Wissenschaftliches Buch zur Begrifflichkeit „Extremismus“

Dominik Feldmann: Demokratie trotz(t) Antiextremismus? Zur Bedeutung von Extremismusprävention für (Ent-) Demokratisierung und politische Bildung. Frankfurt(Main): Wochenschau-Verlag, 2023. ISBN: 978-3-7344-1551-7

Verlagsankündigung: „Extremismusprävention basiert auf der Gegenüberstellung von Demokratie und Extremismus. Dabei gerät oft aus dem Blick, dass jedoch gerade das Verhältnis von Demokratie und Antiextremismus durch Widersprüche gekennzeichnet ist und kritisch geprüft werden muss. Ein Sicherheitskonzept, das eine Beschränkung des politischen Streits zum Schutz der Demokratie vornimmt, läuft schließlich Gefahr, Demokratie selbst zu beschränken.“

Das Inhaltsverzeichnis lässt erkennen, mit welcher Gründlichkeit und Differenziertheit der in Köln mit dieser Arbeit promovierte Autor das Konzept „Extremismus“ auseinander nimmt, an dem nicht nur die politische Bildung ausgerichtet ist, sondern mit dem auch der Inlandsgeheimdienst („Verfassungsschutz“) sein Treiben zu legitimieren versucht. Natürlich wird dem „Radikalenerlass“ und seinen Folgen gebührend Raum gegeben. Der Preis des 367seitigen Buches sollte mit dem Thema Befasste nicht abhalten, es zu erwerben und gründlich zu studieren.

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München 15.05.2023: Güteverhandlung beim Arbeitsgericht – TUM zurück in die 1970er Jahre?

Die ver.di-Betriebszeitung an der TU München Tu Ma was 1/2023 berichtet – nach einer Beschreibung von Antidiskriminierungs-Regelungen und einer Schilderung der Berufsverbotspolitik in den letzten 50 Jahren - auf Seite 13 bis 15 über eine haarsträubende neue Einstellungsverweigerung, die nun (mit prominenter anwaltlicher Unterstützung) vor dem Arbeitsgericht landen wird, mit Begründungen wie: „…bedient sich klassischer Begriffe wie Faschismus, Rassismus, Kapitalismus, Polizeigewalt/-willkür …“. So was gibt es in Bayern nicht, gell? (Der Gütetermin vor dem Arbeitsgericht wurde zwischenzeitlich verschoben!)

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Potsdam 25.04.2023: Vernissage, Vortrag und Diskussion im Landtag zum „Verfassungstreuecheck“

„Verfassungstreuecheck im Land Brandenburg – Droht ein neuer Radikalenerlass?“ war das Thema einer Veranstaltung am 25.04.2023 in Potsdam. Nach der Ausstellungseröffnung „Geschichte und Auswirkungen des Radikalenerlasses von 1972“ diskutierten: Dr. Rolf Gössner (Rechtsanwalt, Bürgerrechtsaktivist, Mitherausgeber der Zeitschrift Ossietzky und des Grundrechte-Reports); Matthias Schlenzka, (DGB); Anita Kirsten, Gewerkschaft der Polizei Brandenburg; Marlen Block, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Vorsitzende des Innenausschusses des Landtags).

Ankündigung der Rosa-Luxemburg-Stiftung - Einladungsflyer - Bericht in Neues Deutschland 27.04.2023 Zitat: „Alle Fälle, »die aufgeploppt sind«, wären durch einen Verfassungstreue-Check, wie ihn Innenminister Michael Stübgen (CDU) plant, nicht aufgefallen. Doch „Matthias Schlenzka vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) … gab in der Anhörung des Landtags eine Stellungnahme des DGB ab und äußerte sich dort nach eigener Darstellung zurückhaltend. …»Heute haben wir eine andere Situation.«“ (Zum Vergleich: die recht präzise DGB-Stellungnahme zur Anhörung vom 30.11.2022.) Und: „Anita Kirsten, Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei … glaubt: »Wir haben einen guten Verfassungsschutz.«“

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07.04.2023: 90. Jahrestag des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“

Zum Jahrestag dieses Nazi-Gesetzes hat der Bundesarbeitsausschuss der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der  demokratischen Grundrechte eine Pressemitteilung veröffentlich: „Berufsverbotsbetroffene warnen vor dem Fortleben einer unseligen Tradition und neuen Gefahren für die Demokratie“.

Ein Beitrag zum Thema von Michael Csaszkóczy in antifa (VVN-BdA) März/April 2023 - Bericht in der UZ vom 31.03.2023

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Dresden 28.03.2023: Auch Sachsen will „Regelanfragen“ gesetzlich einführen

Während das entsprechende Vorhaben des CDU-Innenministers von Brandenburg derzeit zu stocken scheint, kommt nun eine gleichartige Initiative aus Sachsen. „Ziel sei es, Verfassungsfeinde schon vor Eintritt in den Dienst auszuschließen“ – wie immer mit Deutungshoheit des „Verfassungsschutzes“, wer das sei. Der CDU-Innenminister lässt keinen Zweifel, dass er Linke und den gesamten öffentlichen Dienst meint, auch wenn heute nur vom Polizeidienst, Justizvollzugsanstalten und „Rechtsextremisten“ die Rede ist. dpa-Bericht 28.03.2023 in der Süddeutschen Zeitung

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Heidelberg 23.03.2023: Beschluss zu Berufsverboten im Gemeinderat

Im Heidelberger Gemeinderat wurde am 23.03.2023 mit deutlicher Mehrheit beschlossen, an Landesregierung und Landtag zu appellieren, den Forderungen der Berufsverbote-Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung nachzukommen (Bericht in der jungen Welt 25.03.2023 - Rhein-Neckar-Zeitung 30.03.2023 - Kommunalinfo Mannheim 29.03.2023). Der Antrag war schon am 14.02.2023 im Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit befürwortet worden (Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung 17.02.2023, Informationsvorlage für die städtischen Gremien über das Heidelberger Forschungsprojekt) - Situationsschilderung im Kommunalinfo Mannheim 27.02.2023

Bei einer Veranstaltung in der Volkshochschule Heidelberg am 02.02.2023 waren der Antrag, das Schicksal einiger Betroffener und die 2022 erschienene Studie der Uni Heidelberg vorgestellt worden. Veranstalter: Bunte Linke im Gemeinderat, DIE LINKE, IG Metall und DGB Heidelberg. Bericht darüber in der Rhein-Neckar-Zeitung 04.02.2023 - Hintergrundinfos - Referatstext - Einladungsflyer

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Springe 20.03.2023: „Berufsverbote in Niedersachsen damals und heute“

Wegen zu weniger Anmeldungen wurde die Tagung leider abgesagt!

Mit einer von der Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen angekündigten Kooperationsveranstaltung an der Heimvolkshochschule Springe am 20.03.2023 sollte – nach Abschluss der Tätigkeit der damals eingesetzten „Beauftragten zur Aufarbeitung der Schicksale der von niedersächsischen Berufsverboten“ – das vom Niedersächsischen Landtag am 15.12.2016 formulierte Ziel „politische und gesellschaftliche Aufarbeitung, […] öffentliche Darstellung der Ergebnisse und […] weitere Verwendung im Rahmen der politischen Bildung in Niedersachsen“ umgesetzt werden.

Die Vorgeschichte in diesem Bundesland und die dortigen „Fälle“ behandeln wir auf eigenen Sonderseiten.

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19.02.2023: Wolfgang Beutin verstorben

Unser Mitbetroffener eines Berufsverbots und Mitstreiter, der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Wolfgang Beutin ist am 19. Februar 2023 im Alter von 88 Jahren verstorben.

Im Nachruf seiner Angehörigen (vollständiger Wortlaut) heißt es:

Geboren in Bremen am 2. April 1934 war er tief geprägt von den Kriegserfahrungen, die er immer wieder in seinen autobiographisch gefärbten Romanen … verarbeitete. … In seiner Studienzeit war er neben seinem Professor Ulrich Pretzel, dem Bruder von Sebastian Haffner, vom expressionistischen Schriftsteller und Aktivisten Kurt Hiller beeinflusst. Gemeinsam zogen sie gegen alte Nazis, Reaktionäre und den Anti-Homosexuellen-Paragraphen 175 zu Felde. Mit dem Holocaust-Überlebenden Primo Levi pflegte er einen Briefverkehr, mit Theodor W. Adorno setzte er sich gegen antisemitische Tendenzen in Bezug auf den Komponisten Gustav Mahler zur Wehr.

Beutins Wirken ist das eines engagierten Intellektuellen: Wissenschaftler, Schriftsteller, Unterstützer der sozial-liberalen Koalition von 1969 und der Studierendenbewegung der 1968er. Aktivist gegen die Praxis der Berufsverbote …. Die Hamburger Universität verweigerte ihm die Professur und erteilte ihm zeitweilig Lehrverbot. Begründung: Verwendung marxistischer und psychoanalytischer Methoden. Die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung darum wurde zwanzig Jahre lang von der GEW unterstützt. … An der Universität seiner Geburtsstadt erlangte er in späteren Jahren die Habilitation und Privatdozentur. … „Du hast, als Lehrer, das Lesen beigebracht, die richtige Lektüre der Worte und der Taten; die Welt selbst ist durch Deine Arbeiten lesbarer geworden.“

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Karlsruhe 16.02.2023: Bundesverfassungsgericht urteilt: „hessenDATA“ ist verfassungswidrig

Mit Urteil 1 BvR 2634/20 hat das Bundesverfassungsgericht am 16.02.2023 entschieden, dass die automatisierte Zusammenführung von Datenbeständen durch Polizei und „Verfassungsschutz“, wie sie beispielsweise in Hessen erfolgt, verfassungswidrig ist (Pressemitteilung des Gerichts) Geklagt hatten unter anderem – vermittelt durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte – zwei Berufsverbots-Betroffene aus Hessen, Silvia Gingold und Norbert Birkwald, die Jahrzehnte später immer noch im Visier des „Verfassungsschutzes“ sind und bespitzelt werden, berichtet die VVN-BdA Hessen auf ihrer Website.

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Berlin 15.02.2023: Bundeskabinett will „Beschleunigung“ von Disziplinarverfahren

Wie die Tagesschau am 15.02.2023, n-tiv, das Portal news4teachers, die DKP-Wochenzeitung unsere zeit am 24.02.2023 und andere Medien berichteten, hat das Bundeskabinett einem Gesetzentwurf zur sogenannten „Beschleunigung“ von Disziplinarverfahren zugestimmt. Er sieht vor, „dass Beamte, die verdächtigt werden, Extremisten zu ein, den öffentlichen Dienst ohne Gerichsverfahren verlassen müssen“ (Deutscher Beamtenbund laut FAZ vom 10.01.2023). Klar ablehnend ist auch die Stellungnahme des DGB.

 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am 11.12.2022 (als der Referentenentwurf ihres Hauses bereits vorlag) in der ARD-Talkshow Anne Will erklärt:

Faeser: „Gegen Verfassungsfeinde muss man entsprechend hart vorgehen und versuchen, die möglichst schnell aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen.“

„Wir wollen eine Veränderung des Disziplinarrechts vornehmen, damit es schneller geht, und wir nicht hinnehmen müssen, dass Rechtsextremisten nach wie vor im öffentlichen Dienst sind.“

Will: „Sie haben angesprochen, das Disziplinarrecht wollen Sie verändern und halten es für eine gute Idee, haben Sie gesagt und haben auch hinzugefügt, Sie wollen die Beweislast umkehren. Wie stellen Sie es sich vor?“

Faeser: „Nein, ich will nicht die Beweislast umkehren, ich habe das etwas umgangssprachlich im Fernsehen berichtet. Es geht darum, dass wir das Disziplinarrecht so neu aufstellen, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedarf, um Bedienstete aus dem öffentlichen Dienst zu bekommen; sondern dass das mittels eines Verwaltungsakts geschehen soll. Das geht dann schneller. Das ist etwas einfacher nachzuweisen. Und es ist handhabbarer. So ein Verwaltungsgerichtsverfahren vorzubereiten ist auch innerhalb der Verwaltung nicht ganz banal, und dort müssen wir einfach schneller werden. Es ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar. Deswegen habe ich das ja auch bereits in meinen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus mit aufgenommen, dass wir dort verschärfen müssen. Es ist einfach wichtig, dass der Staat in diesem Sinne auch handlungsfähig ist.“

Will: „Also ich versteh jetzt: Statt dass ein Verwaltungsgericht entscheiden würde, entscheidet die Behörde selbst, ob sie jemanden aus ihren Reihen aus dem Dienst entfernt - zunächst. Derjenige hat dann die Chance dagegen zu klagen und zu sagen: Sorry, totaler Fehler, ich bin hier unschuldig. Das meine ich, ich hab' Sie so auch verstanden mit der Umkehr der Beweislast, die liegt jetzt bei demjenigen. Ist das richtig verstanden? Ist das eine gute Idee, wie Sie selber bewertet haben?“ „Herr Flade [WDR-Journalist], was sagen Sie?“

Flade: „Keine gute Idee. Die Begrifflichkeit ist auf jeden Fall keine gute Idee.“

Faeser: „Sie ist auch nicht richtig.“

Flade: „Ich habe mir mal den Gesetzentwurf angeguckt, da steht das auch nicht drin, sondern explizit, dass man ‚den Beweis erbringen’ muss. Das wäre auch verfassungsrechtlich sehr, sehr schwierig.“

Faeser: „Genau.“

Flade: „Damit sollte man vorsichtig sein. Der Begriff kommt aus der Mafia-Bekämpfung.“

 

Der „Vorwärts“ vom 12.12.2022 erklärt, worum es genau gehen soll. „In Baden-Württemberg wird schon seit 2008 so verfahren.“ Ach ...

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Potsdam 15.02.2023: Szenische Lesung und Diskussion „Berufsverbote 2.0 in Brandenburg?“

Am 15.02.2023 fand im Buchladen Sputnik im Zentrum Potsdams eine szenische Lesung und Diskussion zum geplanten „Verfassungstreuecheckgesetz“ statt, das bereits in 1. Lesung im Landtag von Brandenburg behandelt wurde (Einladungsflyer). Es sprach der ehemalige brandenburgische Justizminister Helmuth Markov. Eine Woche später kam im Neuen Deutschland vom 22.02.2023 sein Amtsvorgänger Volkmar Schöneburg erneut zu dem Thema zu Wort (wobei der Autor sich in einem Punkt leider irrt: der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann hat sich bisher - wie hier nachzulesen - für nichts „entschuldigt“, sondern nur angebliche „Auswüchse“ „bedauert“).

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Stuttgart 08.02.2023: Baden-württembergische Betroffene treffen Ministerpräsident Winfried Kretschmann ohne greifbares Ergebnis

Strahlende Wintersonne, doch keine Erleuchtung des Gesprächspartners in der Villa Reitzenstein

 

„Tief enttäuschte Betroffene und ein etwas zerknirschter Ministerpräsident“, titelte der dpa-Bericht vom 08. bzw. 09.02.2023 (Frankfurter Allgemeine Zeitung - Badische Zeitung - Mannheimer Morgen - Stuttgarter Zeitung - Stuttgarter Nachrichten) nach einem Treffen im Stuttgarter Staatsministerium. Pressemitteilung der baden-württembergischen Initiative (abgedruckt auf SEEMOZ mit einem Foto, bei dem man ins Grübeln kommen kann) - Berichterstattung im SWR3 Videotext am 08. und 09.02.2023 - Interview mit Christina Lipps mit Radio Dreyeckland 09.02.2023 - Bericht und Interviews im Deutschlandfunk 09.02.2023 - Bericht im SWR Fernsehen 08.02.2023 (zu Wort kommen Andreas Salomon und Prof. Dr. Edgar Wolfrum; in der vollständigen Sendung - der Bericht über das Gespräch beginnt 21’32“ - schloss sich eine Reportage über Kretschmanns Auftritt am Tag zuvor bei der Narrenschelle-Verleihung an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder unmittelbar an.) - Interview mit Martin Hornung in der Rhein-Neckar-Zeitung 11.02.2023 (im letzten Abschnitt muss es „geballt“ heißen)SWR-Radio-Kommentar von Filiz Kükrekol 08.02.2023 - Schwäbisches Tagblatt 09.02.2023 (über Tübinger Betroffene) - Stellungnahme der SPD-Landtagsfraktion 09.02.2023 - junge Welt 10.02.2023 - Kontext Wochenzeitung 620, 15.02.2023 (mit Bilderstrecke) - Kommunalinfo Mannheim 27.02.2023

 

Vorausgegangen war am 19.01.2022 ein auf der Homepage des Staatsministeriums („Part of THE LÄND“) veröffentlichter „Offener Brief“ des Ministerpräsidenten (pdf auf amtlichem Briefpapier), von dessen Positionen und sicher mit den Hausjuristen abgestimmten Formulierungen dieser im Gespräch explizit kein Jota abweichen wollte. „Kretschmann entschuldigt sich bei Opfern des Radikalenerlasses“, hatte ursprünglich die Überschrift des dazu erstellten Rundfunkbeitrags in SWR aktuell vom 19.01.2023 gelautet (mp3-Datei der Radio-Nachricht). Im gleichen Sinn hatte der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz ins Netz gestellt: „Die Entschuldigung und die ausgestreckte Hand zu den zu Unrecht Betroffenen ist eine wichtige Geste der Versöhnung.“ Später – nach Stellungnahmen von Betroffenen und Gewerkschaften - wurde die Überschrift in den meisten Medien geändert. Denn genau das – eine Entschuldigung und natürlich auch jede Andeutung einer „Rehabilitierung und Entschädigung“ – war sorgfältig vermieden worden, und es kam vor allem bei den Betroffenen völlig anders an. Dementsprechend gab es heftige Kritik: Pressemitteilung des DGB - PM der Initiativgruppe gegen Radikalenerlass und Berufsverbote Baden-Württemberg (zitiert in der jungen Welt 21.01.2023) - SWR-Podcast mit Werner Siebler (Tondatei - mp3 lokal) - Sigrid Altherr-König im SWR-Fernsehen und im Radio - Christina Lipps im Interview mit Radio Dreyeckland 24.01.2023 - Michael Csaszkóczy im Interview mit Radio Dreyeckland 26.01.2023 - Leserbrief von Andreas Salomon an das Oberbayerische Volksblatt (Rosenheim) 06.02.2023 Stellungnahme der SPD-Landtagsfraktion. dpa hatte unzutreffenderweise auch verbreitet - zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung 20.01.2023 oder dem Oberbayerischen Volksblatt 22.01.2023 und ähnlich der SPIEGEL: „Kretschmann entschuldigt sich für Radikalenerlass“. Die Stuttgarter Zeitung vom 19.01.2023 (pdf) stellte die „deutlichen Worte“ bei Kretschmanns „spätem Bedauern“ in den Vordergrund und berichtete am 20.01.2023 über die Kritik; dazu ein Kommentar von Andreas Müller mit Überlegungen, wie Kretschmann „nachbessern“ könnte - Stichwort „Entschädigungsfonds“. In ähnliche Richtung geht die Berichterstattung im Badischen Tagblatt (Baden-Baden) am 19.01.2023 und 20.01.2023. Weitere Berichte: Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe) 19.01.2023  und 20.01.2023, Südwest Presse (Ulm) 19.01.2023 und  20.01.2023, Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) 20.01.2023, Südkurier (Konstanz) 20.01.2023 - Esslinger Zeitung 20.01.2023 - Mannheimer Morgen 20.01.2023 mit Kommentar „Kretschmann ist befangen“ von Walter Serif - Kommentar von Arnold Schölzel in der jungen Welt 20.01.2023 - Telepolis (Heise) 20.01.2023 - Labournet 20.01.2023 mit Online-Dokumentation (auch vielen Links) zu den Berufsverboten - Kontext Wochenzeitung 617, 25.01.2023 - Interview mit Christina und Klaus Lipps in der jungen Welt 26.01.2023 - seemoz 27.01.2023 (Portal für die Bodenseeregion) - Über die teilweise ziemlich „unterirdische“ Diskussion, die im Ständigen Ausschuss des Landtags über das Heidelberger Forschungsprojekt und das daraus hervor gegangene Buch geführt wurde, informiert die Berichts-Drucksache 17/3532 auf den Seiten 7 bis 10. - Was der Ministerpräsident mit seinen Hinweisen auf einen„Rechtsweg“ meinte, den die Betroffenen eines „belastenden Verwaltungsakts“ beschreiten könnten, stellt ein Schreiben des Staatsministeriums vom 08.04.2023 klar: sie können sich ja rechtsanwaltlich beraten lassen ...

Eine aktuelle Zustandsbeschreibung der baden-württembergischen GRÜNE/CDU-Regierungskoalition findet sich in der Kontext Wochenzeitung 626, 29.03.2023

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Hannover 27.01.2023: Öffentliche Übergabe von Petitionen an den Niedersächsischen Landtag

Die Niedersächsische Initiative gegen Berufsverbote übergab am 27.01.2023 17 Petitionen von Berufsverbotsbetroffenen (Auszüge) an die Vorsitzende des Petitionsausschusses Claudia Schüßler (SPD). Anwesend waren auch: die stellvertretende niedersächsische Ministerpräsidentin, Kultusministerin Julia Willie Hamburg (GRÜNE), die Vorsitzende des Innenausschusses Doris Schröder-Köpf (SPD), die Vizepräsidentin des Landtages Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), weitere Abgeordneten der Regierungskoalition, die Leiterin der Landesrechtsschutzstelle des ver.di-Landesbezirks Niedersachsen-Bremen, Martina Dierßen, und der Sekretär für Beamt:innenpolitik der GEW Niedersachsen, Dr. Björn Brennecke, Pressemitteilung - Ankündgung - Bericht in der taz-nord 26.01.2023 (Scan) - scharf-links 23.01.2023 - Website der GEW Niedersachsen - Lindenspiegel 02-2023 - Bericht und Leserbrief in der GEW-Zeitung E&W Niedersachsen April/Mai 2023

Die Texte der 17 Petitionen und weitere Fallschilderungen aus Niedersachsen stellen wir auf einer eigenen Sonderseite vor.

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Köln 29./30.12.2022: Lesung „Die Vergessenen“

Das Nö-Theater (im Gebäude der Theaterakademie Köln) veranstaltete am 29. und 30.12.2022 im Rahmen eines Gastspiels beim Studio Trafique in Köln die von Geremia Carrara und Janosch Roloff konzipierte Lesung „Die Vergessenen“.

Bebilderter Kurzbericht von Klaus Stein (Langtext als pdf mit Darstellung der Berufsverbotspolitik)

Ankündigungstext: „Am 28.01.1972 wurde der sogenannte Radikalenerlass von der Konferenz der Ministerpräsidenten unter Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt verabschiedet. Im Kontext der 68er Bewegung sollte dieser „Extremistenbeschluss“ eine „kommunistische Unterwanderung“ im öffentlichen Dienst verhindern. Die politische Gesinnung von über eine Million Angehörenden oder Bewerber:innen des öffentlichen Dienstes wurde mit geheimdienstlichen Mitteln überprüft. Es kam zu zahlreichen Entlassungen und Berufsverboten. Schon die Teilnahme an einer Demonstration oder das Anfertigen eines Flugblatts konnte ausreichen, um als Verfassungsfeind deklariert zu werden. Die Betroffenen sahen sich plötzlich mit existenziellen Problemen konfrontiert. Das Gesetz und seine Praxis führte nicht nur zu absurden und willkürlichen Urteilen, sondern war in seiner Konzeption zutiefst demokratiefeindlich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte 1995 in einem Einzelfall einen klaren Verstoß gegen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit fest. Im Jahr 2022 findet der 50. Jahrestag der Berufsverbotepraxis statt. Der Radikalenerlass ist in einigen Bundesländern tatsächlich noch in Kraft, auch wenn die Anwendung mittlerweile eher eine Ausnahme ist. Jedoch hat eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Aufarbeitung nicht stattgefunden. Die Betroffenen fordern weiterhin ihre vollständige Rehabilitierung und finanzielle Entschädigung. Die Lesung ‚Die Vergessenen’ nähert sich der Thematik im Spagat zwischen persönlichen Geschichten und gesellschaftlichen Strukturen und Mechanismen.“

Kommentare von Betroffenen, die dabei waren: „Eine wunderbare Collage aus Lesung aus Erinnerungen, Theaterszenen und Filmausschnitten - beeindruckend die Schüler-Demo gegen das Berufsverbot von A. oder ein Ausschnitt aus einer alten Panorama-Sendung, in der Zugreisende gefragt wurden, was sie davon hielten, dass ein Kommunist die Lok fährt) Und natürlich fehlte auch nicht Nancy Faeser, die ihr "Demokratiegesetz“ anpreist und die Umkehrung der Beweislast fordert. Ich bin immer noch hin und weg von dem wunderbaren Abend. Außer uns alten Leuten war die Vorstellung überwiegend von jungen Menschen besucht - das Theater fasst etwa 100 Besucher und war voll.“ - „Meinen Dank und große Anerkennung für die gründliche Aufarbeitung des Themas und die gelungene großartige Darstellung. Ein unvergesslicher Abend mit  eindrucksvollen Darstellern. Es war ja gar nicht nur eine ‚Lesung’, die szenische  Darbietung war  toll.  Nur zwei Aufführungen? Das wäre schade und unter Wert ‚verkauft’ Für weitere Aufführungen würde ich im Bekanntenkreis Reklame machen und kann mir vorstellen, mit mehreren Menschen aus meinem Umfeld nach Köln zu kommen. Das Nö-Theater ist ein Tournee-Theater. Falls also jemand von euch Kontakte zu einem  Theater hat - wir können nur empfehlen, sie einzuladen.“

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14.12.2022: Perversion des „Whistleblower“-Schutzes: Denunziation angeblicher „Verfassungsfeinde“

Hinweisgeberschutzgesetz passiert Rechtsausschuss: „Wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet, soll künftig unter den Hinweisgeberschutz fallen und somit vor Repressalien geschützt sein. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Das sieht eine auf Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom Rechtsausschuss am Mittwochmittag mehrheitlich angenommene Änderung am Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutz (20/3442) vor. Danach sollen die Schutzmechanismen des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes auch für Meldungen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern gelten, die sich auf ‚Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen’, beziehen. In der Begründung beziehen sich die Koalitionsfraktionen explizit auf die Diskussion um den Umgang mit sogenannten ‚Reichsbürgern’ im öffentlichen Dienst.“ weiter

 

Die „Reichsbürger“ scheinen die Universal-Geheimwaffe zu sein, um nunmehr auf alles, was als „verfassungsfeindlich“ denunziert wird und denunziert werden soll, tatsächlich die anonymen Denunzianten loszulassen. So wird nicht nur dem „Verfassungsschutz“ die „Regelanfrage“ und der AfD die Arbeit ihrer anonymen „Meldeportale“ gegen ihnen unliebsame Lehrer/innen abgenommen, sondern auch der dringend nötige Schutz von Whistleblowern pervertiert.

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06.12.2022: „Unterbindungsgewahrsam“ für „Pattex-Terroristen“ (Klima-Aktivisten)

„Die Journalist*innen, die ihre Texte mit Vokabeln wie »Terror« und »radikal« spicken, sollten mal »Radikalenerlass« googlen“, schreibt Sheila Mysorekar in Neues Deutschland vom 06.12.2022

 

Achtung Satire! „Entwarnung! Reichsbürger planten nur bewaffneten Umsturz, hatten aber nicht vor, sich irgendwo festzukleben“

 

Karikatur: Sepp Buchegger, Schwäbisches Tagblatt Tübingen, 17.12.2022

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Potsdam 30.11.2022: „Regelanfrage“ soll Gesetz werden - Landtagsanhörung in Brandenburg

Am 30.11.2022 fand eine Anhörung des Innenausschusses des Landtags von Brandenburg zum Entwurf des „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern“ (Fassung vom 30.08.2022) statt. (EinladungListe der anzuhörenden Personen) - Livestream)

 

Stellungnahme des DGB Berlin-Brandenburg - Appell an die Regierungspartei Bündnis 90/ DIE GRÜNEN, die Zustimmung zu verweigern: Interview mit dem ehemaligen Justizminister von Brandenburg Volkmar Schöneburg (DIE LINKE) im Tagesspiegel (Berlin) und den Potsdamer Neuesten Nachrichten, 30.11.2022 - Bericht bei rbb 24Bericht von Tagesspiegel / PNN – ein offenbar vom „Verfassungsschutz“ inspirierter Kommentar von Tagesspiegel / PNN 30.11.2022 – Bericht in unsere zeit 09.12.2022 und - sehr verkürzt - vorher in der jungen Welt 02.12.2022 (Text)

Leserbrief in der jungen Welt vom 03.11.2022  - Interview in der jungen Welt vom 08.09.2022 (Der letzte Absatz enthält gegenüber der gedruckten Fassung eine Korrektur.) - Pressemitteilung vom 01.09.2022 des Bundesarbeitsausschusses der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte - junge Welt 01.09.2022 (pdf): „Potsdam bereitet Berufsverbote vor“ - Am 30. August 2022 stellte die brandenburgische Landesregierung ihren vom Kabinett abgesegneten letzten Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern“ (Landtagsdrucksache 7/6164) der Presse vor - Pressemitteilung vom 29.08.2022. Wie es gemeint sein soll, schildert beispielsweise die Online-Ausgabe der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 30.08.2022 (pdf). Wie solche beispielhaft genannten Vorhaltungen wie „Teilnahme an Demonstrationen und Veranstaltungen“ OHNE den angeblich ausgeschlossenen Einsatz „nachrichtendienstlicher Mittel“ erhoben werden sollen, wird das Geheimnis der Erfinder solcher Beschwichtigungs-Formulierungen bleiben. Dass ein solcher Arbeitsauftrag für den Inlandgeheimdienst (mit Übertragung der Deutungshoheit) gegenüber Linken „wirkungslos“ bleiben soll, widerspricht allen Erfahrungen der letzten 50 Jahre. - Fernsehbericht (RBB aktuell 15.09.2022, 19:30) über die 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag. Flugblattverteilung von früheren Betroffenen vor dem Landtag - Zeitungsbericht in der jungen Welt vom 19.09.2022 - Rede der GRÜNEN-Abgeordneten Marie Schäffer

 

Unbeirrt vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – also umgesetztem EU-Recht – und der internationalen Verurteilung der Berufsverbote 1987 werden vor allem in Brandenburg Planungen vorangetrieben, um Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach bekanntem Muster wieder einer geheimdienstlichen „Regelanfrage“ zu unterziehen und dann auf der Grundlage reiner Prognosen – also ohne dass ein Fehlverhalten vorliegt – beruflich zu diskriminieren. Bemäntelt wurde das zunächst damit, dass man offensichtliche Neonazis, Holocaust-Leugner, Hassprediger usw. (was Straftatbestände sind) im Rahmen korrekt verlaufender Einstellungs- und Disziplinarverfahren vor allem aus dem Polizeidienst nicht fernhalten und loswerden könne und darum auf die Ergebnisse flächendeckender Bespitzelung durch den Inlandgeheimdienst angewiesen sei. Im Kleingedruckten war dann immer nur von „Extremisten“ (oder „Verfassungsfeinden“) die Rede. Was das sein soll, definiert natürlich der „Verfassungsschutz“ – hier am Beispiel Bayern. Neu hinzugekommen ist inzwischen der Kampfbegriff „Verfassungsskeptiker“, womit Regierungskritiker jeder Art gemeint sein können. Es wird ein Instrument angestrebt, diesen Personenkreis aus dem gesamten öffentlichen Dienst rauszuhalten. Die Anhörung am 30.11.2022 hat insofern die Dinge geklärt und alle Bemäntelungen des eigentlichen Anliegens beseitigt.

 

Gesetzentwurf Stand Mai 2022 - dazu: junge Welt 04.05.2022 - DGB-Stellungnahme - Kommentar von Matthias Schlenzka, Abteilungsleiter der Abteilung öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, in der Zeitschrift Personalrat 06/2022. Den damals bekannten aktuellen Stand der Planungen zur gesetzlichen Einführung des sogenannten „Verfassungstreue-Checks“ dokumentierte die junge Welt am 02.07.2022 („Deckmantel für Berufsverbote“) - Entschließung der DGB-Veranstaltung „Berufsverbote gestern, heute und morgen“ in Stuttgart am 06.07.2022 - Ralf Hohmann: Die Wiederkehr der Berufsverbote. unsere zeit 15.07.2022 - Martin Hornung: Woidkes »Lösung« für neue Regelanfrage. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident hofft auf Unterstützung der Gewerkschaften. junge Welt 19.07.2022 - Ein Beitrag von Igor Göldner in der Märkischen Allgemeinen vom 29.07.2022 erwähnt „Zweifel“ der an der Regierung beteiligten GRÜNEN an den CDU-Plänen, jedoch mit keinem Wort (mehr), dass diese sich angeblich gegen Rechts richten sollen. Auf der Zunge zergehen lassen darf man sich den zweiten Teil des Interviews mit der brandenburgischen Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) in den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 04.08.2022. Es geht unverblümt um die direkte Fortsetzung des „Radikalenerlasses von 1975 beziehungsweise dessen Landes-Umsetzungen, was nun juristisch wasserdicht in Gesetzesform gegossen werden soll. Gegen wen es geht, ist nicht nur historisch völlig klar (und gut erforscht) - natürlich gegen Linke und Antifaschist/inn/en - , sondern wird auch aktuell klargestellt: Von der Regelanfrage nach „Informationen des Verfassungsschutzes, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnen wurden“ sollten Richter und Staatsanwälte zunächst ausdrücklich ausgenommen sein. „In der Brandenburger Justiz hatten wir bisher nicht einen Fall, wo ein Richter oder Staatsanwalt wegen rechtsextremer oder verfassungsfeindlicher Gesinnung aufgefallen ist.“ Wozu also das Ganze?

 

Recherche der Redaktion berufsverbote.de: Der aktuelle Stand der Einbeziehung des „Verfassungsschutzes“ in Bewerbungsverfahren

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Stuttgart 26.10.2022: Kundgebung „Berufsverbot-Betroffene endlich rehabilitieren und entschädigen!“

In Sichtweite der Staatsoper und des Landtags von Baden-Württemberg: Kai Burmeister (DGB) - Foto: DGB

 

Am 26. Oktober 2022 fand in Stuttgart eine Kundgebung von 60 Personen statt unter dem Motto: „Berufsverbot-Betroffene verlangen Wiedergutmachung. Die Landesregierung kann sich nicht länger drücken!“. Redebeiträge wurden gehalten von Kai Burmeister (DGB-Landesvorsitzender Baden-Württemberg) und den Betroffenen Sigrid Altherr-König (Esslingen) und Martin Hornung (Heidelberg); ferner wurde ein Grußwort der Roten Hilfe verlesen. Tonaufzeichnung der Wort- und Musikbeiträge bei den Freien Radios – Flugblatt mit dem Aufruf - Pressemitteilung - „Land wertet immer noch aus Kontext Wochenzeitung 604, 26.10.2022 (Abdruck auf dem Portal seemoz.de mit einem ergänzenden Kommentare von Thomas Willauer und anderen) - Beitrag auf der Facebook-Seite des DGB - Bericht über die Kundgebung und ihr Anliegen im Deutschlandfunk, 27.10.2022 - Berichte in der jungen Welt 28.10.2022 und in der Rhein-Neckar-Zeitung 28.10.2022 - Bericht in Aktiver Ruhestand 01-2023 der GEW Baden-Württemberg - Über die SPD-Kritik an der „Verschleppungstaktik“ des Ministerpräsidenten berichten der Mannheimer Morgen vom 24.11.2022 (Text) und das Portal wirtschaft.com - Bericht über die Ereignisse und Aktivitäten im Kommunalinfo Mannheim vom 23.11.2022 - Bericht in der baden-württembergischen GEW-Zeitschrift b&w 12-2022 - Oliver Stenzel: „Warten auf Godot“: Kontext Wochenzeitung 28.12.2022, dazu auch ein Kommentar von Thomas Rothschild - Betroffene bitten Kretschmann um ein Gespräch: Brief vom 05.01.2023. Über den weiteren Gang der Ereignisse berichten wir hier.

 

Hintergrund war die am 17.01.2022 erstmals in ARD ausgestrahlte Dokumentation, in der Ministerpräsident Kretschmann sich auf das Heidelberger Forschungsprojekt bezogen hatte, dessen Ergebnisse dann am 25.05.2022 in Buchform erschienen. Bei der DGB-Veranstaltung in Stuttgart am 06.07.2022: „Berufsverbote gestern, heute und morgen“ war angemahnt worden, dass nun endlich Taten der Politik folgen müssen. Ein Antrag der SPD-Landtagsfraktion vom 27.01.2022 wurde in seiner letzten ergänzten Fassung am 29.09.2022 im Ständigen Ausschuss des Landtags mit den Stimmen der der Vertreter der GRÜNE/CDU-Regierungsfraktionen abgelehnt, und damit auch die Forderung, „1. sich bei den Betroffenen, denen in Verbindung mit dem sogenannten Radikalenerlass individuelles Unrecht widerfahren ist, in geeigneter Form zu entschuldigen; 2. das erlittene Unrecht jeweils finanziell angemessen zu kompensieren.“ - Ankündigung der Lesung aus dem Buch am 12.11.2022 im Waldheim Clara Zetkin in Stuttgart unter dem Motto „Und ist es Irrsinn auch, so hat(te) es doch Methode“ im Rahmen der Reihe 30 Tage im November. Vom Wert der MenschenRechte der AnStifter (Lesetext auf Anfrage)

Angereiste Betroffene in der Stuttgarter Königstraße auf dem Weg zum Schlossgarten (Foto: Dandl)

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Frankfurt 17.10.2022: Podiumsdiskussion „50 Jahre Radikalenbeschluss“

Der Club Voltaire Frankfurt und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen luden am 17. Oktober 2022 ein zu einer Veranstaltung „50 Jahre Radikalenbeschluss - Als der Staat rot sah“ mit den betroffenen Zeitzeuginnen Anne Kahn, Doris Fisch und der Hamburger Historikerin Alexandra Jaeger (Verfasserin mehrerer Bücher zum Thema, die auch auf dieser Website vorgestellt werden), die  mit dem früheren Redakteur der Frankfurter Rundschau Claus-Jürgen Göpfert diskutierten (siehe Foto unten).

Ankündigung in der Frankfurter Rundschau (Online-Ausgabe) 07.10.2022 mit Vorstellung der Beteiligten - Interview mit Alexandra Jaeger in der FR vom 17.10.2022 [wobei das Foto die Aktion auf dem GEW-Gewerkschaftstag 2017 in Freiburg zeigt, bei der der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann mit der Forderung nach Rehabilitierung der Betroffenen konfrontiert wurde] - Bericht in der jungen Welt 25.10.2022

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Hannover 12.10.2022: 50 Jahre „Radikalenerlass“ – die Jagd ist nicht vorbei

Audiomitschnitt der Veranstaltung mit Martina Dierßen (Rechtsanwältin, Leiterin der Rechtsabteilung und Justitiarin beim ver.di-Landesbezirk Niedersachsen/Bremen) und Sebastian Friedrich (Sozialwissenschaftler, Journalist, Fernseh- und Rundfunkautor)

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05.09.2022: Prof. Dr. Martin Kutscha verstorben

Prof. Dr. iur Martin Kutscha, der viele Berufsverbots-Betroffene juristisch mit Rat und Tat unterstützt hat, ist in der Nacht vom 04. auf 05. September 2022 an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben. Nachruf von Ewald Leppin

 

Als Mitglied des Bundesvorstands der Humanistischen Union hatte Martin Kutscha auf verschiedenen Veranstaltungen – so in Berlin am 10.04.2019 und in Stuttgart am 18.05.2019 – zu den Nachwirkungen des „Radikalenerlasses“ und zur 70jährigen Geschichte des Grundgesetzes referiert. Sein letzter öffentlicher Auftritt für unsere Sache war am 20.05.2022 im Schöneberger Rathaus von Berlin. Er war 1990-2013 Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin und wirkte am Institut für Weltanschauungsrecht in Oberwesel. Für berufsverbote.de stellte er uns den Beitrag „Neuauflage der Berufsverbotepraxis“ zur Verfügung: Mitte Februar 2019 berichteten die Medien, dass Bundesinnenminister Seehofer von seinem Hause prüfen lasse, ob die Mitgliedschaft von Beamten in „extremistischen“ Parteien mit deren Pflichten vereinbar ist. Auch wenn Seehofer beteuerte, diese Prüfung gelte „für Rechts- wie für Linksradikale“, dürfte dabei weniger der Schutz unserer Verfassungsordnung im Vordergrund gestanden haben als die Suche nach Möglichkeiten, den Einfluss der politischen Konkurrenzpartei AfD einzudämmen … weiterlesen …

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Ausstellung „Vergessene Geschichte“ wieder im Einsatz

--> Zur Sonderseite mit aktuellen Ausstellungsterminen und Beschreibung der Ausstellung

 

Die in Niedersachsen entwickelte Ausstellung "Vergessene“ Geschichte - Berufsverbote, Politische Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland kann (nach längerer Corona-Zwangspause) wieder für Ausstellungen bestellt werden. Als Begleitmaterial gibt es eine Ausstellungsbroschüre, die separat im Buchhandel und über broschuere(AT)berufsverbote.de für € 3,- erhältlich ist, ISBN: 978-3-930726-25-7, sowie das Plakat mit der Titeltafel.

Letzte Termine: 07.-22.10.2022 im Club Manufaktur Schorndorf (Baden-Württemberg), Veranstalter DGB Rems-Murr, mit Veranstaltungen am 07., 12. und 20.10.2022 (Ausführliche Dokumentation auf beobachternews.de mit Beschreibung der Ausstellung und Videos - Flyer mit dem Veranstaltungsprogramm - Ankündigung im Programm des Club Manufaktur, im Wochenblatt (6.10.2022), in den Schorndorfer Nachrichten und bei beobachternews.de am 06.10.2022 und 20.10.2022 - Gesprächsrunde mit drei Betroffenen auf beobachternews.de und youtube - Interview mit zwei Betroffenen in den Schorndorfer Nachrichten) – und bis 31.10.2022 am ursprünglichen Ausstellungsort ver.di-Höfe Hannover, Goseriede 10 (Pressemitteilung - Veranstaltungsankündigung für den 12.10.2022 - GEW-Zeitschrift E&W(Niedersachsen) Okt-Nov 2022 zur Geschichte der Aufarbeitung)

Auf der Seite mit der Übersicht der bisherigen örtlichen Ausstellungen und Begleitveranstaltungen wird deutlich, welche Resonanz sie findet und welche Diskussionen damit bereits angestoßen wurden.

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Berlin 27.08.2022: Berufsverbote auf dem uz-Pressefest