berichtigung aufgefordert.) - Bericht im Regionalradio SWRInterview von Radio Dreyeckland mit Michael 15.10.2019 (mp3)

Freitag 18.10.2019 19 Uhr (Galerie): „Berufliche Repression heute“ (Bericht des Veranstalters: 50 junge Leute und ungefähr 10 ältere, gut vorbereitete Podiumsdiskussion von 3 Betroffenen, wobei der Erzieher Jens aus Stuttgart [siehe unten] sicher der spektakulärste Fall war und die größte Rolle spielte. Zitat aus dem Gästebuch: „Großartige Ausstellung! Mehr Menschen sollen von diesem Kapitel der deutschen Geschichte mehr wissen. Wurden alle Freiburger Oberschulklassen eingeladen?“)

Montag 21.10.2019 19:30 Uhr: Filmvorführung „Die verlorene Utopie“ über drei Betroffene aus Freiburg (82 Min., 2013) in Anwesenheit der Filmemacher Bodo Kaiser und Siggi Held

Freitag 25.10.2019. 19:30 Uhr Filmvorführung „Als der Staat rot sah“ in Anwesenheit des Filmemachers Hermann G. Abmayr

Mittwoch 30.10.2019, 19 Uhr (Galerie): „Bespitzelung und Denunziation – alte Methoden neu aufgelegt“ (über die Online-Plattform der AfD zur Denunziation von Lehrer/inne/n)

Sonntag 03.11.2019, 11 Uhr (Galerie): „Berufsverbote – ein Schaden für die Demokratie?“ Podiumsdiskussion mit Gernot Erler (MdB SPD, Staatsminister a.D.), Alexander Schoch, (MdL Bündnis 90/GRÜNE), Tobias Pflüger MdB (DIE LINKE) und Klaus Lipps (Initiativgruppe „40 Jahre Radikalenerlass“). Moderation: Gaby Jansen-Mau.

Dienstag 05.11.2019, 19 Uhr (Galerie): Vortrag und Diskussion mit Werner Rügemer: „Widerstand gegen Fertigmacher und Union Busting“

Donnerstag 07.11.2019, 19 Uhr (Galerie): Vortrag und Diskussion mit den Rechtsanwälten Michael Moos und Udo Kauss: „Wer schützt uns vor dem Verfassungsschutz?“

Sonntag 10.11.2018, 18 Uhr (Galerie): Abschlussveranstaltung - Ein kabarettistischer und musikalischer Rückblick auf die Berufsverbote von 1972 und die damalige „Gesinnungsschnüffelei“ mit dem Kabarettisten Einhart Klucke und dem Liedermacher WoGer.

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Zwei neue Bücher über die Berufsverbote

Nach dem 2013 erschienenen Werk über den „Staatsschutz in Westdeutschland“ von Dominik Rigoll und dem 2018 erschienenen (mittlerweile leider vergriffenen) 215seitigen Buch Berufsverbote in Niedersachsen 1972-1990 - eine Dokumentation“, das in nur einjähriger Arbeit in Verantwortung der „Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der Schicksale im Zusammenhang mit dem sogenannten Radikalenerlass" Jutta Rübke entstand, sind im Herbst 2019 zwei neue Veröffentlichungen auf dem Buchmarkt erhältlich.

 

    Heinz-Jung-Stiftung (Hg.):
    Wer ist denn hier der Verfassungsfeind!

    Radikalenerlass, Berufsverbote und was von ihnen geblieben ist.

    Redaktion: Dominik Feldmann / Patrick Ölkrug
    in Zusammenarbeit mit Renate Bastian,
    Gerhard Fisch und André Leisewitz. 
    Paperback, 230 Seiten, ISBN 978-3-89438-720-4, 18 Euro

    Papyrossa-Verlag Köln

    Verlagsankündigung

 

    Inhaltsverzeichnis, Vorwort, Autorinnen und Autoren

ver.di-Bundeskongress, 24.09.2019 in Leipzig: Werner Siebler aus Freiburg empfiehlt den Delegierten das Buch „Wer ist denn hier Verfassungsfeind!“, das er anschließend dem scheidenden ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske als Geschenk übergab

 

Aus der Verlagsankündigung: „Im vorliegenden Band gehen Historiker, Politikwissenschaftler und Juristen der Vorgeschichte, politischen Funktion, historischen Einordnung, rechtlichen Bewertung und Auswirkung des Radikalenerlasses nach. Es werden ausgewählte Fälle vorgestellt, die Solidaritätsbewegungen mit den Betroffenen im In- und Ausland geschildert und die stockende Aufarbeitung nachgezeichnet. Anhand neuerer Fälle wird die fortbestehende Aktualität dieses unbewältigten Skandals nachgewiesen.“

Aus dem Beitrag von Prof. Dr. Georg Fülberth wurden in junge Welt vom 10.09.2019 („Repressive Zähmung. Die Heimholung der intellektuellen Deserteure aus dem Bürgertum.“) und unsere Zeit vom 20.09.2019 („Der Knüppel ist noch da. Die Berufsverbote sind ein Instrument zur Zähmung der Intelligenz“) unterschiedlich lange Auszüge veröffentlicht. Das Buch beschränkt sich aber keineswegs auf die Berufsverbote im Schul- und Wissenschaftsbereich. In den jahrelangen Vorlauf, der seinem Erscheinen voraus ging, waren zahlreiche Betroffene eingebunden.

Erste Rezensionen des Buches, dem wir nur eine breite Verbreitung wünschen können, erschienen in unsere zeit 11.10.2019 von Klaus Stein (selbst vom Berufsverbot betroffen) und unter dem Titel „Lupenreines Unrecht“ in der jungen Welt 14.10.2019 (pdf) (pdf-Scan) vom früheren Chefredakteur der Zeitung Arnold Schölzel; dazu veröffentlichte die Online-Ausgabe der jW am 15.10.2019 Leserbriefe von Martin Hornung („Betroffene, keine Opfer“) und Ingo Hoppe („Ins Leere“).

 

 

Alexandra Jaeger: Auf der Suche nach „Verfassungsfeinden“. Der Radikalenbeschluss in Hamburg 1971-1987. Reihe: Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte (hg. von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg); Bd. 58. Hardcover, 560 Seiten. ISBN: 978-3-8353-3410-6, € 46,00 (D), € 47,30 (A), € 36,99 für die E-Book-Version, Wallstein-Verlag Göttingen

Aus der Verlagsankündigung: „Am Beispiel Hamburgs untersucht Alexandra Jaeger erstmals systematisch die staatlichen Überprüfungsverfahren auf Grundlage von gut 200 Einzelfällen. Mit dem Blick auf das Regierungshandeln, die bürokratischen Prozesse, die Strategien der Betroffenen und den Protest gegen den Beschluss verbindet sie Aspekte von Politik-, Verwaltungs-, Rechts- und Sicherheitsgeschichte. So bietet die Arbeit vielfältige Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der 1970er Jahre. Verhandelt wurde über das Verhältnis von Grundrechten und Staatsräson. Die Etablierung der Überprüfungspraxis 1971/72 und die Abkehr davon in den sozialliberal regierten Ländern 1978/79 verweisen auf sich wandelnde Vorstellungen von Staatlichkeit, Grundrechten und vom öffentlichen Dienst. Aus ‚Verfassungsfeinden’ wurden gute Lehrerinnen und Lehrer.“

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Frankfurt 05.10.2019: „Demokratie wagen!“ Bundesweiter Ratschlag

Das Hauptreferat dieser Konferenz  von Rolf Gössner („Feindstrafrecht“) wurde in der jungen Welt vom 03.01.2020 auf der Themen-Doppelseite abgedruckt (pdf). (Die Printausgabe war illustriert mit einem Foto von Klaus Rose von der Demonstration gegen Berufsverbote in Bonn am 31. März 1979 - Auschnittfoto in der online-Ausgabe)

 

Der Arbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung demokratischer Rechte führte am 05. Oktober 2019 in Frankfurt (Main) einen bundesweiten Ratschlag als öffentliche Veranstaltung durch. (Flyer mit dem Programm und Aufruf)

Die Veranstalter sind besorgt über die Gefährdung der Demokratie durch - Rechtsentwicklung – Massenüberwachung- Kriminalisierung von Seenotrettern – Berufsverbote. „Wir brauchen mehr Demokratie im Betrieb, wirksamen Umwelt- und Klimaschutz. Wir wollen die heutigen Entwicklungen auf dem Hintergrund unserer Erfahrungen unterstützen, stärken und zum Austausch und der Verbindung mit weiteren demokratischen Bewegungen im Lande beitragen.“, heißt es im Aufruf. „Die traditionellen politischen Parteien und ihre Politik haben dramatisch an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Die von ihnen vertretenen politischen und ökonomischen ‚Eliten’ wirken einerseits hilflos, reagieren andererseits mit einer zunehmenden Einschrän­kung demokratischer Rechte auf allen Ebenen.

Wir sehen Parallelen zu der Zeit der 70er/80er Jahre, in denen die Herrschenden zum Mittel der Berufsverbote griffen, um das An­wachsen vielfältiger demokratischer Strömungen und Bewegungen vor allem in der jungen Generation einzudämmen und sie einzuschüchtern.

Heute sind u. a. die Proteste und Schulstreiks der Schüler*innen, denen sich zunehmend Eltern, Lehrer und Gewerkschaften anschließen, die Seebrücken- und die Mieterbewegung ähnlich bedrohlich für die Herrschenden.“

Über die Veranstaltung berichtete Neues Deutschland am 07.10.2019.

Das Hauptreferat hielt Rolf Gössner (Bremen): „Berufsverbote-Politik der 1970iger/80iger Jahre und kein Ende — ein dunkles, nicht aufgearbeitetes Kapitel bundesdeutscher Geschichte“.

Die Diskussionsrunden in „Fishbowls“ behandelten folgende Themen

Massenüberwachung, Polizei- und Verfassungsschutzgesetze – Franz-Josef Hanke, Humanistische Union

Wohin führt die Rechtsentwicklung? - Ulli Sander, Bundessprecher der VVN-BdA  (Referat)

Seenotrettung ist kein Verbrechen! - Matthias Maier, Seebrücke

Klima-Bewegung gegen Profitinteressen - Asuka Kähler, Fridays for Future (Einleitungs-Statement)

(Die angekündigte Diskussion mit Andrea Kocsis (Stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di) zum Thema  „Demokratie darf nicht am Betriebstor enden!“ musste wegen Erkrankung der Referentin leider ausfallen.)

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Berufsverbote-Ausstellung auf dem ver.di-Bundeskongress

Der soeben aus dem Amt verabschiedete langjährige ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske besuchte am 25.09.2019 die Ausstellung „Vergessene Geschichte“ auf dem 5. ver.di-Bundeskongress in Leipzig (auf dem Foto mit den seinerzeit vom Berufsverbot Betroffenen Dorothea Vogt, Werner Siebler und Lothar Letsche)

Werner Siebler empfahl den Delegierten das Buch „Wer ist denn hier der Verfassungsfeind!“, das er anschließend Frank Bsirske als Geschenk übergab - Interview mit Dorothea Vogt in junge Welt 25.09.2019 (pdf) (Scan-pdf) – Werners Diskussionsbeitrag als Delegierter (leider unterlief ihm dabei ein Irrtum: der Beschluss des Niedersächsischen Landtags vom 16.12.2016 wurde nicht einstimmig, sondern von der damaligen knappen Mehrheit SPD/GRÜNE gefasst).

 

Nachdem ver.di auf Bundesebene bereits 2015 mit einem Beschluss des damaligen Gewerkschaftstags (B 052) zu den „Berufsverboten und ‚Extremismusklauseln’ im Tarifvertrag“ Position bezogen hatte, geschah dies 2019 auch im Zusammenhang mit den „Unvereinbarkeitsbeschlüssen“ der früheren Quellgewerkschaften (vor allem ÖTV, DPG, HBV): „ver.di bedauert die Übernahme der Unvereinbarkeitsbeschlüsse des DGB vom 3. Oktober 1973 in die Satzungen der Gründungsorganisationen von ver.di. ver.di entschuldigt sich bei allen Mitgliedern, die aufgrund der Unvereinbarkeitsbeschlüsse in den Jahren nach 1973 aus den ver.di-Quellgewerkschaften ausgeschlossen wurden. Soweit Ausgeschlossene später wieder Mitglied einer ver.di-Gründungsorganisation oder Mitglied bei ver.di geworden sind, erklärt der Bundeskongress, dass die Zeiten des Ausschlusses auf die Mitgliedschaft angerechnet werden.“ (Antrag E 016, angenommen als Arbeitsmaterial zur Weiterleitung an den Bundesvorstand). Auch die Begründung ist interessant: Kongressdokumentation ("Gastzugang" - "ver.di") (pdf)

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Künstlerisch-politische Revue gegen die Berufsverbote

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Bereits zweimal – am 03.04.2019 in der Abendakademie Mannheim (Einladungsflyer) und am 23.07.2019 in Heidelberg - dort in der Stadtbücherei im Hilde Domin Saal - (Einladungsflyer) fand eine künstlerisch-politische Revue zum Thema „Freiheit, die wir meinen!“ statt, gestaltet von Bernd Köhler, Michael Csaszkóczy, Bettina Franke, Einhart Klucke, Monika-Margret Steger.

5 Stimmen, ein Projektor, Gitarre, Laute, ein elektronisches Klanginstrument und ein Stuhl in einer Bild-Text- und Tonmontage über das System der Gesinnungsschnüffelei und Meinungsunterdrückung im historischen und aktuellen Kontext. Nach Texten, Liedern und Szenen von u. a. Hilde Domin, Immanuel Kant, Heinrich Böll, Ödön von Horvath und eigenen Werken.

Wo Interesse besteht, diese Revue ebenfalls aufzuführen, vermitteln wir gerne den Kontakt.

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NS-belastete Richter: Berufsverbotsbetroffene fordern Aufklärung

„Braunes Band in Karlsruhe“ titelte die Süddeutsche Zeitung am 4. Juli 2019 über die Historiker-Untersuchung zum Wirken ehemaliger Nazis in der Bundesanwaltschaft der jungen BRD. Nicht nur in der Bundesanwaltschaft wirkten Juristen, die den ersten Amtseid auf ihren Führer Adolf Hitler abgelegt hatten. Auch bei vielen Gerichtsverfahren, in denen über die nach dem Radikalenerlass von 1972 gegenüber jungen Linken verhängten Berufsverbote verhandelt wurde, haben solche Juristen maßgeblich mitgewirkt. Bekanntes Beispiel: Willi Geiger, bis 1945 NSDAP-Mitglied, in der BRD 1975 als Richter führend an der Formulierung des Bundesverfassungsgerichts-Grundsatzurteils zum Radikalenerlass beteiligt.

 

Die juristische Bedrohung zielte auf die Einschüchterung einer politisch wachen und aktiven Generation ab. Über 1.250 junge Lehrer*innen, Post-/Bahnbeamte und -beamtinnen und andere wurden ihrer beruflichen Existenz beraubt, aus dem Staatsdienst entfernt, durften ihre Ausbildung nicht beenden oder wurden nicht eingestellt. Als Folge der Berufsverbote mussten Tausende Nachteile erleiden, viele müssen heute mit geringen Renten bzw. Pensionen leben.

 

Der Sprecher der „Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass“ in Baden-Württemberg, Klaus Lipps, fordert: „Es müssen alle Berufsverbote-Urteile daraufhin überprüft werden, welche NS-belasteten Juristen daran beteiligt waren. Es stellt sich auch hier die Frage, wie die 'Erkenntnisse' durch den sogenannten 'Verfassungsschutz', der selbst zur Genüge belastet war, zustande kamen und zur Existenzvernichtung der Berufsverbote-Betroffenen herangezogen wurden. Es ist an der Zeit, dass dieses Kapitel aufgearbeitet wird und die Betroffenen rehabilitiert und entschädigt werden, bevor sie gestorben sind!“ So der ehemalige Lehrer aus Baden-Baden, der selbst von Berufsverbot betroffen war.

 

zitiert bei RedGlobe 08.07.2019 - junge Welt 09.07.2019

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Berlin 24.06.2019: Gespräch mit SPD-Bundestagsfraktion

Drei Berufsverbotsbetroffene sprachen am 24.06.2019 im Deutschen Bundestag mit Dr. Eva Högl MdB, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und u.a. für Inneres und Recht zuständig, und Martin Rosemann, SPD-MdB aus Tübingen. Die Schilderung der Situation auf Bundesebene und in einzelnen Bundesländern - auch speziell in Bayern, Bremen, Niedersachsen und Hamburg - und der ergriffenen Initiativen wurde aufmerksam zur Kenntnis genommen. Eva Högl sagte zu, dass sie diese Informationen in die Fraktion mitnehmen wird, um zu überlegen, was in der derzeitigen politischen Gesamtkonstellation machbar ist. Die 2017/18 erfolgte Aufarbeitung in Niedersachsen ist aus der Sicht von Eva Högl (die selbst aus diesem Bundesland kommt und über das Thema Berufsverbote in ihrer Jugend politisch sensibilisiert wurde) ein Beispiel. Weiterführende Gespräche wurden zugesagt. Eva Högl möchte dieses Thema u.a. auf der Ebene des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Arbeitsministeriums ansprechen. Der Bund hat ja nicht nur seine eigenen Fälle abzuarbeiten (z.B. bei Bahn, Post, Arbeitsverwaltung), sondern setzt auch Marken in der Gesetzgebung und ergreift Initiativen. Und 1987 wurde die Bundesrepublik Deutschland insgesamt von der ILO für die dort festgestellte Praxis gerügt und musste bis 2000 jährlich Bericht über die neuen Entwicklungen erstatten. Wir werden die SPD-Bundestagsfraktion ebenfalls mit ergänzenden Informationen versorgen, z.B. dem Katalog der Ausstellung Vergessene Geschichte, die im September 2019 auch auf dem ver.di-Bundeskongress in Leipzig gezeigt wird. Für die Berufsverbotsbetroffenen nahmen an dem Gespräch teil: Werner Siebler (Freiburg), Dr. Gabriele Sprigath (München) und Lothar Letsche (Tübingen).

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Berufsverbote – auch ein Thema in Nordrhein-Westfalen

Die (damalige) Vorsitzende der GEW in NRW, Maike Finnern, führte zusammen mit Vertretern des GEW-Arbeitskreises ‹Aktiv gegen Berufsverbote› Gespräche mit den Fraktionen der SPD, FDP, GRÜNEN. Finnern und der Arbeitskreis werden auch noch die CDU konsultieren.

Beabsichtigt ist, die Ausstellung zu den Berufsverboten in den Landtag zu bringen und eine parlamentarische Gesprächsrunde dazu anzuregen. Der Arbeitskreis hat damit einen weiteren Schritt zur Umsetzung des Beschlusses des GEW-Gewerkschaftstages abgearbeitet.

Der GEW-Stadtverband Wuppertal plant im Januar/Februar 2020 ebenfalls, die Ausstellung «‹Vergessene› Geschichte Berufsverbote. Politische Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland» zu zeigen und ein entsprechend begleitendes Programm zu erarbeiten.

 

Uwe Koopmann (Düsseldorf) spricht im Interview mit der DKP-Zeitung unsere zeit  (21.06.2019, pdf) über seine eigenen Erlebnisse als Berufsverbotsbetroffener in Niedersachsen und das Engagement der GEW Nordrhein-Westfalen gegen die Berufsverbotspolitik

 

Die neue Vorsitzende der Landesverbandes NRW der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, hat kürzlich massive Kritik an den Berufsverboten geübt. Warum sind Radikalenerlass und Berufsverbote noch Jahrzehnte nach lhrer Einführung durch die SPD und deren damaligen Bundeskanzler Willy Brandt ein Thema?

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Auf dem Landesgewerkschaftstag der GEW vom 23.-25.05.2019 in Essen wurde mit großer Mehrheit ein Antrag des GEW.Stadtverbands Düsseldorf (pdf) angenommen, der Landtag und Landesregierung auffordert, „sich bei den vom Berufsverbot betroffenen Kolleg*innen zu entschuldigen, sie politisch zu rehabilitieren und materiell zu entschädigen. Des Weiteren ist der Erlass, mit dem die Berufsverbote in NWR umgesetzt wurden, endgültig aufzuheben.“ Dabei könnte Niedersachsen ein Vorbild für Nordrhein-Westfalen sein, meint der GEW-Sekretär Rüdiger Heitefaut in einem Bericht für die GEW-NRW (17.05.2019, pdf). Auf dem Gewerkschaftstag informierten Betroffene über die Berufsverbotspraxis. „Ein Arbeitskreis auf Landesebene unter Leitung der neu gewählten Vorsitzenden Maike Finnern treibt die Rehabilitation der Betroffenen energisch voran und will noch 2019 mit einer Veranstaltung Druck machen. Denn die verfassungswidrigen Berufsverbote finden mittlerweile ihre Fortsetzung in Denunziationsplattformen und Demokratieabbau“ – berichtet die Stadtzeitung der GEW Düsseldorf 02-2019.

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70 Jahre Grundgesetz – Gespräch in „Radio Flora“ (Hannover)

Der als Lehrer vom Berufsverbot betroffene Matthias Wietzer wurde am 20.05.2019 von „Radio Flora“ interviewt (mp3) zur Entstehung, Entwicklung und dem aktuellen Stellenwert des Grundgesetzes.

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Theaterhaus Stuttgart 18.05.2019: Berufsverbots-Betroffene zu 70 Jahren Grundgesetz

70 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind auch 70 Jahre Kampf für demokratische Rechte und Freiheiten.

Vor welchen Herausforderungen steht die demokratische Bewegung?

 

Samstag, 18. Mai 2019, 13 bis 17 Uhr, Theaterhaus (Glashaus), 70469 Stuttgart, Siemensstr. 7

Eine Veranstaltung der Initiatvgruppe "40 Jahre Radikalenerlass" mit Beiträgen von: Brigitte Lösch (MdL Baden-Württemberg DIE GRÜNEN), Martin Kunzmann (DGB-Vorsitzender Baden-Württemberg), Lothar Letsche (Betroffener von Berufsverbot) und Prof. Dr. Martin Kutscha „Das missachtete Grundgesetz“ (Der Hauptreferent war 1990-2013 Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin und wirkt am Institut für Weltanschauungsrecht in Oberwesel.)

 

Die anschließende Diskussion der von konzentrierte sich auf drei Themen:

Mögliche Wege zur Rehabilitierung und Entschädigung der vom Berufs- und Ausbildungsverbot Betroffenen in Baden-Württemberg - Welche Rolle spielt der „Verfassungsschutz“ in Baden-Württemberg? - Wie umgehen mit Menschen mit rechten Positionen im öffentlichen Dienst? - Bericht in Heft 09-2019 von b&w, der Zeitschrift der GEW Baden-Württemberg

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Hannover 04.05.2019: Achte bundesweite Konferenz der Berufsverbotsbetroffenen

Über diese Konferenz berichten wir auf einer eigenen Sonderseite.

Ein am 03.01.2017 in der FAZ veröffentlichter Aufsatz des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière zum Thema „Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten“ illustriert die Ausführungen im Impulsreferat von Klaus Stein, das dort gehalten wurde.

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Brauchen wir die EU, um Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf zu beenden?

„Was hat Europa im Alltag mit dir zu tun?“, fragt der DGB in einem aktuellen Flyer zur EU-Wahl: „Niemand darf dich benachteiligen wegen deines Alters, deiner Religion, deiner Herkunft, deiner politischen Ansichten, deiner Sexualität oder deines Geschlechts. Dank der EU gilt dies auch für den Arbeitsplatz, die Wohnungssuche oder den Beitrag, den du bei deiner Krankenkasse zahlen musst.“ Leider nur eine halbe Wahrheit, in mehrfacher Hinsicht. Formal ist das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) tatsächlich die verspätete Umsetzung einer EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (2000). Theoretisch wäre es möglich, wenn die deutsche Justiz einen im Stich lässt oder selbst unsicher ist, gegen einen Verstoß vor den Europäischen Gerichtshof der EU in Luxemburg zu ziehen.

Aber - erstens – stand das nicht alles -  mit etwas anderen Worten - schon seit 1949 im Artikel 3 des Grundgesetzes?

Zweitens: Mit der Entstehung solcher EU-Richtlinien hat das am 26.05.2019 neu zu wählende EU-Parlament nur sehr am Rande etwas zu tun.

Drittens ist „Europa“ nicht die EU. Der Europarat, die Europäische Menschenrechtskonvention und der ihre Einhaltung kontrollierende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben mit den Institutionen der EU nichts zu tun, obwohl die gleiche Europa-Flagge Verwendung findet.

Viertens: Wer wird wohl, falls das Arbeits- oder Verwaltungsgericht nicht hilft, das Luxemburger EU-Gericht bemühen (lassen), wenn er/sie einen Job haben will und etwas geschieht, was „niemand darf“, aber – wie in Bayern – der Staat ganz bewusst trotzdem tut? Dort wird sogar eine Pro-Diskriminierungsrichtlinie praktiziert, die eine „nicht abschließende“ Liste politischer Bewertungen des als „Verfassungsschutz“ bezeichneten Inlandsgeheimdiensts zum eigentlichen Einstellungskriterium erhebt. Vom AGG und der EU-Richtlinie sprach auch niemand, als 2003-2007 einem Lehrer in Baden-Württemberg wegen seines antifaschistischen Engagements die Einstellung verweigert wurde.

Fünftens setzt das AGG inhaltlich eigentlich nur das um, wozu sich die Bundesrepublik Deutschland bereits 1961 ausdrücklich verpflichtet hatte: „eine innerstaatliche Politik festzulegen und zu verfolgen, die darauf abzielt,... die Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf Beschäftigung und Beruf zu fördern, um jegliche Diskriminierung auf diesem Gebiet auszuschalten.“ Diskriminierung ist „jede Unterscheidung, Ausschließung oder Bevorzugung, die auf Grund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft vorgenommen wird und die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen“ und auch „jede andere Unterscheidung, Ausschließung oder Bevorzugung“, die zum gleichen Ergebnis führt. Dies gilt ausdrücklich auch hinsichtlich der „Zulassung zur Berufsausbildung, zur Beschäftigung und zu den einzelnen Berufen“. Das sind Zitate aus dem 1961 von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Warum Bundesregierungen unter den CDU-Kanzlern Adenauer, Erhard und Kiesinger in der Zeit des KPD-Verbots kein AGG wollten, liegt auf der Hand. Aber auch unter den SPD-Kanzlern Brandt und Schmidt passte so etwas nicht zu dem von ihnen eingeführten und praktizierten „Radikalenerlass“, dem die von uns hier angeprangerten Berufs- und Ausbildungsverbote folgten. Mit rühmlichen Ausnahmen bestenfalls zwiespältig war damals die Reaktion der DGB-Gewerkschaften. Nicht der DGB - dessen vornehmste Aufgabe das gewesen wäre -, sondern der Weltgewerkschaftsbund trieb ein Untersuchungsverfahren bei der ILO voran und sorgte 1987 für die Verurteilung der in der BRD geübten Praxis durch diese internationale (keineswegs nur Europa erfassende) Organisation (siehe den Beitrag weiter unten zu 100 Jahren ILO).

Weil der politische Wille fehlte, dauerte es noch einmal 18 Jahre bis zum AGG.

Darüber heute zu schweigen, heißt, von den eigenen Versäumnissen zu schweigen.

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Heilbronn 03.04.2019: Ausschluss aus der SPD oder Goldenes Parteiabzeichen?

Erhard Jöst, seit 1. Juli 1969 engagiertes SPD-Mitglied und - wie auf dieser Website dokumentiert - von baden-württembergischen CDU-Kultusministern gehasst und diskriminiert, soll pünktlich zum 50jährigen Jubiläum aus seiner Partei ausgeschlossen werden. Per Einschreiben mit Rückschein stellte ihm der Regionalgeschäftsführer der SPD Heilbronn am 03.04.2019 ein Ultimatum: er solle seine Kandidatur auf der Gemeinderatsliste der örtlichen LINKEN zurückziehen, andernfalls behandle man dies als Austrittserklärung. Ein Gespräch mit dem Betroffenen? Ein ordentliches Ausschlussverfahren über eine Schiedskommission, wie im Parteiengesetz (§ 10 Abs. 4 und 5) vorgeschrieben? So etwas braucht die Heilbronner SPD anscheinend nicht.

Damit endet eine Beziehung, die ein halbes Jahrhundert bestand. Erhard Jöst war für seine Partei in zahlreichen Funktionen tätig, auch als Stadtrat in Bad Mergentheim und im SPD-Kreisvorstand von Heilbronn. Er organisierte viele Veranstaltungen, von denen einige bundesweit Schlagzeilen machten, ebenso das lange als Drohung über ihm schwebende Berufsverbot. Doch wenn er sich in Heilbronn um ein Mandat im Stadtrat bemühen wollte, wurde seine Kandidatur entweder verhindert oder er musste sich mit einem aussichtslosen Platz begnügen. Gleichzeitig setzte die SPD Personen auf ihre Kandidatenliste, die keine Mitglieder waren. Anträge, diese Praxis zu beenden, wurden jedes Mal abgewiesen. DIE LINKE, die ihn jetzt nominierte, „hat mir die Wertschätzung entgegengebracht, die meine Partei, die SPD, stets vermissen ließ“, kommentierte das Heilbronn-Neckargartacher Bezirksbeiratsmitglied den Vorgang. Ob ihm wohl seine letzte Bitte erfüllt wird, die er als Kabarettist als Antwort auf den Drohbrief geäußert hat? „Könnt ihr bitte dafür sorgen, dass mir zusammen mit dem Rauswurf aus der SPD das Goldene Parteiabzeichen für 50 Jahre aktive Mitgliedschaft, die mit vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten verbunden war, verliehen wird?“

Bericht in der Heilbronner Stimme (pdf), Rhein-Neckar-Zeitung (pdf), im Facebook-Blog „Gegen Berufsverbote“ (Duckmaus)

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Frankfurt 23.05.2019: Fachtagung „Autoritäre Wende?“ zu 70 Jahren Grundgesetz

Die GEW Hessen und ihre gemeinnützige Bildungsgesellschaft (LEA) veranstalten am 23. Mai 2019, dem 70. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes des Bundesrepublik Deutschland, in Frankfurt/Main eine Fachtagung zum Thema „Autoritäre Wende? Demokratie und Grundrechte auf dem Prüfstand“. Auch das Thema der Berufsverbote wird dort eine Rolle spielen.

Website der Veranstalter - Plakat

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Berlin 12.03.2019: „Festakt“ zu 100 Jahren ILO ohne ein Wort zu den Berufsverboten

An Geschichtsfälschung grenzt, dass es beim „Festakt“ zum hundertjährigen Bestehen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (mp4-Mitschnitt) überhaupt nicht angesprochen wurde: 1987 wurde die Bundesrepublik Deutschland von dieser internationalen Organisation wegen der vorher detailliert untersuchten Berufsverbote im öffentlichen Dienst praktisch verurteilt und abgemahnt. Der Bundespräsident sprach bei dem „Festakt“ am 12.03.2019 in Berlin über Lech Wałesa und Nelson Mandela, aber kaum über sein eigenes Land. Betroffene der Berufsverbotepolitik – und Abgesandte derjenigen, die damals dafür sorgten, dass für sie „Kernarbeitsnormen“ bei den staatlichen Arbeitgebern über die ILO eingefordert wurden - waren zu diesem selbstgefälligen Staatsakt natürlich nicht eingeladen. Auch in einem aus diesem Anlass geführten Interview des DGB-Vorsitzenden (pdf) mit dem Auslandssender „Deutsche Welle“ wurde der Vorgang mit keinem Wort erwähnt. Es war leider nicht der DGB gewesen, sondern der (in der Diktion des Kalten Kriegs heute noch in der Wikipedia verunglimpfte) Weltgewerkschaftsbund, der damals das Überprüfungsverfahren in Gang setzte. (Zu dessen Mitgliedern gehörten beispielsweise der damalige FDGB der DDR und die französische CGT.) Es fiel bei dem „Festakt“ kein Wort des Abstandnehmens von dem damals von der ILO in der Bundesrepublik Deutschland festgestellten Unrecht, dessen Beseitigung 1988 dann auch der DGB einforderte. Nicht zur Sprache kam das Problem der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (von der handelt nämlich das ILO-Übereinkommen Nr. 111, gegen das die Bundesrepublik Deutschland systematisch verstieß). Nicht zur Sprache kam die Geschichte des politisch gewollten, systematischen Abbaus von „Arbeitnehmerrechten“ in Deutschland von dem damaligen bis zu dem von einigen auf dem Podium zu Recht beklagten heutigen Zustand. (Ja, es gibt – dank inzwischen eingeführter gesetzlicher Vorgaben - für junge Leute kaum noch auskömmliche unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, sondern ein gnadenloses Ausspielen verschiedener Beschäftigungsgruppen und arbeitslos Gemachter, seit 2005 mit dem Einschüchterungs- und Disziplinierungsreglement von „Hartz 4“ als Kernbaustein. Um von anderem ganz zu schweigen, was bei diesem „Festakt“ im Sinne der „Sozialpartnerschaft“ historisch und aktuell umgedeutet oder ganz ausgeblendet wurde …)

Was die ILO damals zu den Berufsverboten feststellte und sagte und was es bedeutet(e), ist (leider nur hier in deutscher Sprache) auf unserer Website ausführlich dokumentiert und auf der offiziellen ILO-Website noch in englischer (pdf), französischer (pdf) und spanischer (pdf) Sprache.

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Stuttgart 10.12.2018 Protestkundgebung: 70 Jahre Menschenrechte versus Berufsverbote

Am Tag der Menschenrechte Montag 10. Dezember 2018 fand auf dem Stuttgarter Schloßplatz eine Kundgebung der Initiative „40 Jahre Radikalenerlass“ statt (in Wirklichkeit sind es mittlerweile bald 47 Jahre!). Wir berichten draüber auf einer eigenen Sonderseite.
Bericht in der baden-württembergischen GEW-Mitgliederzeitung b+w 01/02-2019 über die Stuttgarter Kundgebung am 10.12.2018 und das Berufsverbot von Sigrid Altherr-König

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AfD und CDU hetzen gegen antifaschistischen Erzieher in Stuttgart

und, nicht zu vergessen, eine bestimmte Art von verantwortungslosem Journalismus, der sich vom "Verfassungsschutz" beliefern lässt ...

Solidarität mit Jens

 

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Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft: Aufarbeitung des „Radikalenerlasses“

In der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg wurde am 22.08.2018 ein Antrag der Fraktionen der SPD und GRÜNEN zum Beschluss erhoben, der - wie ähnlich wie zuvor in Niedersachsen - eine Aufarbeitung des „Radikalenerlasses“ fordert. Videomitschnitt - Protokoll (Debatte beginnend auf S.6126/72) (pdf)

Wir berichten darüber auf einer eigenen Sonderseite.

 

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Freiburg 11.05.2018: Der „rote Briefträger“ Werner Siebler geht – das Unrecht bleibt

13.05.2019: Interview mit Werner Siebler in SWR2 - Tandem (pdf) (SWR-Mediathek) (mp3)

 

Werner Siebler, der als der „rote Briefträger“ von Freiburg jahrelang Berufsverbot bekam („historisches“ Plakat: 12), ging jetzt wirklich – in den Ruhestand. Das wurde gefeiert mit einem Fest am 11. Mai 2018 in Freiburg/Breisgau, das geprägt war von gewerkschaftlicher Solidarität und über das wir auf einer eigenen Sonderseite berichten.

Werners Abschied im Jahresrückblick der Badischen Zeitung 04.01.2019 (pdf)

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Bericht der Niedersächsischen „Landesbeauftragten“ liegt vor

Jutta Rübke, die „Niedersächsische Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der Schicksale im Zusammenhang mit dem sogenannten Radikalenerlass“, hat ihre Aufgabe entsprechend dem vom Landtag erteilen Mandat am 31. Januar 2018 beendet. Entstanden ist das 215seitige Buch Berufsverbote in Niedersachsen 1972-1990 - eine Dokumentation (pdf lokal - Links zu eingescannten Teilen des Berichts). Soweit noch Exemplare vorhanden sind, kann der Bericht von Betroffenen und Interessierten abgeholt und angefordert werden bei der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Georgsplatz 18/19, 30159 Hannover, Tel.: 0511/120-7500 oder -7506, poststelle@lpb.niedersachsen.de . Auf Websites des Landes Niedersachsen, auch denen des Landtags und der LPB, findet man nichts darüber außer einer Anfrage der AfD (pdf) , was dieser Bericht denn gekostet habe – die politischen Mehrheiten in diesem Bundesland haben sich spürbar verändert.

 

Auf einer Sonderseite berichten wir über die Entwicklung in Niedersachsen - auch darüber, wie es zur (bundesweit bisher einmaligen) Einsetzung einer solchen „Landesbeauftragten“ kam.

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Benedikt wird eingestellt - der bayerische Einschüchterungs-Mechanismus

Benedikt Glasl kann – wie normal vorgesehen - als Beamter auf Widerruf sein Referendariat an einer bayerischen Schule antreten. „Bevor ... die Klagen ... vor Gericht beraten werden sollten, hat die [Bayerische] Staatsregierung aufgegeben und ... die Schadenersatzforderung voll anerkannt. Damit gesteht die CSU-Regierung ein, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt zu haben“, teilte die GEW Bayern am 19. Juli 2018 in einer Presseerklärung mit.

 

Über diesen „Fall“, die verzögerte Einstellung von Kerem Schamberger an der Münchner Universität (2016) und allgemein die diesbezügliche Situation in Bayern informieren wir auf eigenen Sonderseiten.

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Aktuelle Beiträge zum 45. Jahrestag des „Radikalenerlasses“ ...

... die nicht einem der unten behandelten Themen zuzuordnen sind, findet ihr hier. Wir können nicht die gesamten Presseorgane und sonstigen Medien verfolgen und bitten deshalb um entsprechende Hinweise, Links, Scans!

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Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zum „Radikalenerlass“

Eine Delegation von Berufsverbotsbetroffenen war am 01.06.2017 bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin (siehe unten). Eine Gruppe wurde von den MdBs der Partei DIE LINKE Karin Binder, Ulla Jelpke und Wolfgang Gehrcke empfangen. Ulla Jelpke gab daraufhin bei den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestages eine Ausarbeitung über Parlamentarische und zivilgesellschaftliche Initiativen zur Aufarbeitung des sogenannten Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 (pdf lokal) sowie einen (leider relativ kurz und nichtssagend ausgefallenen) Sachstand über den Radikalenerlass in der deutschen und europäischen Rechtsprechung (pdf lokal) in Auftrag. 

Die 75seitige „Initiativen“-Übersicht ist eine Fundgrube, sozusagen ein Nachschlagewerk, das vieles ergänzt, was wir hier auf dieser Website darstellen (aus der sich die Ausarbeitung übrigens auch mit Quellenangabe bedient hat). Die Entwicklungen auf Bundesebene und in 11 „alten“ Bundesländern von Baden-Württemberg bis Schleswig-Holstein sind übersichtlich dokumentiert.

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Skandalöses Urteil rechtfertigt Bespitzelung Silvia Gingolds - 19.09.2017 in Kassel

Feature im Deutschlandfunk, 04.02.2019: „Silvia Gingold und ihr Kampf gegen den Verfassungsschutz“ (mp3) – (pdf) (pdf lokal) - Silvia berichtet am Donnerstag 26. September 2019 um 19.00 Uhr im „Tambosi“ (Promenadestraße 11) in Bamberg und am Freitag 27. September, 19.00 Uhr im Büro der Partei DIE LINKE (Ernst-Reuter-Straße 52) in Hof (Einladungsflyer) im Rahmen eines Zeitzeugengesprächs über ihren Kampf gegen den „Verfassungsschutz“ und ihr Berufsverbot.

 

Dass „die Klägerin wegen der relativen Bekanntheit ihres Namens als Tochter eines Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus quasi als Magnet für Personen gewirkt hat, die den Zielen der Veranstalter bislang eher fern gestanden haben“, soll nach Meinung des Verwaltungsgerichts Kassel rechtfertigen, dass Silvia Gingold persönlich und die VVN-BdA weiterhin vom „Verfassungsschutz“ bespitzelt werden.

Über das Urteil (gegen das Berufung eingelegt wurde), seine Vorgeschichte und Silvias früheres Berufsverbot als Lehrerin informieren wir auf einer eigenen Sonderseite.

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Neonazi-Netzwerk in der Bundeswehr hat eine lange Vorgeschichte

„Sie werden beobachtet ... von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“ Schaurig aktueller Bericht über rechtsextreme Umtriebe in der Bundeswehr (wie immer mit höchst seltsamer Rolle der einschlägigen Geheimdienste): „SWR Aktuell Baden-Württemberg“ 21.03.2019 (02:41 bis 09:54; mp4-Ausschnitt) - Rede beim Ostermarsch 2019 zu diesem Thema

 

Auf einer Sonderseite informieren wir über den „Fall“ des ehemaligen Bundeswehr-Oberleutnants Hans Roth, der als aufrechter Demokrat verfassungswidrige Ansinnen und dann den Kriegsdienst verweigerte, woraufhin ihm der Schuldienst verwehrt wurde. Wie in diesem Fall Sachverhalte gefälscht, trotzdem von einer willfährigen Presse – erkennbar ohne journalistische Überprüfung - zwecks Rufmord kolportiert, wiederholte Ablehnungen der rechtsstaatlichen Prüfung entzogen wurden, die nachträgliche Aufklärung blockiert, trotz erkannten Unrechts jede Rehabilitierung und Wiedergutmachung mit Schweigen übergangen, weggeredet, sabotiert wurde – das lässt an „höhere Mächte“ im Sinne eines „tiefen Staates“ denken. Auf der Flucht vor seine Existenz bedrohenden Netzwerken und Seilschaften tauchte der Betroffene nach Frankreich ins Exil ab, weil er sich damals nur noch dort halbwegs sicher fühlte. Die Glaubwürdigkeit aller Versicherungen, in der Bundeswehr mit Strukturen aufzuräumen, die mit ihrem verfassungsmäßigen Auftrag nichts zu tun haben, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob Hans Roth endlich die seit Jahrzehnten überfällige vollumfängliche Rehabilitierung erfährt!

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Berufsverbote? Rehabilitieren! auf GEW-Gewerkschaftstag

Auf dem bundesweiten Gewerkschaftstag der GEW (07.-10.05.2017) in Freiburg kam der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Wort. Delegierte stellten sich mit der Forderung "Berufsverbote? Rehabilitieren!" im Saal vor die Empore mit dem Rednerpult. Doch der Gast ging mit keinem Wort darauf ein. Die GEW-Vorsitzende forderte ihn auf, dem Beispiel Niedersachsens (siehe unten) zu folgen.

(Foto: Kay Herschelmann, gew.de)

Der Gewerkschaftstag beschloss, noch im Lauf des Jahres 2017 die dann am 28.10.2017 stattgefundene Konferenz zum Thema der Berufsverbote durchzuführen. (Beschlossen wurde der Originalantrag 1.13 mit dem Abänderungsantrag DS 287; nicht gefolgt wurde der Empfehlung der Antragskommission, den Termin der Durchführung an den Hauptvorstand zu delegieren.)  

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GEW Nordrhein-Westfalen fordert Taten von der Politik

Die GEW NRW fordert nach 45 Jahren „eine umfassende Rehabilitierung der Menschen, die vom sogenannten Radikalenerlass und der daraus resultierenden Berufsverbotepolitik betroffen waren. Die Bildungsgewerkschaft erwartet von der Politik, den Radikalenerlass vom 28. Januar 1972 als politische und rechtsstaatliche Fehlentscheidung einzugestehen und Vorschläge für eine umfassende Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer vorzulegen.“ Das schreibt die Gewerkschaft in ihrer Presseerklärung anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Vergessene Geschichte“ am 21. Februar 2017 im Kulturzentrum K14 in Oberhausen. Der GRÜNEN-Politiker Oliver Keymis, stellvertretender Präsident des Düsseldorfer Landtags, forderte die NRW-Landespolitiker/innen auf, dem Beispiel in Niedersachsen zu folgen: Die Berufsverbote müssen aufgearbeitet werden, Entschädigungen seien „wohlwollend zu prüfen“. Eine Möglichkeit dazu sei die Aufnahme dieses Komplexes in kommende Koalitionsvereinbarungen. Er werde sich dafür einsetzen: „Mein Wort habt ihr dazu!“

 

Weitere Informationen hierüber - Bericht vom GEW-Landesgewerkschaftstag 2016 in Bielefeld

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Hessischer Landtag: Schlimmer Rückfall mit den Stimmen der GRÜNEN

Am 22. Februar 2017 wurde im Hessischen Landtag ein unsäglicher Text zum Beschluss erhoben (Drucksache 19/4454) - (pdf) – von den Regierungsfraktionen der CDU und GRÜNEN (!) eingebracht - , der geschichtsklitternd alles Mögliche durcheinander wirft, dabei auch auf den „Radikalenerlass“ Bezug nimmt und mit folgendem Satz beginnt: „Der Landtag gedenkt der Opfer des Terrors der Roten Armee Fraktion (RAF). Auch Bürgerinnen und Bürger aus Hessen wurden Opfer dieser feigen und menschenverachtenden Verbrechen.“

 

Auf einer Sonderseite gehen wir auf die Auseinandersetzung, die dem voraus ging, ebenso ein wie auf das aktuelle Feindbild der hessischen Landesregierung: Ausweislich der Antwort des Innenministeriums vom 25.01.2018 auf die Anfrage eines FDP-Abgeordneten (Drucksache 19/5132pdf) werden – worauf die Zeitschrift der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora 1/2018 hinweist - u.a. Veranstaltungen zu folgenden Themen als „verfassungsfeindlich“ eingestuft: „Solidarität mit den Flüchtlingen in Europa“, Jahrestag der Nazi-Bücherverbrennung, Jahrestag des missglückten Attentats auf Hitler, Friedensfest zum 70. Jahrestag der Befreiung, „Erinnerung an Widerstand in Ghettos, KZs, Vernichtungslagern bis 1945“, Tag der Menschenrechte, Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, 1. September 2016 – Antikriegstag ...“

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Bündnis „Berufsverbote Hessen“ tritt in Aktion

berufsverbote-hessen.de: Das Bündnis „Berufsverbote Hessen“ - die Gewerkschaften GEW, IG Metall, ver.di und die VVN-BdA in diesem Bundesland, weitere Gruppen und Interessierte und natürlich Betroffene - eröffnete als Auftakt seiner geplanten Aktivitäten am Donnerstag, 3. November 2016  im DGB-Haus Frankfurt/Main (Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60325 Frankfurt) die Ausstellung „Vergessene“ Geschichte - Berufsverbote, Politische Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland. Auf berufsverbote-hessen.de wird über die weiteren Aktivitäten informiert. Die GEW setzt mit dieser Initiative einen Beschluss ihres Landesvorstands vom 19.03.2016 um.

 

Die GEW Hessen, die eine wichtige Rolle als Impulsgeber des Bündnisses spielt, hat Heft 1/2017 ihrer Verbandszeitschrift HLZ (Hessische Lehrerzeitung) dem Schwerpunktthema Berufsverbote gewidmet. Ausführlich eingegangen wird nicht nur auf „Fälle“ aus dem hessischen Schul- und Wissenschaftsbereich, sondern auch solche bei Bahn und Post und auf den problematischen Umgang der damaligen GEW mit betroffenen Mitgliedern (Stichwort Unvereinbarkeitsbeschlüsse).

 

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Unterrichtseinheit „Mehr Demokratie wagen“ mit „Radikalenerlass“ und „Berufsverboten“?

Für Lehrer/innen der Sekundarstufe II: Die Fachzeitschrift „Geschichte lernen“ 172-16 (Friedrich Verlag Seelze) zum Thema „1970er Jahre“ (Inhaltsverzeichnis) enthält eine Unterrichtseinheit von Karl Bachsleitner: Grenzen des politischen Wandels nach 1969 - „Mehr Demokratie wagen“ mit „Radikalenerlass“ und „Berufsverboten“? Wir berichten hier gerne über Erfahrungen mit dieser Unterrichtseinheit und sind dankbar, wenn uns entsprechende Berichte geschickt werden.

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„Eine Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, der Kommunismus oder Marxismus-Leninismus seien verfassungswidrig, gibt es nicht“

Vor 60 Jahren, am 17.08.1956, wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) vom Bundesverfassungsgericht verboten. Obwohl einer der beteiligten Richter, Prof. Dr. Martin Drath, auf Nachfrage klarstellte, dass es allein darum gegangen sei, „was die damalige KPD selbst als konkrete Organisation zu einer konkreten Zeit mit konkreten politischen Mitteln anstrebte“, dass es „eine Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, der Kommunismus oder der Marxismus-Leninismus seien überhaupt und allgemein verfassungswidrig, wie das allgemein angenommen wird, in Wahrheit nicht gibt“, wurden Versatzstücke des KPD-Urteils in zahlreiche Berufsverbotsverfahren eingeführt. Aus diesem Anlass machen wir auf einer Sonderseite 22 Rechtsgutachten von 1975/76 wieder zugänglich, die damals über das Verfassungsverständnis einer Berufsverbotsbetroffenen eingeholt und abgegeben wurden. Kein Geringerer als Jürgen Habermas zog damals folgendes Fazit: „In einem Rechtsstaat sind alle Gesetze von Übel, deren Anwendung den geistigen Zuschnitt von Richtern, wie sie nun einmal ausgebildet sind, überfordert.“

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): »Mit der AfD kann es keinerlei Austausch geben«

Nicht alltäglich: die ehemalige Bundesjustizministerin gibt der Tageszeitung „junge Welt“ am 21.05.2016 (pdf) ein Interview „über den Aufstieg der Rechten, Verfassungsschutz und NSU sowie Berufsverbotsopfer der 1970er Jahre“. Zu letzteren:  „Wäre es nicht endlich an der Zeit, dieses unselige bundesdeutsche Kapitel aufzuarbeiten und die Betroffenen zu rehabilitieren und zu entschädigen?“ „...Diese Vorgänge sind damals ja nach Bestehen einer Gesetzeslage erfolgt. Teilweise hat es in Prozessen Korrekturen gegeben. Das ist nur in einigen Fällen passiert. Ich glaube, es geht den Betroffenen jedoch nicht um eine Entschädigung. Sie wollen vielmehr nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt sein. Da, wo keine Gründe vorliegen, muss man ihnen das Gefühl geben, dass sie zur Gesellschaft gehören. Es gab aber auch Menschen, die nicht in den Staatsdienst gehörten.“ „Die Betroffene dürften das anders sehen ...“ „Das sehe ich ein. Man kann aber kein Pauschalurteil für alle Betroffenen fällen, sondern muss schon differenzieren. Auf einige kann man zugehen, auf andere auch eben nicht.“

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Diskriminierung durch den Staat ist verboten – was ist mit den Betroffenen des „Radikalenerlasses“?

Betroffene des „Radikalenerlasses“ aus Nordrhein-Westfalen wenden sich mit einem Appell an den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte am 11.05.2016 – 71 Jahre nach Kriegsende – ein Gutachten des Staatsrechtlers Prof. Dr. Martin Burgi von der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt: Eine Rehabilitierung der Männer, die in der Bundesrepublik nach dem schwulenfeindlichen § 175 StGB verurteilt wurden, wäre mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber hat aufgrund seiner Schutzpflicht sogar den verfassungsmäßigen Auftrag, diese Menschen zu rehabilitieren. „Die mehr als 50.000 Opfer sind durch Verfolgung und Verurteilung im Kernbestand ihrer Menschenwürde verletzt worden. Sie müssen es ertragen, dass die Urteile gegen sie dennoch nie aufgehoben wurden. Diese Ungerechtigkeit darf der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen,“ erklärte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle.

 

„Die Bundesrepublik hatte den Paragrafen 175 von den Nazis übernommen“, schreibt nun Uwe Koopmann dem Justizminister. „In einer ähnlichen Rechts-Kontinuität bewegte sich der am 28. Januar 1972 von Willy Brandt und den Ministerpräsidenten aufgelegte Radikalenerlass, der Kommunisten  wie schon bei den Nazis  aus dem öffentlichen Dienst auf allen Ebene (Bund/Reich, Bundesländer/Provinzen und Kommunen) rigoros entfernte. Den unmittelbarer Anschluss an die Nazi-Praxis hatte zuvor, am 19. September 1950,  Kanzler Konrad Adenauer (CDU) mit seinem Adenauer-Erlass geliefert ...“

 

Das Engagement der Antidiskriminierungsstelle für die verfolgten Homosexuellen sei ein guter Anlass, um „daran zu erinnern, dass die Berufsverbote im Bund bei Post, Bahn oder Zoll nicht aufgehoben wurden. Dies gilt auch für die Ebene der Bundesländer etwa in Schulen und Universitäten. Und es trifft schließlich auch für Kommunen zu, die Kommunisten aus dem Dienst entfernten oder die Bewerber erst gar nicht zuließen.“ Der Minister – Jahrgang 1966 und gebürtiger Saarländer (dort gab es keine Landes-Version des „Radikalenerlasses“) – wird speziell daran erinnert, „dass die Berufsverbote-Opfer inzwischen in einem Zeitfenster angekommen sind, das zum Handeln verpflichtet, wenn die Betroffenen noch erreicht werden sollen. Viele haben das Rentenalter erreicht. Die ersten Kolleginnen und Kollegen sind schon gestorben.“

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ver.di und IG Metall gegen Berufsverbote

Sowohl ver.di als auch die IG Metall haben 2015 auf ihren Gewerkschaftstagen eindeutig Position gegen die Relikte des „Radikalenerlasses“ und für die Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen bezogen. Wir dokumentieren ihre Beschlüsse auf eigenen Sonderseiten. Im IG-Metall-Beschluss wird der Vorstand ausdrücklich „aufgefordert, entsprechende Initiativen des DGB in den Bundesländern und Bundesbehörden zu unterstützen.“ Eine deutliche Ansage an die Politik war beispielsweise ein Brief der IG Metall Baden-Württemberg (Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter, und Mirko Geiger, 1. Bevollmächtigter der IGM Heidelberg) vom 18.01.2016 an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Seitdem wird dort immer wieder nachgehakt. Auch von ver.di übrigens bei jeder passenden Gelegenheit.

 

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Peer Steinbrück: "Eigenleben in den Akten des Verfassungsschutzes"

Erinnerungen eines prominenten Politikers im Radio. Peer Steinbrück bekam zeitweise eine Anstellung nicht, weil er ein „Sicherheitsrisiko“ sei. Aus den Akten entnahmen seine Anwälte, dass man „schon damals, jenseits der Computerisierung, in den Akten des Verfassungsschutzes ein Eigenleben führen konnte“.
Radio SWR1, Leute night, Erstsendung: 15.04.2015, 28:47 min (spannend ab 14:07).

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GEW stellt Mitgliederrechte Ausgeschlossener rückwirkend her

Nachdem ein entsprechender Schritt in Bremen schon 2012 erfolgt war, schreibt die baden-württembergische GEW-Zeitung b&w in ihrer Ausgabe 07-2014:

 

„Der Hauptvorstand der GEW hatte im Jahr 2012 anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Berufsverbote eine Resolution verabschiedet. Dort bedauert die GEW die so genannten Unvereinbarkeitsbeschlüsse und bittet die davon Betroffenen um Entschuldigung. Die GEW Baden-Württemberg bietet allen damals aus der GEW ausgeschlossenen Kolleginnen und Kollegen an, ihr Eintrittsdatum in die GEW auf den ersten Eintritt in die Gewerkschaft zu korrigieren. Wir bitten deshalb alle betroffenen GEW-Mitglieder, ihren ersten GEW-Eintritt (Monat und Jahr) an mitgliederverwaltung@gew-bw.de mitzuteilen.“

 

Und wer damals gar nicht erst in die Gewerkschaft aufgenommen wurde (aber vielleicht noch irgendwas darüber findet), kann es natürlich auch versuchen ...

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Buch zum "Staatsschutz in Westdeutschland"

 

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    Dominik Rigoll
    Staatsschutz in Westdeutschland

    Von der Entnazifizierung zur Extremistenabwehr

    Wallstein Verlag
    Reihe: Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts
    (Hg. von Norbert  Frei); Bd. 13

    € 39,90 (D) | € 41,10 (A) | SFr 50,50

    524 S., geb., Schutzumschlag, 14,0 x 22,2
    ISBN: 978-3-8353-1076-6 (2013)

    (Zur Buchbeschreibung/Bestellseite auf wallstein-verlag.de)

 

 

Die Berufsverbote sind nicht das einzige Thema dieses im Sommer 2013 erschienenen Buches, aber sie nehmen dort breiten Raum ein und es kann in einigen Bereichen durchaus den Rang eines "aktuellen Standardwerks"  beanspruchen.

 

Mehr dazu auf einer eigenen Sonderseite.

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Bundesinnenministerium: Berufsverbote gab es nie!

Erstaunlich schnell reagierte das Bundesinnenministerium auf eine Petition, , die Betroffene des sogenannten Radikalenerlasses am 14.06.2012 – 40 Jahre nach dessen Verabschiedung - beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht hatten und in der sie ihre Rehabilitierung und die Einsicht in ihre Verfassungsschutzakten verlangen.

 

Das Innenministerium weist in seiner Antwort, die sich natürlich nur auf Bundesbedienstete bezieht, diese Forderungen brüsk zurück: Die „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“ stelle „kein Berufsverbot dar“, sondern sei „eine Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes“. Auch eine Bespitzelung kritischer politischer Opposition durch den Verfassungsschutz habe es in der Bundesrepublik nie gegeben.

 
Dazu ein Interview von Radio Dreyeckland (Freiburg) mit Michael Csaszkóczy (mp3) (pdf)
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Baden-Württemberg - künftig "bremische" oder "bayerische" Verhältnisse?

Wie entwickelt sich die Lage in Baden-Württemberg unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann, einstmals als Lehrer selbst vom Berufsverbot betroffen? Unter „Grün-Rot“ 2011-2016 kam nur heiße Luft, zeitweise in Form eines „Runden Tischs“. Unter „Grün-Schwarz“ ab 2016 wurde nach zweieinhalb Jahren ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, ohne die Betroffenen darüber zu informieren ...

SONDERSEITE zu Baden-Württemberg ab 2012

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2012 : 40 Jahre Berufsverbot – AUFRUF

Betroffene fordern: endlich Aufarbeitung und Rehabilitierung!