Freiheit und Demokratie können nur durch ihre Ausweitung und ihren massenhaften Gebrauch, nicht durch deren Einschränkung und Aushöhlung verteidigt werden. Die Einschränkung der Grund- und Menschenrechte schädigt und schwächt die demokratische Kultur. Dagegen muß und kann man sich gemeinsam wehren. Das sind sind Lehren aus 30 Jahren Berufsverbotepolitik, die am 23. 11. 71 in Hamburg ihren Ausgang nahmen und am 28. 1. 72 durch den gemeinsamen Beschluß der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler offizielle Politik in der (alten) Bundesrepublik wurden. Das sind aber auch die Lehren der Geschichte, an die gerade jetzt erinnert werden soll, wo im Namen des „Kampfes gegen den Terrorismus“, des „100jährigen Krieges der Guten gegen die Bösen“ (Bush) oder der „uneingeschränkten Solidarität mit den USA“ (Schröder) eine neue Welle des Abbaus demokratischer Rechte in der BRD begonnen hat. Die Geschichte ist voller Beispiele, daß Herrschaftssicherung durch Verfolgung Andersdenkender, durch Repressionen, Berufsverbote oder Staatsterror letztendlich nicht die Ausbreitung von Ideen und Meinungen hat verhindern können: Hier sei nur auf das Sozialistengesetz im 19. Jahrhundert, auf McCarthy in den USA im 20. Jahrhundert hingewiesen.Um so schlimmer, wenn mit rattenhafter Wütigkeit an längst gescheiterten Strategien festgehalten wird, wie an der Berufsverbotepolitik in der BRD gegen Linke. Auch wenn die veröffentlichte Meinung das Thema längst verdrängt und für erledigt erklärt hat: Noch immer, jetzt 30 Jahre lang, sind Mitbürger gezungen, um ihre Grund- und Menschenrechte zu kämpfen, bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg! Mit Hilfe der Regelanfrage beim Verfassungsschutz, die jetzt wieder ausgedehnt wird, wurden 3, 5 Mill. Bewerber oder Angehörige des öffentlichen Dienstes auf ihre politische Zuverlässigkeit hin durchleuchtet. Die Folge: Auf Grund von 35 ooo Dossiers gab es 11 000 offizielle Berufsverboteverfahren, 2200 Disziplinarverfahren, 1250 endgültige Ablehungen von Bewerbern und 265 Entlassungen. Dem steht erst eine einzige volle Rehabilitierung entgegen!! Etliche Verfahren laufen immer noch, einige seit nunmehr 18 Jahren. Ein öffentliches, politisches Eingeständnis, daß der sogenannte „Radikalenerlaß“ ein schwerer politischer Fehler war, ist trotz selbstkritischer Bemerkungen einzelner Sozialdemokraten (z. B. sprach Willy Brandt von einem „Irrtum“) bisher unterblieben. Tausenden wurde die berufliche Perspektive genommen, etliche in schwerwiegende Existenzprobleme gestürzt, ganze Schulen und Hochschulen in Aufruhr versetzt und Hunderttausende junge Menschen verunsichert. Eine politische, moralische und materielle Rahabilitierung der sogenannten „Verfassungsfeinde“ fand nicht statt, eine politische Auseinandersetzung damitsteht noch heute aus. Das wiegt um so schwerer, als erneut – diesmal unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung – wesentliche demokratische Rechte eingeschränkt und die Befugnisse der diskreditierten Geheimdienste ausgeweitet werden. Die Aufarbeitung der Geschichte ist notwendig, um die Fortzeugung von Unrecht und Gewalt, auch struktureller Gewalt, zu unterbrechen. Die USA haben sich mit dem McCarthyismus auseinandergesetzt, Schweden, Norwegen, Österreich und die Schweiz haben ihre Abhör- und Bespitzelungsskandale aus der Zeit des „kalten Krieges“ aufgearbeitet. In der BRD wird der „kalte Krieg“ fortgesetzt. Eine Aufarbeitung hat es nicht gegeben. Daran ändert auch nichts, daß in den 80ger Jahren die Berufsverbotepraxis gemildert wurde: Zwar ist (bis auf Bayern) die Regelanfrage abgeschafft worden, aber die verdachts- und fallbezogene Berufsverbotepolitik – in der Welt einzigartig - ist als Instrument beibehalten worden. Sie kann von politisch anders gefärbten Regierungen (man denke nur an Schill) jederzeit wieder massenhaft benutzt werden. Erinnert sei an die Übertragung der Berufsverbotepolitik auf die neuen Bundesländer nach 1989. Dort wurden u. a. Berufsverbote mit der bloßen Zugehörigkeit zur SED, z. T. auch mit einer Funktion in einer DDR- Gewerkschaft, begründet. Manche Staatssicherheitspraktiken wurden so unter anderen Vorzeichen fortgesetzt. Um an all das zu erinnern, führen wir diese Konferenz in Hamburg durch, wo die Berufsverbotepolitik ihren Anfang nahm. Wir laden herzlich zur Konferenz ein. Wir wollen uns dabei auch mit den jüngsten Repressionen gegen LehrerInnen wegen mißliebiger Äußerungen zu den Terroranschlägen vom 11. 9. 01 – bis hin zur Suspendierung, Abmahnung und Zwangsumsetzung - befassen. Also sind Meinungsäußerungs- und Lehrfreiheit akut bedroht.
Programm und Ablauf: Sonnabend, 9, 2., 1o Uhr, Curio-Haus, Raum ABC Begrüßung und Eröffnung: Ilona Wilhelm (2. Vorsitzende der GEW Lvbd. Hamburg)
Plenum: Für Verteidigung der Meinungsäußerungs- und Organisationsfreiheit - gegen Berufsverbote und Repressionen im Beruf
13. 30 - 15 Uhr Mittagspause 15 - 18 Uhr: Arbeitsgruppen (Räume A, B, C, D)
19 Uhr: Rezitationen: Rolf Becker (Schauspieler), , zwangloses Gespräch Sonntag, 10. 2., Raum ABC, 10 Uhr
Solidarität und Rehabilitierung 13 Uhr: Schlußwort
Technische Hinweise:
Anmeldung (bitte zumailen oder ausdrucken und zufaxen oder -schicken)
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