www.berufsverbote.de


Initiativgruppe „40 Jahre Radikalenerlass“

Klaus Lipps, Baden-Baden
Michael Csaszkóczy, Heidelberg

18.9.2012

Presseerklärung

Reaktion auf Petition von Berufsverbotsbetroffenen: Bundes-Innenministerium erklärt, Berufsverbote habe es in der BRD nie gegeben.

Erstaunlich schnell hat das Bundesinnenministerium auf eine Petition reagiert, die Betroffene des sog. Radikalenerlasses am 14.06.2012 – 40 Jahre nach dessen Verabschiedung - beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht hatten und in der sie ihre Rehabilitierung und die Einsicht in ihre Verfassungsschutzakten verlangen.

Das Innenministerium weist in seiner Antwort, die sich natürlich nur auf Bundesbedienstete bezieht, diese Forderungen brüsk zurück: Die „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“ stelle „kein Berufsverbot dar“, sondern sei „eine Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes“. Auch eine Bespitzelung kritischer politischer Opposition durch den Verfassungsschutz habe es in der Bundesrepublik nie gegeben.

Der Radikalenerlass hatte international große Empörung hervorgerufen. Die deutsche Berufsverbotspraxis wurde 1995 im Fall Dorothea Vogts vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Schon 1987 hatte die Internationale Arbeitsorganisation ILO der UNO die Berufsverbote als Verstoß gegen die Konvention 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf verurteilt.

Insgesamt sind etwa 3,5 Millionen Bewerber für den öffentlichen Dienst in den vergangenen 40 Jahren vom Verfassungsschutz durchleuchtet worden. Es kam zu insgesamt rund 11000 offiziellen Berufsverbotsverfahren, 2200 Disziplinarverfahren, 1250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen. Die Betroffenen wurden bis heute nicht rehabilitiert, geschweige denn für das ihnen zuteil gewordene Unrecht entschädigt.

Wir sind empört über die Ignoranz und Geschichtsblindheit, die in der Antwort des Innenministeriums zum Tragen kommt. Wir werden weiterhin alles in unseren Kräften Stehende für die Aufarbeitung der Berufsverbote und die Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen tun.

Die Antwort des Innenministeriums bestärkt uns in der Sorge, dass auch auf Bundesebene eine Neuauflage der unsäglichen Berufsverbotspraxis in modifizierter Form jederzeit möglich ist.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Die vollständige Antwort des Innenministeriums findet sich im Internet unter http://www.berufsverbote.de/docs/MDI.html.

Für die Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass,

Klaus Lipps und Michael Csaszkóczy



Wortlaut der Stellungnahme des Innenministeriums: (pdf-Datei)

Antwort der Antragsteller: (pdf-Datei)

Bericht in der Tageszeitung "Neues Deutschland", Berlin, 16.10.2012:
(Link zum Artikel auf neues-deutschland.de) (pdf-File)

Zuvor hatte die Fraktion DIE LINKE am 06.09.2012 eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag zur "Rehabilitation von Berufsverbotsbetroffenen" eingebracht:
(LINK), Wortlaut der Anfrage: (pdf auf bundestag.de) (pdf lokal)
auf die die Bundesregierung am 12.09.2012 antwortete:
(pdf lokal)


Die LINKE-Fraktion reagierte damit auch auf die Aktion von Berufsverbote-Betroffenen zum 40. Jahrestag des "Radikalenerlasses" anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin am 14.06.2012, die wir auf dieser Website ausführlich dokumentieren: (Sonderseite zu Berlin).


Ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 18.01.2012 "Nach 40 Jahren - Berufsverbote aufheben und Opfer rehabilitieren" war am 9.2.2012 im Bundestag abgelehnt worden.
Der Antrag: (pdf auf bundestag.de) (pdf lokal)
Debatte in der Bundestagssitzung am 9.2.2012:

Die parallel dazu am 25.01.2012 eingereichte Kleine Anfrage
(pdf auf bundestag.de) (pdf lokal)
war am 10.02.2012 beantwortet worden:
(pdf auf bundestag.de) (pdf lokal)


Und bereits am 9.8.2007 war im Deutschen Bundestag eine Anfrage zur "gegenwärtigen und heutigen Haltung der Bundesregierung zur Berufsverbotepraxis" beantwortet worden:
(pdf auf bundestag.de) (pdf lokal).



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